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Dialyse

High-Tech für die Blutreinigung

09.05.2017  11:50 Uhr

Von Annette Immel-Sehr / Die Niere ist ein lebenswichtiges ­Organ. Wenn sie nicht mehr funktioniert, kann die Dialyse – als künstliche Niere – das Leben der Patienten retten. Dennoch ist dieses Verfahren für die Betroffenen mit erheb- lichen Belastungen verbunden.

Mit Hilfe der Nieren scheidet der Organismus harnpflichtige Substanzen des Stoffwechsels sowie Fremdstoffe und deren Metabolite aus. Dabei bedeutet der Begriff »harnpflichtig«, dass diese Stoffe nur über den Harn und nicht etwa über die Gallenflüssigkeit eliminiert werden können. Damit dem Körper wichtige Substrate wie Glucose und Aminosäuren nicht verloren gehen, werden diese im Tubulussystem der Nieren rückresorbiert. Zudem kontrolliert die Niere den Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalt.

Diese wichtigen Aufgaben machen deutlich, warum ein Mensch stirbt, wenn seine Nieren versagen. Nur die »künstliche Niere« oder eine Organspende können das verhindern. An Ersatzorganen mangelt es jedoch, und im Akutfall stehen sie nicht zur Verfügung, das Verfahren zur maschinellen Blutreinigung glücklicherweise schon. Mittlerweile bieten in Deutschland Krankenhäuser, Arztpraxen und spezielle Einrichtungen die Dialyse flächendeckend an. Sind Angehörige entsprechend geschult, ist die Dialyse auch Zuhause möglich. Zudem besteht in vielen Urlaubsorten für Gäste die Möglichkeit zur Blutreinigung.

Das häufigste Verfahren

Die meisten Patienten benötigen die Dialyse zeitlebens – es sei denn, die Niere regeneriert sich oder der Patient erhält über eine Organspende eine neue Niere. Etwa 60 000 Menschen müssen in Deutschland regelmäßig an ein Dialysegerät angeschlossen werden. Das mit über 80 Prozent am häufigsten angewandte Verfahren ist die sogenannte Hämodialyse. Dabei verbindet der Arzt den Blutkreislauf des Patienten mit einem Hämodialysator, in dem das Blut an einer halbdurchlässigen Membran entlang gepumpt wird. Auf der anderen Seite der Membran fließt Spülflüssigkeit, das sogenannte Dialysat, in gegenläufiger Richtung.

Die Blutreinigung funktioniert nach dem Prinzip des Konzentrationsausgleichs zwischen zwei Flüssigkeiten: Auszuscheidende Stoffe treten über winzige Membranporen in die Spül­flüssigkeit über. Im Gegenzug gelangen Natrium, Glucose oder Bicarbonat aus dem Dialysat in das Blut. Natrium und Bicarbonat halten das Säure-Basen-Gleichgewicht, die Glucose den Blut­zuckerspiegel stabil. Andere Substanzen, wie Vitamine, werden durch die Dialyse ebenfalls aus dem Blut entfernt. Sie müssen dem Körper später künstlich wieder zugeführt werden. Um es ausreichend zu reinigen, durchläuft das Blut pro Dialysesitzung etwa 15-mal die künstliche Niere. Damit es währenddessen nicht gerinnt, kommt Heparin zum Einsatz.

Bei Menschen mit einer chronischen Nierenschwäche sind die Blutgefäße häufig sehr dünnwandig und platzen leicht. Damit der Arzt die Dialyse regelmäßig über ein gut zugängliches, stabiles Blutgefäß durchführen kann, stellt er am Arm des Patienten ein Shunt her, eine Verbindung zwischen Vene und Arterie. Über dieses neu geschaffene robuste Gefäß fließt das Blut gut und die Dialyse lässt sich ohne Probleme durchführen. Obgleich die Dialyse eine hocheffektive Methode ist, kann sie die natürliche Nierenleistung nicht ganz nachahmen. Daher sammeln sich im Körper im Lauf der Zeit harnpflichtige Stoffe an, die sich nicht komplett entfernen lassen. Diese führen häufig zu Komplikationen wie Knochenschmerzen, Juckreiz, Impotenz, Unfruchtbarkeit, Herz- oder Muskelschwäche sowie Nervenstörungen. Dann versuchen die Ärzte derartige Spätschäden zu vermindern oder zu verzögern, indem sie das Dialyseverfahren optimieren und zusätzlich Medikamente einsetzen.

