Das sind ja Apothekenpreise! |
18.05.2018 16:12 Uhr |
Von Andreas Nagel / Die Höhe und die Gestaltung der Preise für das nicht-verschreibungspflichtige Sortiment haben erhebliche Auswirkungen auf das wirtschaftliche Ergebnis einer Apotheke. Die Mitarbeiter stellt dies oft vor besondere Herausforderungen. Mit der richtigen Vorgehensweise können Sie die Preisakzeptanz und zugleich die Zufriedenheit der Kunden erhöhen.
Die Preise für verschreibungspflichtige Medikamente sind gesetzlich geregelt. Die Apotheke kann selbst die Preise für OTC-Arzneimittel und das freiverkäufliche Sortiment festsetzen. Präparate aus der Freiwahl wie Kosmetik, Zahncremes oder Bonbons steht dabei oft in direkter Konkurrenz mit dem Angebot nahegelegener Super- und Drogeriemärkte. Der interessanteste Bereich für eine individuelle Preisgestaltung ist daher das apothekenpflichtige OTC-Sortiment der Sichtwahl.
Apotheken haben bei vielen Kunden immer noch ein Hochpreisimage. In der Umgangssprache gibt es dafür den Begriff Apothekenpreise, der verwendet wird, wenn ein Produkt als völlig überteuert empfunden wird. Das Preis- und Wertempfinden ist aber oft subjektiv und von Kunde zu Kunde unterschiedlich. Produkte werden als zu teuer empfunden, wenn aus der individuellen Sicht des Kunden das Verhältnis zwischen Preis und Wert nicht stimmt – also entweder der Preis zu hoch oder der Wert zu gering ist. Um die Preisakzeptanz bei den Apothekenkunden zu erhöhen, bieten sich grundsätzlich zwei Vorgehensweisen an: die Preise absenken oder den wahrgenommenen Wert erhöhen.
Eine Preissenkung kann in der Apotheke oft nicht durch eine Steigerung der Verkaufsmenge ausgeglichen werden und ist somit in vielen Fällen wirtschaftlich nicht sinnvoll. Ein Beispiel: Von Produkt A mit einem Einkaufspreis von 8 Euro verkauft die Apotheke in einem bestimmten Zeitraum 500 Stück zum Preis von 10 Euro. Der Umsatz beträgt 5000 Euro und der Gewinn 1000 Euro.
Preise senken
Würde der Preis dieses Präparates von 10 auf 9 Euro gesenkt, würde der Umsatz auf 4500 Euro und der Gewinn auf 500 Euro fallen. Nach der Preissenkung müssten nun 1000 Stück für 9 Euro verkauft werden, um nach Abzug des Einkaufspreises wieder den ursprünglichen Gewinn von 1000 Euro zu erzielen. Bei einer Preissenkung um 10 Prozent muss in diesem Fall also die doppelte Menge des Produktes abgesetzt werden. Preissenkungen oder Aktionen sollten daher möglichst auf wenige, vom Kunden geschätzte Schnelldreher-Produkte begrenzt werden und zeitlich und/oder mengenmäßig begrenzt sein.
Akzeptanz erhöhen
Gesundheit ist das höchste Gut des Menschen. Wenn die Apotheke den vom Kunden wahrgenommenen Wert der Produkte erhöhen will, muss sie den gesundheitlichen Nutzen des Präparates deutlich hervorheben und beschreiben. Der Kunde kauft nicht eine Tablette mit dem Wirkstoff X, sondern Beschwerdefreiheit oder Wohlbefinden. Legen Sie daher den Schwerpunkt darauf, die Wertigkeit der Präparate zu erklären. Eine Standardformulierung könnte lauten: »Das beste Mittel gegen Ihre Beschwerden ist das Präparat X. Damit erreichen Sie Y (= Wirkung / Nutzen) und haben das Beste für Ihre Gesundheit getan.« Diese Nutzenargumentation setzt natürlich ein entsprechendes Produktwissen voraus. Erstellen Sie am besten im Team für die häufigsten Präparate derartige Musterformulierungen, die dann von allen Mitarbeitern eingesetzt werden können.
