Worauf es bei der Hautpflege ankommt |
05.06.2014 13:04 Uhr |
Von Maria Pues / Hautschäden bei einer Strahlentherapie unterscheiden sich von denen bei einer Chemotherapie oder einem Sonnenbrand. Diese Besonderheiten müssen PTA und Apotheker bei der Beratung zur Hautpflege beachten.
Bei einer Strahlentherapie reagiert die Haut oft empfindlich, sie rötet sich, wird trocken und/oder schuppt. Patienten, die ohnehin eine empfindliche Haut haben, sind dann besonders beunruhigt und wenden sich häufig an ihre Apotheke. »PTA und Apotheker können diese Patienten beruhigen«, sagt Dr. Dorothea Riesenbeck, Strahlentherapeutin in Recklinghausen, im Gespräch mit PTA-Forum. »Eine empfindliche Haut, wie Patienten sie verstehen, ist bei einer Strahlentherapie nicht automatisch besonders empfänglich für Schädigungen durch Bestrahlung. Wer schnell einen Sonnenbrand bekommt, reagiert nicht empfindlicher auf eine Strahlentherapie als andere.« Denn das Geschehen folgt unterschiedlichen biologischen Abläufen. Dennoch gibt es bei der Pflege bestrahlter Haut einiges zu beachten.
Auch wenn Strahlennebenwirkungen an der Haut einem Sonnenbrand ähneln, haben sie mit diesem wenig gemein. Dass sie unterschiedliche Ursachen haben, hat auch Konsequenzen für die Hautpflege. »Die Ursache für Hautschäden im Rahmen einer Strahlentherapie in unteren Hautschichten liegt in einer Abnahme der Zellneubildung in diesen Hautschichten«, erläutert Riesenbeck. Zellen an der Hautoberfläche werden hingegen praktisch nicht beeinträchtigt. »Deshalb ist es wichtig, die vorhandene Haut bei der Pflege möglichst wenig zu reizen«, betont die Strahlentherapeutin. Abgestorbene Hautzellen werden aus kosmetischen Gründen zum Beispiel häufig durch ein Peeling entfernt, um ein jüngeres und strahlendes Hautbild zu erhalten. Bei der Strahlentherapie sollen sie aber nun möglichst lange auf der Haut bleiben, denn sie bedeuten Schutz für die darunter liegenden Schichten. Je mehr abgestorbene Hautzellen noch vorhanden sind, umso weniger Defekte entwickelt der Patient. Das heißt: Peelings sind genauso tabu wie jede andere Form von Reibung.
Grundsätzlich unterscheidet man in der Hautpflege bei Strahlentherapie Maßnahmen zur Prophylaxe und zur Therapie bei Veränderungen. In beiden Fällen ist es besonders wichtig, mechanische Belastungen der Haut zu vermeiden. Patienten dürfen – nicht zu lange – duschen, sollten ihre Haut danach aber sehr vorsichtig abtrocknen, am besten nur abtupfen oder mit einem Fön (Kaltstufe) trocknen.
Danach kann der Patient eine mit dem Strahlentherapeuten abgesprochene Hautpflege auftragen. Diese sollte die Haut möglichst wenig reizen, betont Riesenbeck. Mit je weniger Inhaltsstoffen eine Pflege auskommt, umso besser. Produkte mit Duft- und anderen potenziell allergisierenden Stoffen eignen sich für die Patienten nicht. Harnstoffhaltige Produkte sind aber erlaubt. Dünnflüssige Lotionen, die schnell einziehen und von denen manche außerdem einen angenehm kühlen Effekt haben, lassen sich leicht auftragen und haben sich gut bewährt. In der Prophylaxe-Phase empfinden Patienten es auch als angenehm, die betroffenen Hautstellen zu kühlen, zum Beispiel mit feuchten Tüchern oder Kühlkompressen.
Patienten aus verschiedenen Kliniken oder Praxen mit der derselben Diagnose und Strahlentherapie können dabei mit durchaus unterschiedlichen Hautpflege-Empfehlungen ihre Apotheke aufsuchen. Welche ist die beste? Hautpflege bei Strahlentherapie sei oft eine Frage der Erfahrung, berichtet Riesenbeck. Zwar gibt es eine ganze Reihe von Studien. Allerdings hat sich darin kein Produkt als überlegen erwiesen. »Gut ist eine Hautpflege dann, wenn der Patient sie als angenehm und lindernd empfindet«, sagt Riesenbeck. Ist er nicht zufrieden, empfiehlt sich der Wechsel auf ein alternatives Produkt, von denen es meist eine große Auswahl gibt. Dabei sollten PTA oder Apotheker stets die Rücksprache mit der behandelnden Abteilung empfehlen.
