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Plausibilitätsprüfung

Metronidazol in Basiscreme

Bei der Herstellung von Individual­rezepturen kommt es immer wieder vor, dass eine scheinbar ­einfach zusammengesetzte Verordnung hinterfragt werden muss. So lässt sich beispielsweise Metronidazol nicht immer leicht ­verarbeiten, oder bei der Plausibilitätsprüfung der verschriebenen Creme ergeben sich unerwartete Aspekte.
AutorAndreas Melhorn
Datum 09.05.2016  10:57 Uhr

Eine PTA nimmt von einer Patientin mit rot fleckiger Gesichtshaut das abgebildete Rezept entgegen. Die Frau bittet darum, die Creme so herzustellen, dass sie lange haltbar ist. Sie berichtet, das letzte Mal wäre sie in einer anderen Apotheke gewesen und dort habe man ihr eine Creme mit nur vier Wochen Haltbarkeit gegeben. Als sie ihren Arzt darauf ansprach, meinte dieser, die verordnete Creme müsse länger haltbar sein. Im weiteren Gespräch erzählt die Frau, da sie unter Rosacea leidet, sei sie darauf angewiesen, die Creme über lange Zeit anwenden zu können.

Die PTA verspricht, sich um diesen Aspekt zu kümmern, und bittet die Patientin, erst am nächsten Tag wiederzukommen. Mit dieser Wartezeit erklärt sich die Frau gerne einverstanden.

Gleich zu Beginn der Plausibilitätsprüfung ist die PTA froh, dass sie sich ein wenig mehr Zeit als üblich erbeten hat. Schnell stellt sie nämlich fest, dass sie tiefer in das Thema »Metronidazol« einsteigen muss, um den Wunsch der Patientin erfüllen zu können.

Metronidazol

Metronidazol ist ein wichtiger Arzneistoff in der Behandlung der Rosacea. Individualrezepturen ermöglichen dem Hautarzt, höhere Konzentration als in den verfügbaren Fertigarzneimitteln zu verordnen. Die »obere Richtkonzen­tration« des kutan angewendeten Metronida­zols liegt bei 3 Prozent.

Metronidazol gehört zu den am häufigsten rezeptierten Wirkstoffen. Seine Löslichkeit in Wasser liegt genau im therapeutischen Konzentrations­bereich. Doch die physikalische und chemische Stabilität des Wirkstoffs erfor­dern besondere Sorgsamkeit bei der Einschätzung einer Verschreibung. In Rezepturarzneimitteln ist der Einsatz der Arzneisubstanz nur in gewissen Grenzen möglich.

Mikrobiologische Stabilität

Enthält die Zubereitung Wasser, muss zusätzlich konserviert werden. Metronidazol allein reicht für die Konservierung nicht aus. Hierzu können verschiedene Substanzen eingesetzt werden. Das DAC/NRF schlägt in unterschied­lichen Vorschriften den Zusatz von 0,1 Prozent Kalium­sorbat vor. Auch die meisten vorgefertigt erhältlichen Rezeptur­grundlagen sind entweder mit Kaliumsorbat oder mit Sorbinsäure konserviert. Basiscreme DAC ist durch den Zusatz von Propylenglycol nicht mikrobiologisch anfällig.

 

Chemische Stabilität

Um die Haltbarkeit beziehungsweise die Stabilität des Metronidazols in verschiedenen Zubereitungen zu prüfen, wurden diese erwärmt und anschließend ihr Gehalt bestimmt. Dabei stellte sich heraus: Sowohl der Gehalt an Metronidazol war zurückgegangen und auch der pH-Wert war erniedrigt. Der geringere pH-Wert entsteht wahrscheinlich durch Nitrit-Abspaltung. Ein weiteres Ergebnis: Auch längere Lagerung führte zur Gehaltsminderung. In Proben von mehreren Jahren gelagerten Metronidazol-Gels NRF 11.65, in denen der Wirkstoff gelöst vorliegt, wurden Nitrit-Ionen und Amin-Verbindungen nachgewiesen.

Die Tendenz zur Nitrit-Abspaltung steigt mit erhöhtem pH-Wert. Ein pH-Wert im Bereich 3 bis 6 ist für die Stabi­lität der Metronidazol-Zubereitung am besten. Ebenso sorgen Konzentrationen über 0,8 Prozent, in denen ein Teil des Arzneistoffs normalerweise suspendiert vorliegt, für größere chemische Stabilität.

Die Bildung von Nitriten ist unter gesundheitlichen Aspek­ten bedenklich, da Nitrite mit Aminen zu den krebserregenden Nitrosaminen reagieren können. Bei ihrer Recherche findet die PTA den Hinweis, dass dieses Phänomen aber erst bei langer Lagerung der vorliegenden Rezeptur bedacht werden muss. Warum die andere Apotheke die Haltbarkeit so kurz angesetzt hat, kann sie also noch nicht nachvollziehen.

Physikalische Stabilität

Grundsätzlich ist suspendiertes Metronidazol in Rezepturen chemisch stabiler als gelöstes. Allerdings können dann bei Lagerung durch Umkristallisation und teilweise starkes Kristallwachstum wesentlich zu große Kristalle entstehen. Auch deren »Peeling-Effekt« auf zum Beispiel durch Rosazea gereizter Haut ist unerwünscht. In leicht sauer reagierenden Cremes ist damit das Kristallwachstum der begrenzende Faktor für die Haltbarkeit, nicht die chemische Stabilität.

