Chronische Nierenerkrankung bei der Katze |
11.05.2015 13:36 Uhr |
Von Maria Pues / Katzen haben sieben Leben, heißt es. Doch auch bei ihnen nimmt mit steigendem Lebensalter die Nierenfunktion ab. Oft bleibt sie lange Zeit unbemerkt. Worauf Katzenbesitzer achten sollten.
Viele ältere Katzen leiden an einer chronischen Nierenerkrankung (CNE), früher als chronische Niereninsuffizienz bezeichnet. Auch bei den Stubentigern übernehmen die Nieren weitaus mehr Funktionen als die Ausscheidung harnpflichtiger Substanzen; sie steuern beispielsweise den Wasser- und Säure-/Basen-Haushalt, regulieren den Blutdruck und produzieren Hormone. Natürlich arbeiten sie dabei eng mit anderen Organen zusammen. Daher verwundert es wenig, dass eine Nierenerkrankung zu verschiedenen Symptomen und zu zahlreichen Folgekrankheiten führen kann. Nicht zuletzt gehört die CNE bei älteren Katzen zu den häufigsten Todesursachen.
Meist entwickelt sich eine CNE lange Zeit unbemerkt, denn die Niere besitzt eine Reserve, die die nachlassende Leistung noch eine gewisse Zeit aufrechterhält. In fortgeschrittenen Stadien werden harnpflichtige Substanzen jedoch nicht mehr wie gewohnt ausgeschieden. Dadurch steigt etwa der Harnstoffgehalt des Blutes an. Das führt bei Katzen zu Übelkeit und Erbrechen.
Vermehrter Durst
Oft zeigen die Katzen neben einem geringeren Appetit einen verstärkten Durst. Vermehrtes Trinken kann aber häufig das Risiko eines Austrocknens nicht vollständig vermindern, da dieses über verschiedene Wege zustande kommt. So trägt häufiges Erbrechen zum Flüssigkeitsverlust bei. Außerdem vermindert sich mit dem Verlust an funktionsfähigen Nephronen auch die Fähigkeit der Nieren, Wasser rückzuresorbieren. Die Vierbeiner suchen dann häufiger ihr Katzenklo auf (und erreichen es nicht immer rechtzeitig). In späteren Stadien kann das Durstgefühl aber auch nachlassen und die Austrocknung weiter verstärken. Dann ist es wichtig, ihnen nicht nur stets ausreichend Wasser hinzustellen, sondern gegebenenfalls den Appetit darauf ein wenig anzuregen, etwa durch Zugabe von ein wenig Thunfischsaft. Instant-Fleischbrühe schmeckt den meisten Stubentigern zwar auch sehr gut; sie enthält allerdings viel Kochsalz, weswegen sie sich weniger gut eignet.
Häufig lässt eine CNE auch den Phosphatgehalt im Blut steigen (Hyperphosphatämie) und den Calciumgehalt im Blut sinken (Hypocalciämie). Dies regt die Nebenschilddrüsen dazu an, mehr Parathormon auszuschütten. Das stimuliert wiederum die Abgabe von Calcium und Phosphat aus den Knochen in die Blutbahn – mit zwei Konsequenzen. Zum einen steigt das Risiko für eine nierenbedingte Verminderung der Knochenstabilität, zum anderen für eine Verkalkung von inneren Organen.
Infektionen oder Gifte
Woher kommt aber eine CNE? Dafür gibt es eine Vielzahl verschiedener Auslöser. Neben dem altersbedingten Verlust der Nierenfunktion können Infektionen eine Rolle spielen, indem sich Antigen-Antikörper-Komplexe in den Nieren ablagern. Auch Giftstoffe können die Niere schädigen. Hier kommen bei Katzen beispielsweise das Frostschutzmittel Ethylenglycol, Liliengewächse wie Osterglocken oder Schwermetalle infrage. Auch erkranken manche Katzenrassen häufiger als andere an einer CNE. Dazu gehören etwa Siamkatzen, Maine-Coon-Katzen oder Abessinier. Häufig lässt sich aber nicht ermitteln, welche Faktoren bei einer Katze eine CNE ausgelöst haben.
Wichtiger als die Frage nach dem Auslöser ist häufig aber die Antwort auf die Frage, wie weit eine CNE bereits fortgeschritten ist und wie man eine weitere Verschlechterung aufhalten kann. Tiermediziner unterscheiden bei der CNE vier Stadien. Vor allem der Kreatiningehalt des Blutes wird zur Charakterisierung herangezogen. Weitere Auskunft geben der Protein-Kreatinin-Quotient im Harn und der Blutdruck. Durch Wiederholungsmessungen wird das Ergebnis abgesichert.
Eiweißarme Diät
Eine an das Krankheitsstadium angepasste »Nierendiät« kann die Belastung für das Organ mindern. Sie enthält weniger Eiweiß und Phosphat als übliche Katzennahrung. Doch eine solche Ernährungsumstellung gestaltet sich oft schwieriger als gedacht. Denn anders als beim Menschen spielen Aminosäuren bei Katzen eine wichtige Rolle in der Energiegewinnung: Als praktisch ausschließliche Fleischfresser gewinnen sie den weitaus größten Teil der benötigten Glucose aus Proteinen (Gluconeogenese). Die Enzyme, die für den Aminosäureabbau erforderlich sind, arbeiten bei ihnen unabhängig von der jeweiligen Eiweißzufuhr. Ist der Eiweißgehalt in der Nahrung zu niedrig, greift der Stoffwechsel auf körpereigene Reserven zurück, vor allem in den Muskeln.
Ein weiteres Problem: Vielen Samtpfoten schmeckt ihre Diät nicht, sodass mancher Katzenbesitzer experimentieren muss, um sie der ohnehin appetitlosen Katze schmackhaft zu machen. Oft hilft es, das Futter nicht abrupt zu wechseln, sondern die neue Kost in steigenden Anteilen dem Lieblingsfutter beizumischen. Nahrungsergänzungen etwa mit Eisen oder Vitamin D können ein Vitalstoff-Defizit ausgleichen, wenn die Katze häufig ihr Fressen stehenlässt.
Da sich eine CNE und Bluthochdruck gegenseitig verstärken, kommen in der Therapie auch blutdrucksenkende Arzneimittel zum Einsatz. Mittel der ersten Wahl ist hierbei Amlodipin. Lässt sich der Blutdruck damit nicht ausreichend senken, kann die Behandlung mit einem ACE-Hemmer wie Enalapril oder Ramipril oder mit einem AT1-Rezeptor-Antagonisten ergänzt werden. ACE-Hemmer und AT1-Antagonisten kommen darüber hinaus auch bei einer Proteinurie, der vermehrten Eiweißausscheidung über den Urin, zum Einsatz. Als AT1-Antagonist wurde für diese beiden Indikationen im vergangenen Jahr Telmisartan zur Behandlung von Katzen zugelassen.
Das Fazit
Berichten Katzenbesitzer, dass ihr vierbeiniger Liebling seinen Fressnapf meidet, dafür aber vermehrt trinkt, dass er weniger munter ist als gewohnt und das Fell seinen Glanz eingebüßt hat, sollten PTA und Apotheker an die Möglichkeit einer CNE denken und zu einer tierärztlichen Abklärung der Symptome raten. Denn je früher man mit einer nierenschonenden Ernährung startet, umso größer fällt der Nutzen aus, den man sich davon erhoffen darf. /