Pflaster gegen Borreliose bereits in klinischer Studie |
21.10.2011 11:42 Uhr |
Von Annette van Gessel / Die Lyme-Borreliose ist eine gefährliche Infektionskrankheit. Sie wird durch Zecken übertragen, die das Bakterium Borrelia burgdorferi und verwandte Erreger während einer Blutmahlzeit aufnehmen und beim nächsten Stich an Mensch oder Tier weitergeben. Nach Schätzungen ist ein Drittel bis die Hälfte aller Zecken in Westeuropa Träger von Borrelien.
Unbehandelt verläuft die Infektion zunächst meist nur mit milden Symptomen an der Haut, den Gelenken sowie dem Herzen. Hat das Nervensystem bereits Schaden genommen, ist Lyme-Borreliose nur noch schwer zu therapieren.
Ein Forscherteam um den Bakteriologen Professor Dr. Reinhard Straubinger von der Ludwig-Maximilians-Universität in München konnte nun im Tierversuch zeigen, dass sich die Infektion bereits im Keim ersticken lässt, wenn man ein flüssiges Gel mit dem Antibiotikum Azithromycin direkt auf die Stichstelle aufbringt.
Das Münchner Team infizierte 78 Mäuse mit dem Erreger Borrelia burgdorferi. Anschließend klebten die Forscher den Mäusen ein mit Azithromycin-Gel beschichtetes oder ein Placebo-Pflaster auf die Stichstelle. Die Tiere erhielten das Arzneistoff- oder Placebo-Pflaster mit unterschiedlichen Antibiotikakonzentrationen direkt nach Entfernen der Zecke.
Die lokale Therapie überzeugte: Bei keinem Tier aus der Verum-Gruppe ließen sich im Anschluss an die Behandlung noch Keime von Borrelia burgdorferi im Körper nachweisen.
Die gute Wirksamkeit der topischen Behandlung erklären die Münchner Forscher zum einen mit der Art der Erregervermehrung in der Haut. Es ist bekannt, dass die Spirochäten zunächst zwei Tage und länger am Infektionsort verbleiben, ehe sie sich im Organismus ausbreiten. Zum anderen konnten die Forscher zeigen, dass die Konzentration von Azithromycin in dem behandelten Gewebe fast 4000-fach höher ist als die minimale Hemmkonzentration der Spirochäten. Mittlerweile wird die lokale Antibiotika-Behandlung gegen Borrelien in einer Phase-III-Studie auch an Menschen getestet, die möglicherweise durch einen Zeckenstich infiziert sind.
Weil sich die Erreger eine Zeit lang noch nicht im Organismus nachweisen lassen, geschieht die derzeitige Therapie auf Verdacht. Dabei müssen sich vermeintliche Borreliose-Patienten einer mehrwöchigen Antibiotika-Therapie unterziehen, die in vielen Fällen oral, manchmal aber auch intravenös verabreicht wird. »Bei unserem Ansatz wird das Antibiotikum über ein transparentes, selbst klebendes Pflaster direkt auf die Stichstelle aufgebracht«, sagt Straubinger. »Weil nur sehr wenig Antibiotikum enthalten ist, bleibt die Wirkung lokal begrenzt, und auch Nebenwirkungen treten kaum auf.« Voraussetzung für diesen vielversprechenden Therapieansatz ist, dass der Betroffene die Zecke an seinem Körper bemerkt, sie rasch entfernt und sofort das Pflaster aufklebt. /
Quelle: Journal of Antimicrobial Chemotherapy online