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Religiöse Tradition

Gesund fasten im Ramadan

Datum 05.06.2014  13:04 Uhr

Von Anna Hohle / Am 28. Juni ist es wieder soweit. Für mehr als zwei Milliarden Muslime weltweit beginnt der Fastenmonat Ramadan. Gläubige dürfen dann laut religiöser Vorschrift zwischen Sonnenauf- und Sonnenuntergang weder Nahrung noch Getränke zu sich nehmen. Wer Arzneimittel einnimmt, muss einiges beachten.

Manch einer verzichtet aus gesundheitlichen Gründen eine Zeit lang auf feste Nahrung, dann ist oft von Heilfasten oder Entschlackung die Rede. Viele Christen fasten außerdem zwischen Aschermittwoch und Ostern. Allerdings verzichten sie dabei häufig nicht auf Nahrung und Getränke, sondern vor allem auf Fleisch, Alkohol oder andere Genussmittel.

Es gibt hierzulande aber auch eine große Gruppe Menschen, die das Ritual des Fastens jedes Jahr aufs Neue konsequent durchhält. Derzeit leben mehr als vier Millionen Muslime in Deutschland, und im Islam hat das Fasten eine lange Tradition. Der islamische Mondkalender sieht dafür einen eigenen Monat vor: den neunten Monat des islamischen Jahres, Ramadan.

30 Tage lang herrscht für Muslime in allen Ländern eine Art Ausnahmezustand. Das Fasten im Ramadan ist neben dem Bekenntnis, regelmäßigen Gebeten, dem Spenden an Bedürftige und der Pilgerfahrt nach Mekka eine der sogenannten fünf Säulen des Islam, und kein Gläubiger würde sich dieser Pflicht ohne Not entziehen. Der Koran, die heilige Schrift der Muslime, sieht strenge Regeln für den Fastenmonat vor: Zwischen Sonnenauf- und Sonnenuntergang dürfen Fastende keine Speisen oder Getränke zu sich nehmen. Auch auf andere angenehme Dinge des Lebens wie Rauchen und Sexualität sollten sie tagsüber verzichten. Nach Ablauf des Ramadan feiern die Muslime das Ende der Fastenzeit mit einem großen dreitägigen Fest.

Besinnung und Reinigung

Laut Überlieferung soll dem Propheten Mohammed im Monat Ramadan der Text des Koran eingegeben worden sein. Das Fasten in dieser Zeit ist für Muslime deshalb eine Geste der Besinnung auf religiöse Werte und dient der Reinigung von schlechten Taten und Angewohnheiten. Der Verzicht auf Angenehmes soll den gewohnten Alltag durchbrechen und dabei helfen, sich ganz auf den Glauben zu konzentrieren. Auch rufen sich die Gläubigen während des Ramadan die Leiden der Armen und Bedürftigen in Erinnerung. Wer fastet, spürt am eigenen Leib, was es heißt, Hunger und Durst zu haben.

Da das islamische Mondjahr elf Tage kürzer ist als das Sonnenjahr unseres gregorianischen Kalenders, beginnt der Ramadan jedes Jahr elf Tage früher als im Vorjahr und durchläuft so allmählich alle Jahreszeiten. Momentan fällt der Beginn zumindest auf der Nordhalbkugel regelmäßig in den Sommer, dieses Jahr auf den 28. Juni. Das Fasten wird durch diese Tatsache nicht gerade leichter, schließlich sind im Sommer die Tage länger. Die Fastenden müssen so besonders lange auf Essen und Trinken verzichten, was gerade bei glühender Hitze zu einer echten Glaubensprobe werden kann.

In warmen Ländern mit islamischer Tradition machen viele Gläubige deswegen aus der Not eine Tugend und verlagern während des Ramadan große Teile des gesellschaftlichen Lebens in die Abendstunden. Geschäfte und Restaurants sind dann plötzlich bis spät in die Nacht geöffnet, und auf den Straßen herrscht bis in die frühen Morgenstunden reges Treiben. Tagsüber versuchen die Menschen, den fehlenden Schlaf wenigstens zum Teil nachzuholen.

In kühleren Breitengraden sei das Fasten im Sommer aber meist wenig problematisch, sagt Houaida Taraji, Ärztin und Beauftragte für Familie und Gesundheit beim Zentralrat der Muslime in Deutschland. Schließlich seien die Sommer hierzulande nicht so heiß wie etwa in den Mittelmeerländern. Zwar ist es Taraji zufolge auch hier mühselig und kräftezehrend, an einem warmen Tag 15 Stunden und länger nichts zu trinken. Allerdings könne ein gesunder Körper diese Strapaze durchaus verkraften, erklärt die Ärztin und fügt hinzu: »Fasten ist anstrengend, keine Frage, aber das soll es ja auch sein.« Taraji vergleicht den Ramadan gerne mit dem christlichen Jakobsweg. Auch das lange Wandern sei kräftezehrend, dennoch nähmen viele Menschen es auf sich, da die bestandene Prüfung stolz und glücklich mache.

Wussten Sie schon?

Nicht alle Muslime fasten während des Monats Ramadan. Für die Glaubensgemeinschaft der Aleviten (13 Prozent der Muslime in Deutschland) beginnt die Fastenzeit erst 20 Tage nach dem islamischen Opferfest, dieses Jahr also am 24. Oktober. Auch dauert sie insgesamt zwölf statt 30 Tage.