Vorsicht Pflaster
Tabu für bestrahlte Haut sind gängige Pflaster, denn wenn sie entfernt werden müssen, können Verletzungen entstehen. Hier sollten atraumatische Pflaster verwendet werden. In strahlentherapeutischen Praxen und auf Stationen kommen häufig nicht-klebende Verbände wie Polyurethanschaumverbände zum Einsatz. Auch Schlauchverbände eignen sich gut.
Besonders knifflig zu behandeln sind Körperstellen mit Hautfalten oder Schleimhautbereichen, wie etwa der Genitalbereich. Hier ist zudem die Gefahr von Schäden durch eine mechanische Belastung wie Reibung besonders groß. Bei Bestrahlungen im Beckenbereich helfen häufig kurze Sitzbäder von maximal zehn Minuten Dauer, denen Kamille oder Salbei zugesetzt wird. »Wichtig für den Unterkörper ist auch eine Pflege mit wenig Reibung und viel Luft«, sagt Riesenbeck. Kurzum: Keine Kleidung zu tragen hilft der Haut. Es vermindert Reibung, und Ansammlungen von Feuchtigkeit – vor allem in Hautfalten – können einfach trocknen.
Bei Bestrahlungen im Bereich des Mund- und Rachenraumes wird häufig die Mundschleimhaut in Mitleidenschaft gezogen. Sie benötigt eine andere Pflege und Behandlung als bei einer Chemotherapie. »Während man bei Patienten, die eine Chemotherapie erhalten, Chlorhexidin-Mundspüllösungen einsetzt«, erläutert Riesenbeck, »sind diese bei Patienten mit Strahlentherapie obsolet.« Bei ihnen haben sich Mundspülungen mit Salbeitee bewährt. Kamille eignet sich weniger, da diese die Schleimhäute stärker austrocknet. Patienten sollten außerdem auf eine gründliche Reinigung des Mundraumes achten. Das ist angesichts der angegriffenen Schleimhaut oft gar nicht so einfach und benötigt neben einer weichen Zahnbürste oft auch viel Geduld.
Treten im Verlauf einer Strahlentherapie nässende Hautveränderungen auf, sollten PTA und Apotheker den Patienten an den Strahlentherapeuten verweisen. Je nach Hautzustand, der auch Entzündungen oder Superinfektionen umfassen kann, sind unterschiedliche Therapiemaßnahmen mit meist verschreibungspflichtigen Arzneimitteln wie Corticosteroiden und/oder Antibiotika erforderlich. Grundsätzlich gilt auch hier: kein Pflaster!
Patienten, die eine Strahlentherapie benötigen, sind eine sehr heterogene Gruppe. Es sind alle Altersgruppen vertreten. Manche Patienten benötigen nur eine einmalige Bestrahlung, andere bekommen bis zu 43 Bestrahlungen an aufeinanderfolgenden Tagen mit nur wenigen Unterbrechungen. Bei manchen Patienten ist die Bestrahlung lokal begrenzt, bei anderen werden Körperregionen großflächig bestrahlt. Je nach Therapieziel müssen die Strahlen unterschiedlich tief in den Körper eindringen. Häufige Diagnosen, die einer Strahlentherapie zugrunde liegen, sind Mamma-, Prostata- oder Rektumkarzinom.
PTA und Apotheker sollten Patienten ermuntern, sich mit Fragen zu Hautproblemen an ihre medizinisch-technische Radiologie-Assistentin (MTRA) oder ihren Strahlentherapeuten zu wenden. Manche Patienten zögerten, dies zu tun, berichtet Riesenbeck. Andere fragten hingegen häufig nach und dies auch an verschiedenen Stellen – wie in der Apotheke. Für PTA und Apotheker ist daher wichtig zu wissen, dass eine Hautreaktion durch eine Strahlentherapie zwar wie ein Sonnenbrand aussehen kann, dennoch aber auf ganz anderen Abläufen in der Haut beruht. Wieder anderen Mechanismen liegen Hautreaktionen bei einer Chemo- oder Immun-Therapie zugrunde. Auch für sie gibt es spezifische Behandlungsmöglichkeiten. /