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Selbstmedikation bei Gelenkschmerzen

Wer rastet, der rostet

Datum 21.10.2011  12:41 Uhr

Von Andrea Gerdemann / Laut Schätzungen leiden mehr als 20 Millionen Deutsche unter schmerzenden Gelenken. In der Altersgruppe der 40- bis 49-Jährigen haben bereits zwei von fünf Beschwerden, ergab eine Studie der Ruhr-Universität, Bochum. Da nur jeder Dritte den Arzt aufsucht, sind in Fragen der Selbstmedikation PTA und Apotheker gefordert.

Gelenkschmerzen können ganz plötzlich auftreten oder Folge eines jahrelangen degenerativen Prozesses sein. Entweder wurde ein Gelenk beim Sport oder durch schweres Heben akut überlastet, oder die Knorpelschicht im Gelenk hat sich über die Jahre hinweg abgenutzt, bis die Knochen aufeinander reiben. Der Gelenkverschleiß kann sogar so weit führen, dass sich die Knochen verformen. Dann leiden die Patienten dauerhaft unter starken Schmerzen und können sich immer schlechter bewegen.

Die meisten Menschen erkranken an Arthrose, wenn sie älter werden: Jede zweite Frau und jeder dritte Mann über 65 Jahren leiden unter Gelenkverschleiß. Besonders oft sind die Hüft- und Kniegelenke sowie Gelenke in den Händen betroffen. Eine Arthrose schreitet vor allem dann voran, wenn die Patienten übergewichtig sind oder sich außergewöhnlich stark in Sport oder Beruf belasten. Hochleistungssportler und Bauarbeiter führen daher die Erkrankungsstatistik an.

Ursachen und Symptome

Kleine Veränderungen im Gelenk spüren die Betroffenen in der Regel noch nicht. Erst nach einiger Zeit fühlen sie sich in ihrer Beweglichkeit behindert und haben »Anlaufschmerzen«, als wären ihre Gelenke morgens eingerostet und müssten erst einmal in die Gänge kommen. Je mehr sich der Patient dann bewegt, umso mehr lassen seine Schmerzen nach.

Erst im weiteren Verlauf der Erkrankung schmerzen beispielsweise die Knie und Hüften bei Belastung, beim Treppensteigen oder Wandern im Gebirge. Fachleute sprechen von einer aktivierten Arthrose, wenn sich im Gelenkspalt Knorpel oder Knochen abreiben und eine akute Entzündung verursachen.

Im Spätstadium verschwindet der Schmerz selbst in Ruhe und auch nachts nicht mehr. Das Gelenk kann seine normale Funktion nicht mehr erfüllen. Im Endstadium hilft oft nur noch, das Gelenk durch eine Prothese zu ersetzen.

Beschreibt ein Patient in der Apotheke die für Arthrose typischen Beschwerden, müssen PTA oder Apotheker die Symptome abklären.

Prinzipiell sollten Patienten mit länger bestehenden Beschwerden zunächst den Arzt aufsuchen. Auch wenn die Haut um das betroffene Gelenk gerötet und der Bereich geschwollen ist, Fieber hinzukommt oder bei sehr starken Schmerzen, die Bewegung fast unmöglich machen, muss der Patient den Arzt konsultieren. Gleiches gilt, wenn PTA oder Apotheker vermuten, dass die Beschwerden typisch für eine Erkrankung des rheumatischen Formenkreises oder einen akuten Gichtanfall sind.

Gelenke entlasten

Abgenutzte Gelenke lassen sich nicht mehr regenerieren. Umso wichtiger ist es, schon dann aktiv gegenzusteuern, wenn die Symptome noch mild sind. Frühes Handeln kann den Verlauf der Arthrose verlangsamen. Zunächst sollten Betroffene ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen Ruhe und Aktivität finden. Einerseits müssen sie die Gelenke entlasten, da Fehl- und Überbelastung den Gelenkverschleiß fördern. Andererseits benötigen Gelenke ein Maß an Bewegung, damit sie ausreichend durchblutet werden und nicht versteifen. Optimal ist, wenn die Patienten gelenkschonende Sportarten betreiben, also schwimmen, Wassergymnastik machen, walken, wandern oder in einem niedrigen Gang Fahrrad fahren. Weil die umgebende Muskulatur das Gelenk stützt, ist gezieltes Muskelaufbautraining sinnvoll. Empfindliche Gelenke können die Betroffenen vor dem Sport oder vor belastendenden Arbeiten tapen.