Großer Zeitaufwand

Eine Hämodialyse nimmt drei bis fünf Stunden Zeit in Anspruch und verbraucht währenddessen etwa 120 Liter Wasser. Das Verfahren selbst verursacht keinerlei Schmerzen, bis auf das Stechen der Dialysenadeln. Nur selten treten Komplikationen wie Muskelkrämpfe oder Blutdruckabfall auf. Die meisten Patienten gehen dreimal pro Woche zur Dialyse. Manche Betroffenen fühlen sich jedoch mit einer täg­lichen Blutreinigung wohler und leistungsfähiger.

Außer der Hämodialyse können Ärzte auch die Peritonealdialyse, Hämo­perfusion, Hämofiltration oder Hämodiafiltration einsetzen. Jedes Verfahren hat seine spezifischen Vor- und Nachteile bezüglich zeitlichem Aufwand und Risiken. In Absprache mit dem Patienten entscheidet der jeweilige Arzt, welche Methode sich am besten eignet. Bei der Peritonealdialyse beispielsweise dient das Bauchfell (Peritoneum) des Patienten als Membran. Die Bauchhöhle ist der »Behälter« für die Spülflüssigkeit, die ihm von außen über einen Katheter zugeführt wird.

Arzneimittel unter Dialyse

Verschiedene Erkrankungen können die Nieren schwer schädigen. Dazu zählen vor allem bestimmte Krebsarten, Multiple Sklerose und Diabetes mellitus. Da diese Grunderkrankungen bei dialysepflichtigen Patienten weiterbehandelt werden müssen, stellt sich die Frage, welche Arzneimittel sie erhalten können. Deshalb wählen Mediziner möglichst Arzneistoffe aus, die mitsamt ihrer Metaboliten komplett nicht über die Nieren ausgeschieden werden. Ist der Einsatz nierenpflichtiger Arzneistoffe unumgänglich, muss der Arzt die Dosis reduzieren und die Blutspiegel kontrollieren, damit die Arzneistoffe und ihre Metaboliten nicht im Körper akkumulieren.

Schleichende Schäden

Wegen der großen Oberfläche der Nieren kommen Arzneistoffe leicht in direkten Kontakt mit dem Organ. Zudem ist es stark durchblutet, sodass unerwünschte Arzneimittelwirkungen besonders oft auftreten. Die häufigsten Nierenschäden sind allerdings allergisch und immunologisch bedingt. Manche sind auch toxischer Natur, wenn zum Beispiel Zytostatika die Zellen direkt schädigen. Meist entstehen Arzneimittel-induzierte Nierenschäden nicht akut, sondern entwickeln sich schleichend.

Der Arzt kann die Schädigung unter anderem an einem steigenden Krea­tininwert erkennen. Bemerkt er das rechtzeitig, kann er das Schlimmste oft verhindern, indem er die Dosis reduziert oder auf ein anderes Medikament wechselt. Bei vielen Arzneistoffen wird deswegen empfohlen, nach Therapiebeginn oder in regelmäßigen Abständen den Kreatininwert zu kontrollieren. Dies gilt beispielsweise für einige Antibiotika, antivirale Substanzen, Zytostatika, NSAR und Lithium. Da die Nierenfunktion mit zunehmendem Alter nachlässt, sind die Kontrollen bei älteren Menschen umso wichtiger.

Mit der Therapie leben

Für die Betroffenen bedeutet die Dialyse, dass sie trotz Nierenschäden weiterleben können. Diese Einsicht mag ihnen helfen, die enormen Einschnitte in den Alltag zu akzeptieren, die die langen Prozeduren mit sich bringen. Vielerorts ermöglichen Angebote zur Spät- und Nachtdialyse zwar eine gewisse Flexibilität in der zeitlichen Planung, trotzdem muss der Patient sein Leben völlig nach der Therapie ausrichten. Hinzu kommen strenge Vorgaben für die Ernährung, beispielsweise für die Zufuhr von Kalium, Phosphat, Kochsalz und Wasser: Pro Tag dürfen sie maximal einen Liter Flüssigkeit zu sich nehmen, kaliumreiche Nahrungsmittel wie Obst, Schokolade und Nüsse sind tabu. Dass trotz optimaler Therapie die Leistung einer gesunden Niere nie erreicht wird, zeigt sich in einem oft eingeschränkten Wohlbefinden und geringerer Leistungsfähigkeit der Betroffenen. Viele dialysepflichtige Patienten hoffen deswegen auf eine Organspende. /

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