PTA-Forum online Avoxa
instagram facebook
Echte Kamille

Besser Extrakt statt Tee

Datum 19.11.2010  18:27 Uhr

Echte Kamille

Besser Extrakt statt Tee

Von Ernst-Albert Meyer / Kaum eine andere Arzneipflanze ist so bekannt wie die Echte Kamille. Am Geschmack des Kamillentees spalten sich jedoch die Geister: Manche lieben ihn, andere lehnen ihn vehement ab. Die wenigsten wissen, dass der Tee bei Gastritis sowie Geschwüren des Magens oder Zwölffingerdarms kaum einen therapeutischen Effekt hat.

Im Tee sind die relevanten Wirkstoffe der Echten Kamille (Matricaria recutita L.) nur in Spuren enthalten oder sie fehlen ganz. Denn bei der Teezubereitung geht das wertvolle etherische Öl mit den fettlöslichen Inhaltsstoffen wie Levomenol (alpha-Bisabolol) und Chamazulen beziehungsweise Matricin nur in sehr geringen Mengen in den wässrigen Aufguss über (siehe Tabelle). Laut neuen Forschungsergebnissen ist aber vor allem das Levomenol für die Wirksamkeit der Kamille bei Entzündungen der Magenschleimhaut und Geschwüren des Magens oder Zwölffingerdarms von großer Bedeutung. Levomenol fördert die Produktion der wichtigen endogenen Prostaglandine in der Magenwand.

Diese Prostaglandine sorgen dafür, dass die Schleimschicht auf der Magenwand intakt bleibt und bei Bedarf rege­neriert wird. Diese Schicht schützt die Mageninnenwand vor dem Angriff der Salzsäure. Außerdem hemmt Levomenol die Pepsinsekretion im Magen und reduziert so dessen proteolytische Aktivität. Nachweislich greift das Pepsin bei Gastritis oder Geschwüren auch die geschädigte Magenwand an. So wird ganz deutlich: Wenn der Teeaufguss kaum oder kein Levomenol enthält, kann er Patienten mit entzündlichen Magen-Darm-Erkrankungen nicht ausreichend helfen.

Aber auch andere wichtige antientzündlich wirkende Inhaltsstoffe der Echten Kamille fehlen im Tee (siehe Tabelle), weil die Hauptmenge der fettlöslichen Substanzen im Drogenrückstand verbleibt. In dem bekannten Fachbuch von Schilcher, Kammerer und Wegener »Leitfaden Phytotherapie« wird angegeben, dass nur maximal 0,02 Prozent des in den Blüten enthaltenen Kamillenöls in das Teewasser übergeht. Der wässrige Aufguss ist reich an spasmolytisch wirkenden Flavonoiden (besonders Apigenin-7-glucosid) und Schleimstoffen (siehe Tabelle).

Lipohile und hydrophile Inhaltsstoffe

Zahlreiche Untersuchungen belegen, dass das breite Wirkungsspektrum der Kamille auf ihren lipophilen und hydrophilen Inhaltsstoffen basiert. Beide Substanzgruppen ergänzen sich in ihrer Wirkung synergistisch. Als Alternative zum Tee können PTA oder Apotheker alkoholisch-wässrige Kamillenextrakte empfehlen. Diese enthalten sowohl die lipophilen als auch die hydrophilen Inhaltsstoffe der Kamille. Schilcher schreibt dazu in seinem Buch »Wirkungsweise und Anwendungsformen der Kamillenblüten«: »Ohne den Nutzen des Kamillentees als altbewährtes Hausmittel herabsetzen zu wollen, kann dennoch festgehalten werden, dass diese Arzneiform nicht mit einem modernen Kamillenfertigarzneimittel gleichzusetzen ist.«

Inhaltsstoffe der Kamille

Fettlösliche Inhaltsstoffe Wasserlösliche Inhaltsstoffe
Etherisches Öl (0,3–1,4 %) mit

Alpha-Bisabolol (Levomenol bis 50 %) (1, 2, 3, 4, 5)
Bisabololoxide A, B, C (1, 4)
Bisabolonoxid (1, 4)
Chamazulen (Matricin) (1)
En-In-Dicycloether (1, 2, 3, 4)
15 diverse Flavonoide darunter

Apigenin (nicht im Tee enthalten) (1, 3)
Apigenin-7-glucosid (1, 3)
Schleimstoffe (6)

Nur ein alkoholisch-wässriger Kamillenextrakt hat die in der Monographie Matricariae flos (Kamillenblüten) aufgeführten pharmakologischen Eigenschaften: Er wirkt antiphlogistisch, spasmolytisch, desodorierend, antibakteriell und muskulotrop. Außerdem fördert er die Wundheilung, hemmt Bakterientoxine und regt den Hautstoffwechsel an. Neue Forschungsergebnisse bestätigen, dass Kamillenblüten ulkusprotektive, karminative, immunstimulierende und antimykotische Eigenschaften besitzen.

Die Rote Liste 2010 führt fünf Kamillenextrakt-Präparate zur inneren beziehungsweise äußerlichen Anwendung auf. Empfehlen sollten PTA oder Apotheker standardisierte Phytopharmaka. Standardisierung bedeutet, dass der Hersteller des pflanzlichen Arzneimittels eine gleich bleibende Konzentration an wirksamkeitsrelevanten Inhaltsstoffen garantiert. Nur diese Phytopharmaka gewährleisten einen sicheren Behandlungserfolg.

Kamillosan® Konzen­trat ist zum Beispiel auf die wichtigsten fett- und wasserlöslichen Inhaltsstoffe der Kamille standardisiert.

Die Rollkur nicht vergessen

Auch Patienten, die moderne Arzneimittel beispielsweise aus der Gruppe der Protonenpumpenhemmer (PPI) einnehmen, können zusätzlich zu dieser Therapie die »gute alte« Kamillen-Rollkur durchführen. Für die Rollkur sollten sie ebenfalls ein Kamillenextrakt-Präparat verwenden. Der Vorteil: Das Phytopharmakon ist sofort gebrauchsfertig und die Teezubereitung entfällt. Für eine Rollkur wird ein Teelöffel Kamillosan Konzentrat in eine Tasse warmes Wasser gegeben. Nach der Einnahme legt man sich jeweils 2 Minuten auf Bauch, Rücken, linke und rechte Seite. Dies ist notwendig, damit die Kamillen-Inhaltsstoffe die gesamte Magenschleimhaut benetzen.

Die Rollkur wird früh nüchtern und abends vor dem Schlafengehen durchgeführt, bei Bedarf auch bis zu viermal täglich. Bewährt hat sich bei Entzündungen im Magen-Darm-Trakt auch das schluckweise Trinken einer Tasse Leinsamenschleim versetzt mit 1 Teelöffel Kamillenkonzentrat. Zu beachten ist vor allem bei Leberkranken sowie bei Kindern unter sechs Jahren, dass alle Kamillenextrakt-Präparate Alkohol enthalten. Außerdem reagieren wenige Patienten allergisch auf Kamille; daher bei bekannter Überempfindlichkeit gegen Korbblütler wie Echinacea und Schafgarbe besser keine Präparate mit Kamille empfehlen. /

E-Mail-Adresse des Verfassers

MedWiss-Meyer(at)t-online.de

Frag die KI
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
BETA
Menü
Zeit
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
Zeit
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
Senden
SENDEN
KI
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
KI
KI
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.
TEILEN
Datenschutz