Die Preisakzeptanz der Kunden wird auch durch das Erscheinungsbild der Apotheke und die Beratungsatmosphäre beeinflusst. Eine positive Stimmung, ein freundliches Auftreten und eine gute Beratung sind dabei besonders wichtig. In vielen Branchen, nicht nur in Apotheken, werden für vergleichbare Produkte sehr unterschiedliche Preise gezahlt. Cafés oder Hotels etwa verkaufen Kaffee in vergleichbarer Qualität oft zu deutlich höheren Preisen als der Bäcker an der Ecke – hauptsächlich wegen des angenehmeren Ambientes oder aufgrund eines besseren Services.
Kompetent beraten
Kunden, die sich beim Einkauf wohl fühlen und kompetent beraten werden, kaufen häufig mehr und zu höheren Preisen. Vielleicht haben Sie es beim Kleidungskauf schon selbst erlebt, dass Sie statt des günstigen No-name-Pullovers nach der kompetenten Beratung durch eine freundliche Verkäuferin doch den teureren Markenpullover gekauft und zusätzlich auch noch eine passende Bluse mitgenommen haben. Und obwohl Sie deutlich mehr ausgegeben haben als geplant, waren Sie mit Ihrem Einkauf zufrieden. Das Beispiel zeigt, wie subjektiv das individuelle Preisempfinden und die Preiszufriedenheit sein können und welchen Einfluss das Umfeld auf die Kaufentscheidung und die Preisakzeptanz hat.
Ein auf den ersten Blick hoher Preis kann in vielen Fällen durch ein Zerlegen des Preises optisch reduziert werden. Zum Beispiel: »Dieses Vitaminprodukt mit 30 Ampullen für einen Monat kostet 60 Euro. Damit sind Sie für 2 Euro pro Tag optimal mit allen Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen versorgt.« Oder: »Dieses Diätmittel kostet 18 Euro und enthält 12 Portionen, eine Ersatz-Mahlzeit kostet Sie nur 1,50 Euro.«
Ob eine Apotheke im Vergleich zu Mitbewerbern als teuer oder preisgünstig beurteilt wird, entscheiden Kunden oft anhand der Preise typischer Standardprodukte. In der Gastronomie ist es der Preis für ein Wiener Schnitzel oder ein Bier, in der Apotheke sind es gängige Marken-Arzneimittel, die jeder kennt, etwa Iberogast, Voltaren oder Grippostad C. Wenn diese Standardprodukte niedrig kalkuliert werden, nimmt der Kunde oft die Apotheke insgesamt als preisgünstig wahr.
Alternativen anbieten
Bei der Selbstmedikation ist es sinnvoll, dem Kunden Produkt- und Preisalternativen anzubieten. Das teuerste und beste Produkt sollten Sie dabei immer anbieten. Bei drei Produkt-/Preisvarianten entscheidet sich der Kunde häufig für die mittlere Variante. Wenn Sie das teuerste Produkt zuerst anbieten, empfindet der Kunde die übrigen Produkte subjektiv als günstiger. Durch Preisvarianten werden Sie in vielen Fällen auch das teuerste Produkt verkaufen können. Achten Sie aber immer darauf, Preisunterschiede anhand der Wirkung beziehungsweise der Inhaltsstoffe des Produkts nachvollziehbar zu erklären. Zum Beispiel: »Dieses Standard-Nasenspray mit abschwellendem Wirkstoff kostet 3,25 Euro. Wenn Sie zusätzlich eine pflegende und heilende Wirkung erzielen möchten, empfehle ich Ihnen dieses Spray für 4,35 Euro.«
Einwänden begegnen
Wenn die Apotheken-Mitarbeiter auf Preiseinwände der Kunden nicht reagieren, fühlen diese sich bestätigt. Entwickeln Sie daher im Team geeignete Antworten auf die häufigsten Preiseinwände. Argumentiert ein Kunde beispielsweise, er habe ein Präparat schon viel günstiger in einer Online-Apotheke gesehen, könnte die vorformulierte Antwort lauten: »Das mag sein. Dafür erhalten Sie bei uns aber auch eine umfassende, persönliche Beratung und Sie können Ihr Medikament sofort mitnehmen.« Wichtig: Verwenden Sie bei Ihren Formulierungen möglichst niemals das Wort »billig«. »Preiswert« ist in diesen Fällen besser geeignet. Denn für viele Kunden bedeutet billig nicht nur günstig, sondern auch häufig auch »minderwertig«. /