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Colitis ulcerosa

Mit neuer Galenik weniger Schübe

21.10.2011  12:37 Uhr

Von Gudrun Heyn, Leipzig / Patienten mit der Diagnose Colitis ulcerosa sehen einem lebenslangen Leiden entgegen. Eine neue Formulierung des bewährten Arzneimittels Mesalazin könnte den Therapieerfolg jetzt deutlich verbessern.

Colitis-ulcerosa-Patienten leiden unter schleimig-blutigen Durchfällen und schmerzhaften Darmkrämpfen bei der Entleerung. Aber auch kolikartige Bauchschmerzen sowie Fieber und ein Gefühl der Abgeschlagenheit gehören zu ihrem Alltag. Der Grund für die Beschwerden ist eine chronische Entzündung der Darmschleimhaut, die meist in Schüben verläuft. In Deutschland sind rund 168 000 Menschen an Colitis ulcerosa erkrankt.

Lebenslang behandeln

Als weitgehend gesichert gilt, dass bei den Betroffenen die Barrierefunktion der Darmschleimhaut gestört ist. Daher können im Darm lebende Bakterien sowie ­Antigene diese ungehindert passieren und lokale Immunreaktionen auslösen. Bei ­Colitis-ulcerosa-Patienten beginnt das Entzündungsgeschehen in der Regel im Enddarm (Rektum). Von dort aus breitet es sich über den gesamten Dickdarm (Kolon) aus. Die meisten Patienten erkranken in einem Alter zwischen 20 und 34 Jahren. Viele ­benötigen daher mehr als 50 Jahre lang eine Therapie.

In der Basistherapie der leichten bis mittelschweren Colitis ulcerosa sind verschreibungspflichtige Arzneimittel mit dem entzündungshemmenden Wirkstoff Mesalazin (5-Aminosalizylsäure, 5-ASA) Mittel der Wahl. Während eines akuten Schubs oder bei einem schweren Verlauf müssen die Patienten in der Regel weitere Arzneimittel einnehmen. Zusätzlich ein­gesetzt werden Corticosteroide wie Prednisolon oder Immunmodulatoren wie ­Azathioprin.

Trotz wirksamer Arzneimittel müssen bis zu 30 Prozent der Patienten in den ersten 25 Jahren nach der Diagnose ihren Dickdarm operativ entfernen lassen, wie eine dänische Studie mit 1160 Betroffenen zeigt. »Wenn es gelingt, dass die Patienten ihr Mesalazin regelmäßig einnehmen, könnte die Therapie weitaus mehr leisten«, sagte der Gastroenterologe Professor Dr. Stefan Schreiber von der Christian-­Albrechts-Universität Kiel auf einer Veranstaltung der Shire Deutschland GmbH während der 66. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) in Leipzig. Eine bessere Therapietreue und damit ein größerer Behandlungserfolg ließen sich mit Mesalazin mit MMX-Galenik (Mezavant®) erzielen.

In der Akutphase einer unkomplizierten Colitis ulcerosa ist die Mesalazin-Therapie die sicherste Behandlungsoption. Sie führt bei vielen Patienten innerhalb von vier bis acht Wochen zu einer vollständigen Ab­heilung der Schleimhaut, die unter der weiteren Therapie mit Mesalazin bei bis zu 80 Prozent der Patienten ein Jahr anhält. »Trotzdem ist die Rate der nicht-adhärenten Patienten erschreckend hoch«, berichtete Schreiber. Zum Begriff der Adhärenz siehe Kasten.

Klysmen wenig alltagstauglich

Laut Untersuchungen nehmen bis zu 60 Pro­zent der Patienten ihre Arzneimittel nicht regelmäßig ein. Bei einer lebenslangen Therapie sei es jedoch kein Wunder, wenn Patienten ihre Medikamente zwischenzeitlich vergäß, so der Facharzt. Bleiben die ­Beschwerden aus, ist das Risiko besonders groß. Die Patienten fühlen sich gut und denken nicht an den nächsten Schub. Ein weiterer Grund für die mangelnde Therapietreue vieler Patienten sei die Empfehlung, sie sollten die unteren Darmabschnitte mehrmals täglich mit Mesalazin-hal­tigen Klysmen oder Schäumen behandeln.

Adhärenz statt Compliance

Besser noch als der Begriff Compliance beschreibt das Wort Adhärenz, wie sehr die Medikamenten-Einnahme eines Patienten mit der Therapievorgabe durch den Arzt übereinstimmt. Während die Compliance ­lediglich die Bereitschaft eines ­Patienten zur Zusammenarbeit ­erfasst, berücksichtigt die Adhärenz auch soziale und medikamenten­bedingte Faktoren, die für den Patienten ein deutliches Hindernis darstellen und somit das Therapieziel gefährden. Der Therapieerfolg ist eben nicht nur vom Willen des Patienten abhängig, die verordnete Therapie genau einzuhalten, sondern mög­licherweise auch von persönlichen ­Problemen. Solche Gründe können beispielsweise sein: Vergesslichkeit, geringe Motivation, die Angst vor ­Nebenwirkungen, Pessimismus gegenüber der Therapie, fehlende Akzeptanz der Krankheit, Angst vor Abhängigkeit, ein zu komplexes Medikamentenregime oder ein niedriges Bildungsniveau.

Denn Fachgesellschaften wie die DGVS befürchteten bislang, dass der Wirkstoff bei oraler Gabe bereits im Magen und im Dünndarm resorbiert wird und daher nicht mehr an den Ort des Entzündungsgeschehens gelangt. Vor allem für Patienten, die im Arbeitsleben stehen, ist diese Applika­tion alles andere als alltagstauglich, einige lehnen sie total ab. Doch viele machen sich die Konsequenzen ihrer mangelnden ­Adhärenz nicht bewusst: Während 89 Prozent der therapietreuen Patienten ihr Schubrisiko verringern, gilt das nur für etwa 39 Prozent der nicht-adhärenten Patienten.

Nur einmal täglich eine Tablette

Die Multi-Matrix® (MMX)-Technologie schützt Mesalazin in Mezavant, bis der Wirkstoff in den Dickdarm gelangt. Außerdem gewährleistet die neue Galenik eine lang anhaltende Freisetzung der aktiven Substanz. Da das Medikament die derzeit höchste Arzneistoffdosis aller 5-ASA-­Präparate enthält, müssen die Patienten Mezavant nur noch einmal täglich einnehmen. Studien ergaben auch eine Über­legenheit gegenüber der dreimal täglichen Gabe des Referenzarzneimittels (Asacol®) bei gleicher Tagesdosis und gleicher Wirksubstanz. »Wir vermuten, dass die Überlegenheit auf zwei Faktoren beruht«, sagte Schreiber. »Erstens fällt es den Patienten leichter, ihre Tabletten zu nehmen, wenn sie nur einmal am Tag daran denken müssen, und zweitens spricht vieles dafür, dass MMX-Mesalazin den Ort des Entzündungsgeschehens besser erreicht.« Daneben ­haben sich die rektale Anwendung von Mesalazin-Schäumen und die orale Therapie mit MMX-Mesalazin als gleich effektiv erwiesen.

In die S3-Leitlinie der DGVS zur Colitis ulcerosa wird daher demnächst eine neue Empfehlung aufgenommen. »Aufgrund der besseren Therapieadhärenz und einer besseren Zufriedenheit der Patienten kann die einmalige Gabe von retardiert formuliertem 5-ASA gegenüber der Mehrfachgabe vorgezogen werden«, soll es in Zukunft dort heißen. /

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