Abnehmen senkt Druck

Adipöse Patienten sollten dringend ihr Körpergewicht reduzieren, um die »Last« auf Hüft- und Kniegelenke zu senken. Vielen Geplagten helfen Pufferabsätze, Weichgummisohlen sowie Innenranderhöhungen in den Schuhen, die den Druck vom Gelenk nehmen.

Im fortgeschritten Stadium und bei starken Beschwerden tragen orthopädische Hilfsmittel zur Entlastung bei, beispielsweise ein Handstock, Unterarmgehstützen oder ein Rollator. Weiterhin bessern Krankengymnastik und physikalische Therapien die Schmerzen. Viele Übungen können die Patienten gut zu Hause durchführen, am besten nach dem Aufstehen, um die morgendliche Steifheit zu vertreiben. Strahlen die Schmerzen in die Muskulatur aus und verhärtet sich diese, lockern Massagen die Verspannung, lindern Schmerzen und verbessern die Durchblutung in der entsprechenden Region. Ergotherapeuten trainieren insbesondere mit älteren Patienten alltägliche Handgriffe. So bleiben diese lange mobil und können sich selbst versorgen.

Bei Entzündungen nutzen Kältebehandlungen in Form von Eispackungen, Eismassagen oder tiefgekühlter Luft. Noch relativ neu sind Ganzkörpertherapien in Kältekammern bei minus 110 bis 145 Grad Celsius. Die Kälte lindert nicht nur den Schmerz, sie hemmt vor allem auch die Entzündung. Liegt hingegen kein entzündlicher Prozess vor, empfinden viele Arthrosepatienten Wärme als sehr angenehm. Heiße Packungen oder Bäder entspannen die Muskeln, erweitern die Blutgefäße, verbessern die Durchblutung und Sauerstoffversorgung des Gewebes.

Manche Patienten leiden unter so heftigen Schmerzen, dass sie ein orales Analgetikum benötigen. Im Rahmen der Selbstmedikation empfehlen PTA oder Apotheker den Betroffenen am besten NSAR, beispielsweise Ibuprofen, Diclofenac, Naproxen oder Acetylsalicylsäure. Sie alle stillen Schmerzen und wirken antientzündlich. Die üblichen Dosierungen listet die Tabelle. Patienten mit Magen-Darm-Ulzera sowie einer erhöhten Blutungsneigung dürfen keine NSAR einnehmen.

Zwar lindert auch Paracetamol effektiv den Schmerz, antientzündlich wirkt der Arzneistoff allerdings nicht. Weil diese Substanz aber die einzige in der Selbstmedikation ist, die die Blutgerinnung nicht beeinflusst, eignet sie sich für Patienten, die Blutgerinnungshemmer nehmen. Bei Patienten mit Leberfunktionsstörungen ist Paracetamol jedoch kontraindiziert.

Als pflanzliche Alternativen sind orale Phytopharmaka mit Extrakten aus Weidenrinde oder Teufelskralle auf dem Markt. Auch ihre Dosierungen finden sich in der Tabelle.

Salbe, Creme und Gel

Auch wenn Fachleute anzweifeln, ob bei einer Lokaltherapie ausreichend Wirkstoff in das Gelenk diffundiert, schwören viele Betroffene auf diese Therapieform. Neben Externa mit dem »Klassiker« Diclofenac sind zahlreiche weitere Zubereitungen mit Ibuprofen, Piroxicam, Ketoprofen und Indometacin im Handel. Patienten haben die Wahl zwischen Salben, Cremes, Gelen oder Sprays. Wer Kälte als unangenehm empfindet, sollte sich nicht für ein Gel oder Spray entscheiden, da diese beim Auftragen kühlen. Zur lokalen symptomatischen Behandlung von Schmerzen oder Zerrungen ist außerdem ein Schmerzpflaster mit Diclofenac im Handel. Indometacin steht für die Selbstmedikation nur als Spray zur Verfügung. In der Regel tragen Patienten Salbe, Creme oder Gel dreimal täglich, eventuell auch häufiger, dünn auf die Haut über dem Gelenk auf. Teilweise empfehlen die Hersteller, die Produkte einzumassieren. Danach muss der Patient seine Hände waschen, damit er nicht später aus Versehen Reste des Arzneimittels ins Auge reibt. Auch auf Wunden, infizierte Hautstellen und Schleimhäute dürfen die Externa auf keinen Fall gelangen.

