Heilung der Mukosa |
28.06.2013 11:11 Uhr |
Von Gudrun Heyn, Hamburg / In der Behandlung der Colitis ulcerosa lautet ein neues wichtiges Therapieziel: die Abheilung der Mukosa. Dieses lässt sich mit Mesalazin erreichen. In der MMX-Formulierung ermöglicht der Wirkstoff die notwendige Langzeittherapie und fördert die Compliance der Patienten.
Mesalazin-Präparate haben sich seit mehr als 30 Jahren in der Behandlung chronisch entzündlicher Darmerkrankungen bewährt. Vor allem für Patienten mit leichter bis mittelschwerer Colitis ulcerosa ist Mesalazin (5-Aminosalizylsäure, 5-ASA) das Mittel der Wahl.
Bislang stand als Ziel der medikamentösen Therapie im Vordergrund, die klinischen Symptome zu verringern: In den akuten Phasen sollen Arzneimittel die Beschwerden minimieren oder zum Verschwinden bringen (Induktion einer Remission). »Viel wichtiger für Patienten mit einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung sind jedoch möglichst lange Phasen relativer Gesundheit, also die Erhaltung der Remission«, sagte Professor Dr. Ralf Kiesslich von der Medizinischen Klinik am St. Marienkrankenhaus Frankfurt auf einer Veranstaltung der Shire Deutschland GmbH in Hamburg. Heute ist daher die Heilung der Darmschleimhaut ein wichtiges neues Ziel der Arzneimittel-Therapie.
Die Rolle der Mukosa
Patienten mit Colitis ulcerosa leiden lebenslang unter einer chronischen Entzündung der Dickdarmschleimhaut. Bei den meisten Betroffenen verläuft die Krankheit schubweise. Während der akuten Phasen treten die typischen Beschwerden der Erkrankung auf: schleimig-blutige Durchfälle, schmerzhafte Entleerungen und kolikartige Bauchschmerzen. Neben diesen Phasen erleben viele Patienten längere Abschnitte relativer Gesundheit, aber bei manchen nimmt die Erkrankung auch einen kontinuierlichen Verlauf.
Mit Hilfe endoskopischer Untersuchungen des Darms können Ärzte das Entzündungsgeschehen beurteilen. Moderne Geräte wie das Endomikroskop erlauben sogar, die Schleimhaut im µm-Bereich abzutasten. Selbst Zellkerne macht das kleine eingebaute Mikroskop sichtbar. Mit seiner Hilfe konnten Mediziner nachweisen, dass die Darmschleimhaut der Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen nicht nur deutlich poröser ist als bei Gesunden, sondern auch, dass die Lücken (Gaps) in der Schleimhaut durch die Abschilferung von Epithelzellen entstehen.
Bei gesunden Menschen sorgen neue Zellen dafür, dass sich die Gaps schnell wieder schließen. »Bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen scheint dieser Mechanismus gestört zu sein, sodass Bakterien erheblich leichter in die Schleimhaut eindringen können«, sagte Kiesslich. Auch dies lässt sich gut beobachten.
Heilung der Darmschleimhaut als neues Therapieziel ist für die Patienten von besonderer Bedeutung. Obwohl auch die sogenannte mukosale Heilung nicht dazu führt, dass die Patienten komplett geheilt sind, beeinflusst sie doch entscheidend die Langzeitperspektive der Erkrankten. Klinische Daten zeigen, dass die Erkrankungsschübe deutlich abnehmen, wenn eine teilweise oder vollständige Abheilung der entzündlich veränderten Darmschleimhaut gelingt. Zudem sorgt eine möglichst lange Aufrechterhaltung der Remission dafür, dass das Risiko für Komplikationen wie Mangelerscheinungen, Dickdarmkrebs oder die komplette Entfernung des Dickdarms (Kolektomie) sinken.
MMX-Galenik
Zu den entzündungshemmenden Wirkstoffen, die eine endoskopisch sichtbare Heilung der Darmschleimhaut herbeiführen können, gehört auch Mesalazin. Aufgrund der sehr guten Verträglichkeit und Wirksamkeit empfehlen Fachgesellschaften wie die Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) 5-ASA zur Basistherapie oder – falls möglich – alleinigen Therapie der Colitis ulcerosa bei Patienten mit leichten bis mittelschweren Krankheitsschüben. Außerdem kann Mesalazin eine Remission aufrecht erhalten.
Für die Wirkung und die gute Verträglichkeit ist entscheidend, dass der Wirkstoff im Dickdarm an den Ort der Entzündung gelangt. Daher verordnen Mediziner häufig die rektale Applikation von Mesalazin-Klysmen oder Schäumen. Als ebenso effektiv hat sich die orale Therapie mit MMX®-Mesalazin (Mezavant®) erwiesen. Die Tabletten passieren unbeschadet den Magen und den Dünndarm. Im Dickdarm sorgt die MMX-Galenik dafür, dass der Wirkstoff verzögert und gleichmäßig freigesetzt wird. Dazu sind pro Tablette 1,2 g Mesalazin in eine hydrophile und eine lipophile Trägersubstanz eingebettet und der aktive Kern der Tablette von einem magensaftresistenten Film umhüllt. Dank dieser Technologie müssen Patienten das verschreibungspflichtige Arzneimittel nur noch einmal täglich einnehmen.
Studien belegen, dass nach der acht-wöchigen Behandlung eines akuten Colitis-ulcerosa-Schubs mit MMX®-Mesalazin 30 bis 60 Prozent der Patienten frei von Beschwerden (klinische Remission) und frei von endoskopisch sichtbaren Entzündungszeichen im erkrankten Darmabschnitt waren (endoskopische Remission), die Mukosa also geheilt war. Nach einer 12-monatigen Therapie zur Erhaltung der Remission ließ sich bei 60 bis 70 Prozent der Patienten eine klinische und endoskopische Remission nachweisen.
Lebenslange Therapie
Nur die Langzeittherapie und die regelmäßige Einnahme von 5-ASA bieten die Chance auf eine komplette Heilung der Mukosa. Eine intakte Darmbarriere schützt die Patienten vor neuen Schüben und Komplikationen. »Eine Chemoprävention durch 5-ASA senkt das Darmkrebsrisiko von Colitis ulcerosa-Patienten um 50 bis 75 Prozent«, sagte Professor Dr. Ulrich Klotz vom Dr. Margarete Fischer-Boch-Institut für klinische Pharmakologie in Stuttgart auf der Veranstaltung. Auch über Jahre ist 5-ASA sehr gut verträglich. Die Nebenwirkungen liegen im Placebobereich.
Doch im Verlauf der lebenslangen Behandlung fällt vielen Patienten die Compliance schwer. Besonders wenn in den Phasen der Remission der Leidensdruck fehlt, vernachlässigen sie ihre Therapie. Zudem lässt sich eine Behandlung mit Klysmen oder Schäumen oft schwer in den Alltag integrieren. Eine Langzeittherapie mit 5-ASA-Präparaten, bei der die Patienten nur einmal täglich eine Tablette einnehmen müssen, kann die Behandlung wesentlich erleichtern und die Compliance fördern. Die Therapietreue erhöht noch zusätzlich eine umfassende Aufklärung der Patienten durch Arzt, Apotheker oder PTA über die Notwendigkeit der kontinuierlichen Einnahme. /
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