Beratung mit Zusatz |
11.05.2015 13:36 Uhr |
Von Andreas Nagel / Beim Berufsstart junger PTA in der Apotheke treten häufig Probleme bei der Beratung und beim Verkauf auf. Geringe Praxiserfahrung und Angst vor schwierigen Kunden führen zu unsicherem Verhalten im Beratungsgespräch. Aber: Den optimalen Ablauf eines Gesprächs kann man üben. So fällt es nach und nach immer leichter, Kunden souverän und professionell zu beraten und mit Zusatzverkäufen zu punkten.
Der Kundenkontakt beginnt, sobald der Kunde die Apotheke betritt. PTA sollten – wenn möglich – bereits zu diesem Zeitpunkt Blickkontakt mit dem Kunden aufnehmen. Am HV-Tisch sollte der Kunde dann mit freundlichem Tonfall begrüßt und (soweit bekannt) mit Namen angesprochen werden. Eine gute Einstiegsformulierung lautet: »Guten Tag Herr Müller. Was kann ich (heute) für Sie tun?«
Kunden mit Rezept
Bei Kunden mit Rezept kann sich die PTA zur Beratung am Leitfaden »Informations- und Beratungshinweise in öffentlichen Apotheken« der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände orientieren. Diesen gibt es als Download auf www.abda.de. Auch verschiedene eingesetzte Testkunden, sogenannte Pseudo-Customer, beurteilen die Qualität der Beratungsgespräche oft anhand des ABDA-Leitfadens.
Die PTA sollte demnach insbesondere folgende Fragen stellen beziehungsweise klären:
Kunden ohne Rezept
Bei Kunden, die ohne ein Rezept in die Apotheke kommen und Beschwerden schildern oder ein bestimmtes Präparat verlangen, sind nach dem ABDA-Leitfaden zur Beratung folgende Fragen zu stellen:
Kommt die PTA im Beratungsgespräch zu dem Schluss, dass eine Selbstmedikation im konkreten Fall vertretbar ist, kann sie ein geeignetes Präparat auswählen. Dabei sollte sie die Wirkung, Dosierung und Anwendung erklären und auf mögliche Wechselwirkungen hinweisen. Es sollten aber auch die Grenzen der Selbstmedikation aufgezeigt und im Zweifel zu einem Arztbesuch geraten werden, etwa bei unklarer Symptomschilderung, bei Verdacht auf Arzneimittelmissbrauch, bei älteren Patienten mit weiteren Erkrankungen, bei Verdacht auf Wechselwirkungen mit anderen verordneten Arzneimitteln oder bei einer Selbstmedikation in der Schwangerschaft. Mit folgender Musterformulierung kann dem Kunden ein Arztbesuch nahegelegt werden: »Ich könnte Ihnen jetzt auf Verdacht ein Medikament verkaufen, aber das wäre angesichts Ihrer Beschwerden nicht angebracht. Ich rate Ihnen dringend, zunächst einen Arzt aufzusuchen und die Ursachen Ihrer Beschwerden genau abklären zu lassen.«
Zusatzverkäufe und -empfehlungen
Ein Zusatzverkauf kann durch die Empfehlung eines zusätzlichen oder eines höherwertigen Produkts erfolgen. Zusatzverkäufe führen nicht nur zu einer Umsatzsteigerung für die Apotheke, sie verbessern in vielen Fällen auch die Kundenbeziehung und die Kundenbindung. Wenn ein Kunde durch eine Zusatzempfehlung der PTA schneller wieder gesund wird, so kommt er sicherlich gerne wieder und empfiehlt die Apotheke außerdem in seinem Freundes- und Bekanntenkreis. Außerdem kann sich jede PTA durch passende Zusatzempfehlungen dem Kunden gegenüber als qualifizierte und kompetente Ansprechpartnerin in Gesundheitsfragen profilieren.
Vorschlag 1:
»Frau Müller, ich empfehle Ihnen zu Ihrem abschwellenden Nasenspray zusätzlich XY-Dragees. Denn mit dem Nasenspray bekommen Sie zwar schnell wieder Luft durch die Nase, aber der Schleim in den Kieferhöhlen ist damit ja noch nicht gelöst. Mit diesen Dragees erreichen Sie eine schnellere Lösung des Schnupfensekrets und beugen einer Kieferhöhlenentzündung vor.«
Vorschlag 2:
»Mit dem Nasenspray XY sorgen Sie dafür, dass Sie wieder Luft durch die Nase bekommen. Es gibt aber auch das Nasenspray Z, das nicht nur die Schleimhäute in der Nase zum Abschwellen bringt, sondern auch noch einen pflegenden Inhaltsstoff beinhaltet. Dadurch wird die angegriffene Nasenschleimhaut gleichzeitig gut gepflegt und geschützt. Das Nasenspray Z ist zwar etwas teurer, damit sind Sie aber bestmöglich versorgt.«
Start im Kopf
Vielen PTA fällt es schwer, einem Kunden unaufgefordert zusätzliche oder teurere Produkte anzubieten. Aus Angst, den Kunden zu verschrecken oder aus Angst vor der Antwort »Nein danke, das brauche ich nicht!«, verzichten sie häufig darauf. Auch wenn ein Kundengespräch bereits relativ lange dauert, beispielsweise wegen der Berücksichtigung von Rabattverträgen, Genehmigungen und Versorgungszeiträumen, und die Apotheke voller wartender Kunden ist, fällt es schwer, noch ein Zusatzprodukt anzubieten und zu erklären. PTA sollten sich aber bewusst machen: Viele Kunden sind sehr dankbar für jeden Hinweis, der ihnen zu einer schnelleren Genesung verhelfen kann oder dafür sorgt, dass die Krankheitssymptome zusätzlich gelindert werden.