Übliche Dosierungen von NSAR in der Selbstmedikation (Einzeldosis=ED, Tagesdosis=TD)

Wirkstoff ED (mg) TD (mg)
Ibuprofen 200 bis 400 1200
Diclofenac 12,5 bis 25 75
Naproxen 250 bis 500 750
ASS 500 bis 1000 1500 bis 3000
Paracetamol 500 bis 1000 4000
Weidenrindenextrakt 480 960
Teufelskrallenextrakt 480 960

Das Pflaster wird zweimal täglich auf das Gelenk geklebt. Nachdem es entfernt wurde, sollte die behandelte Stelle mindestens einen Tag lang nicht der Sonne ausgesetzt werden, um eine Photosensibilisierung zu vermeiden.

Auch wenn eine systemische Wirkung kaum zu erwarten ist, sollten PTA oder Apotheker Menschen mit Magen-Darm-Ulzera, Asthmatiker oder COPD-Patienten darauf hinweisen, dass sie diese Präparate wegen möglicher unerwünschter Arzneimittelnebenwirkungen nur mit Vorsicht anwenden dürfen. Optimalerweise empfehlen PTA und Apotheker solchen Patienten zum Beispiel ein pflanzliches Alternativpräparat. Selten verursachen Ketoprofen-haltige Zubereitungen in Kombination mit UV-Licht Ausschläge und Juckreiz.

Wärme entspannt Muskeln

Empfindet der Patient eine Besserung seiner Beschwerden durch Wärme, können PTA und Apotheker ihm ein hyperämisierendes Arzneimittel empfehlen. Diese regen intensiv die Durchblutung der Haut an und entspannen schmerzende Muskeln in der Region. Die Produkte enthalten zum Beispiel Capsaicin, Benzylnicotinat oder Nonivamid, ein synthetisches Capsaicin, und dürfen keinesfalls mit Wunden oder Schleimhäuten in Berührung kommen. Wichtig: nach der Anwendung gründlich die Hände waschen!

Wünscht der Patient etwas »Pflanz­liches«, kann er auf Salben mit Beinwell­extrakt, Arnikablüten-Tinktur oder -Auszug oder Homöopathika wie Aconit Schmerzöl zurückgreifen. Die Inhaltsstoffe dieser Präparate lindern Schmerzen und hemmen Entzündungen. Beinwell wirkt zusätzlich noch abschwellend und hat den Vorteil, dass die Salbe auch auf verletzte Haut aufgetragen werden darf.

Um Gelenkproblemen vorzubeugen, kann jeder auch selbst aktiv werden. Regelmäßige Bewegung sowie ein geringes Körpergewicht tragen dazu bei, dass die Gelenke im Alter weniger rasch verschleißen. Außerdem können Interessierte ihre Ernährung mit sogenannten Chondroprotektiva wie Glucosaminsulfat und Chondroitinsulfat anreichern. Beide Substanzen sind Bestandteile der Knorpelmasse. Die Einnahme der Nahrungsergänzungsmittel stimuliert den Aufbau des Knorpels und verbessert die Qualität der Gelenkschmiere. Außerdem sollen sie Entzündungen hemmen und Schmerzen stillen. Für Glucosaminsulfat liegt die erforderliche Tagesdosis bei 1500 bis 2000 mg und für Chon­droitinsulfat bei 800 bis 1200 mg. PTA oder Apotheker sollen die Patienten darauf hinweisen, dass die Wirkung verzögert einsetzt und sie daher die Präparate mindestens sechs Wochen lang einnehmen müssen, bevor sie einen Effekt merken.

Vitamine und Antioxidantien

In der Literatur finden sich Hinweise, dass die Schwere einer Arthrose mit einem Vit­amin-D-Mangel korreliert. Bei Arthrose-Patienten lag der Vitamin-D-Spiegel (25-OH-D) häufig unter 30 ng/ml. Welche Werte »optimal« sind, ist nicht endgültig geklärt. Nach Meinung einiger Experten scheint ein Wert zwischen 40 und 80 ng/ml erstrebenswert. Jedenfalls können PTA oder Apotheker Patienten mit wiederkehrenden Gelenkschmerzen raten, ihren Vitamin-D-Spiegel beim Arzt bestimmen zu lassen.

Auch die Einnahme von Antioxidanzien ist eine sinnvolle Maßnahme, da sie die oxidativen und entzündlichen Prozesse im Körper bekämpfen. Zu den Antioxidanzien gehören die Vitamine E und C sowie die Spurenelemente Kupfer, Mangan, Selen und Zink, die Hersteller der entsprechenden Präparate häufig kombinieren. /

E-Mail-Adresse der Verfasserin

andrea(at)gerdemann.info

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