Je geringer der Anteil an suspendiertem Wirkstoff, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit unerwünschten Kristallwachstums. Das Risiko ist knapp oberhalb der Löslichkeitsschwelle am höchsten. Diesen Zusammenhang gilt es bei der Herstellung zu beachten.

Lagerung im Kühlschrank?

Und noch eine Besonderheit der Metronidazol-Cremes: Paradoxerweise verkürzt die Lagerung im Kühlschrank unter Umständen die Haltbarkeit. Denn bei bestimmter Zusammensetzung des Rezepturarzneimittels kann durch die kalte Lagerung Metronidazol ausfallen und unerwünschte Kristalle bilden. Generell hängt die Kühlschrank­lagerung von der verwendeten Grundlage ab, daher kann in anderen Fällen die kühle Lagerung notwendig sein. Die standardisierten Metronidazol-Cremes des NRF können bei Raumtemperatur aufbewahrt werden, weil bei ihnen das Kristallwachstum ausreichend lange im zulässigen Bereich liegt.

Bei jeder Herstellung mithilfe eines Rührsystems entsteht Wärme. Der Rezepturhinweis »Metronidazol zur Anwendung auf der Haut, auf Wunden und im Mund« auf der Webseite des DAC/NRF beschreibt, dass sich durch die Wärme mehr Metronidazol in der Creme löst und eine übersättigte Lösung entsteht. Besonders bei schneller Abkühlung kristallisiert das Metronidazol wieder aus, und das unerwünschte Kristallwachstum führt manchmal zu millimeterlangen Kristallen.

Aus diesem Grund sollte die Grundlage bei Verwendung eines Rührsystems eine halbe Stunde im Kühlschrank vorgekühlt werden. Außerdem sollte die Temperatur des Systems während der Herstellung mit einer Kühlmanschette niedrig gehalten werden. Anschließend darf die Creme nicht im Kühlschrank gelagert werden.

Meist ist es angeraten, ganz auf ein Rührsystem zu verzichten. Der Rezepturhinweis des NRF beschreibt, dass die Herstellung von Hydrophiler Metro­nidazol-Creme 1 % / 2 % (NRF 11.91.) in einem Rührsystem zu Pulvernestern führen kann. Stattdessen sollte der Wirkstoff mit ein wenig Grundlage in der Fantaschale gut angerieben und anschließend die gesamte Rezeptur »klassisch« mit der Hand gefertigt werden. Ob sich bei Verwendung anderer Grundlagen ebenfalls Pulvernester bilden, ist zwar nicht geklärt, dennoch rät der Rezepturhinweis generell dazu, metronidazolhaltige Cremes in der Fantaschale herzustellen.

Alternative zu Basiscreme

Metronidazol in Basiscreme gegen Rosazea einzusetzen, ist aus zwei Gründen nicht optimal: Zum einen ist Basiscreme recht fetthaltig. Daher wäre eine weniger fettreiche Creme für diese Indikation geeigneter. Zum anderen ist diese Rezeptur durch das Kristallwachstum des Metronidazols nur begrenzt haltbar. Bei ihrer weiteren Recherche findet die PTA im Rezepturenfinder eine Creme mit 2 % Metronidazol in Basiscreme. Als Haltbarkeit schlägt das DAC/NRF vier Wochen vor. Eine weiche und lipidarme standardisierte Alternative ist die NRF-Rezeptur 11.91.: Hydrophile Metronidazol-Creme 1 % / 2 % (siehe Kasten). In der 2-prozentigen Creme liegt der Wirkstoff größtenteils suspendiert vor, was die Stabilität erhöht. Dennoch beträgt bei beiden Konzentrationen wegen des unvermeidbaren Kristallwachstums die Aufbrauchfrist maximal sechs Mona­te. Lipidreichere Cremes können eine mögliche Austrocknung der Haut bei langfristiger Behandlung bei Bedarf ausgleichen. Hydrophile Metronidazol-Creme wird zweimal täglich angewendet.

Entscheidung

Im Gespräch mit der Apothekerin berichtet die PTA die Ergebnisse ihrer Recherche. Daraufhin beschließen beide, mit dem Arzt Rücksprache zu halten. Die sehr kurze Haltbarkeit der verordneten Rezeptur von nur vier Wochen ist bei einer Langzeitbehandlung ungünstig. Außerdem hat die PTA mit der NRF-Rezeptur 11.91. eine gute Alternative gefunden, die für die Haut der Kundin vielleicht sogar besser geeignet ist als die Basiscreme DAC.

Zum Glück reagiert der Arzt im Gespräch sehr aufgeschlossen. Er stimmt dem Vorschlag der Apotheke zu und erklärt sich gerne bereit, ein neues Rezept auszustellen. Anschließend bittet er die PTA, ihm ein paar zusätzliche Informationen über die NRF-Rezeptur 11.91. zukommen zu lassen. Dann könne er besser prüfen, ob er diese Creme in Zukunft öfter verschreibt. /

Hydrophile Metronidazol-Creme 1 % / 2 %

Metronidazol, mikrofein gepulvert 1,0 g / 2,0 g Nichtionisches wasserhaltiges Liniment DAC zu 100,0 g

Quelle: NRF-Rezeptur 11.91.

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