Wem es schwerfällt, einem Kunden ungefragt Zusatzprodukte anzubieten, dem hilft häufig die folgende Denkhilfe: Die PTA kann sich einfach vorstellen, dass zum Beispiel eine gute Freundin als Kunde in die Apotheke kommt. Hier würde sie bestimmt von sich aus für die bestmögliche Versorgung mit allen sinnvollen Medikamenten sorgen. Bei einer starken Erkältung würde man selbst seine Freundin sicherlich nicht nur mit der verordneten Packung Antibiotika nach Hause gehen lassen, sondern einen Tee, ein Erkältungsbad oder eine Tube Erkältungsbalsam anbieten – ohne dass dieser Zusatzverkauf schwer fallen würde. Wenn man die Frage »Was würde ich einer guten Freundin noch zusätzlich anbieten?« auf jedes Kundengespräch überträgt, fällt der Zusatzverkauf sicherlich gleich viel leichter.
Wissen vorausgesetzt
Eine Voraussetzung für sinnvolle Zusatzverkäufe ist selbstverständlich das erforderliche Fachwissen. Nur wer als PTA weiß, welches zusätzliche Medikament zu einem bestimmten Krankheitsbild oder zu einem vorgelegten Rezept passt, kann dem Kunden weitere Präparate vorschlagen und überzeugend präsentieren. Im Verkaufsgespräch sollten nicht nur die Merkmale des Zusatzprodukts, sondern vor allem der konkrete Nutzen dargestellt werden, zum Beispiel eine schnellere Genesung oder besserer Schutz vor Folgeerkrankungen. Denn Kunden kaufen nicht vorrangig das Produkt, sondern insbesondere den Nutzen, den sie durch das Produkt erhalten.
Zusatzverkäufe gelingen leichter, wenn man nicht nur über die Vorteile und den Nutzen des Präparates spricht, sondern das Produkt auch direkt auf den HV-Tisch legt. So hört der Kunde nicht nur die Vorteile, sondern er sieht das Produkt gleichzeitig und ist eher geneigt, spontan zuzugreifen.
Kostenlose Zusatztipps
Das Kundengespräch wird perfekt, wenn die PTA dem Kunden zum Abschluss noch einen kostenlosen Zusatztipp zur Besserung seiner Beschwerden mit auf den Weg geben kann. Ein Beispiel: »Solange Sie die Magenbeschwerden haben, sollten Sie möglichst auf Kaffee, Alkohol und säurehaltige Säfte verzichten.« Oder: »Bei Ihrer Pollenallergie sollten Sie am besten abends duschen, damit Sie alle Pollen abspülen. Die Pollenbelastung ist dann in der Nacht deutlich niedriger.«
Gesprächsabschluss und Verabschiedung
Das Gespräch kann die PTA mit der Abschlussfrage »Haben Sie noch Fragen oder kann ich sonst noch etwas für Sie tun?« beenden. An dieser Stelle kann auch zum Beispiel ein Kundenmagazin und/oder Bonuspunkte angeboten werden. Wenn es in die Situation passt, kann der Kunde auch zu einer Rückmeldung bezüglich der Wirkung der Arzneimittel aufgefordert werden: »Kommen Sie doch gerne noch einmal wieder und berichten uns, ob Ihnen das Mittel geholfen hat und ob Sie zufrieden sind.« Mit den Worten »Dann wünsche ich Ihnen gute Besserung« kann das Gespräch beendet und der Kunde verabschiedet werden.
Durch die Abgabe des Hauptprodukts, die Empfehlung passender Zusatzprodukte und den kostenlosen Zusatz- und/oder Verhaltenstipp entsteht ein ganzes »Indikationspaket«, durch das die PTA die bestmögliche Versorgung ihres Kunden gewährleistet. Alle genannten Bestandteile eines optimalen Verkaufs- und Beratungsgesprächs wird man jedoch sicherlich nicht immer vollständig umsetzen können. Ein realistischer Anspruch kann aber sein, sich dem idealen Gesprächsablauf in jedem Kundengespräch so weit wie möglich zu nähern. /