Doch wie beim langen Wandern gilt Taraji zufolge auch beim Fasten: Es ist nur für gesunde Menschen sinnvoll. Aus diesem Grund sind Kranke genau wie Kinder, Schwangere und stillende Frauen laut Koran ausdrücklich davon ausgenommen. »Im Islam gilt der Grundsatz: Füge dir selbst und anderen keinen Schaden zu«, erklärt Taraji. Führt das Fasten also dazu, dass ein Mensch krank wird oder andere Personen gefährdet, hat es nach islamischen Regeln keinen Sinn mehr.

Nicht alle dürfen fasten

Wer nur vorübergehend nicht am Ramadan teilnehmen kann, etwa wegen einer Schwangerschaft oder akuten Erkrankung, muss der islamischen Tradition zufolge jeden Fastentag nachholen, sobald er kann, zum Beispiel nach dem Ende der Stillzeit. Chronisch Kranke, die aus gesundheitlichen Gründen auch in Zukunft nicht fasten dürfen, können stattdessen einen Armen speisen. Diese Ausgleichshandlung wird Fidya genannt und kann heutzutage auch durch eine Spende an bestimmte wohltätige Organisationen geleistet werden.

Wer nun allerdings denkt, Muslime könnten sich dem vermeintlich lästigen Fasten auf diese Weise leicht entziehen, hat die Bedeutung des Ramadan nicht verstanden. Das Fasten wird von den Gläubigen nicht als ärgerliche Pflicht wahrgenommen, sondern als liebgewonnene Tradition, ähnlich der besinnlichen Weihnachtszeit im Christentum. Der strapaziöse Verzicht und das erlösende Fastenbrechen zelebrieren die Muslime als Gemeinschaftserlebnis. Oft kommen Familie und Freunde jeden Abend zusammen, um sich für die lange Entsagung mit besonderen Speisen zu belohnen und gemeinsam bis in die späte Nacht zu feiern.

Hier als Einziger außen vor zu sein, ist für einen kranken Muslim oder eine schwangere Muslima nicht leicht. Geteiltes Leid ist eben halbes Leid, und das Fasten in Gemeinschaft spornt an. Es Wochen später alleine nachzuholen, empfinden viele als einsam und sehr viel anstrengender. Gar nicht zu fasten, gibt gerade chronisch Kranken das Gefühl, nicht ernsthaft am Ramadan teilzunehmen und ein wichtiges Gemeinschaftserlebnis zu verpassen.

Sie erlebe häufig Patienten, die trotz Krankheit unbedingt im Ramadan fasten wollen, erzählt Taraji. Einen 75-jährigen Bekannten mit Diabetes und Hypertonie müsse sie jedes Jahr aufs Neue dazu überreden, auf das liebgewonnene Ritual zu verzichten, sagt die Ärztin. Doch gerade für Diabetiker kann der Nahrungsverzicht problematisch sein. Hinzu kommt: Auch viele Medikamente dürfen Muslime der islamischen Tradition zufolge während des Ramadan tagsüber nicht einnehmen, vor allem nicht schlucken. Schon eine einzige Kopfschmerztablette gilt als Fastenbrechen. Auch Zäpfchen und Nasen­tropfen sind nicht erlaubt.

Für Kranke kann das gefährlich werden. »Bei einigen Medikamenten kann man die Einnahme unproblematisch in die Abendstunden legen«, erklärt Taraji. Das gelte etwa für viele Antibiotika oder Schilddrüsenpräparate. Dosiersprays und Pulverinhalatoren für Asthmatiker fallen sowieso nicht unter das Fastengebot, auch Medikamente für die Anwendung am Auge sind erlaubt. Bei anderen Arzneimitteln, etwa Tabletten gegen Bluthochdruck oder Rheuma sowie bei Diabetespräparaten wird es im Ramadan schwierig. Sie müssen schließlich sehr regelmäßig eingenommen werden. »In solchen Fällen rate ich meinen Patienten, der eigenen Gesundheit zuliebe ihre Medikamente trotzdem tagsüber zu nehmen und notfalls auch auf das Fasten zu verzichten«, sagt die Ärztin.

Wer Zweifel hat, ob und wie er seine Medikamente während des Ramadan einnehmen darf, sollte Taraji zufolge seinen Arzt oder in der Apotheke nach Alternativen fragen. Dabei schade es nichts, wenn der Heilberufler sich selbst ein wenig mit dem islamischen Fastenritus auskenne. PTA und Apothekern rät die Ärztin, fastenden muslimischen Patienten mit Verständnis zu begegnen und sie wie andere Patienten auch einfühlsam und kompetent zu beraten. /

Weitere Informationen

Die Initiative Gesundheit und Arbeit der Gesetzlichen Kranken- und Unfallversicherung hat 2011 die Broschüre »Gesund arbeiten während des Ramadans« herausgegeben und auch auf ihrer Internetseite www.iga-info.de bereitgestellt. Arbeitgeber und Angestellte können sich darin über diese für ihre muslimischen Kollegen so wichtige Tradition informieren und erfahren, wie sie Fastende im eigenen Betrieb unterstützen können.

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