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Therapie stumpfer Traumen

Topika behaupten sich

Datum 01.06.2017  11:16 Uhr

Von Elke Wolf / Stumpfe Traumen wie Zerrungen, Blutergüsse oder Kapsel-Band-Läsionen stehen auf der Liste der Verletzungen von Freizeitsportlern ganz oben. Sind sie moderater Natur, spricht nichts gegen eine Therapie in Eigenregie.

Stumpfe Sportverletzungen oder akute Schmerz- und Entzündungszustände an Muskeln und Gelenken aufgrund von Fehlbelastungen sind das Haupteinsatzgebiet topischer nicht steroidaler Antirheumatika (NSAR). Zwar ist der Placeboeffekt, den die Massage beim Einreiben der Zube­reitung und gegebenenfalls die Kühlwirkung erzielen, nicht wegzudisku­tieren. Dennoch gilt die analgetische Wirksamkeit von Diclofenac-, Ibuprofen-, Ketoprofen- oder Piroxicam-Topika als gesichert. Das besagt etwa ein 2015 veröffentlichtes, aktualisiertes Coch­rane-Review, basierend auf 61 Studien zu verschiedenen topischen NSAR mit rund 8500 Studienteilnehmern. Für Indometacin ergab die Vorgänger-Cochrane-Version aus dem Jahr 2010 in den ausgewerteten Studien keine Überlegenheit gegenüber Placebo.

Eine weitere aktuelle Cochrane-Analyse aus dem vergangenen Jahr kommt zu dem Ergebnis, dass der Effekt der Schmerzlinderung von topisch appliziertem Diclofenac sowie von topisch ver­abreichtem Ketoprofen bei Knie­arthrose 10 Prozent über Placeboniveau liegt. Dazu untersuchten die Forscher insgesamt 39 Studien mit 10 631 Teilnehmern, die Verum einmal täglich über sechs bis zwölf Wochen anwendeten. Entscheidend für die Wirkung ist, dass der Arzneistoff bis an die verletzten Strukturen vordringen und dort ausreichend lange wirken kann. Dass sich mit topisch applizierten NSAR in den peripheren Ge­lenken therapeutisch wirksame Konzentrationen erzielen lassen, zeigen etwa Untersuchungen der Arbeits­gruppe um Professor Dr. Christel Müller-Goymann von der Universität Braunschweig. »NSAR penetrieren in die ebenfalls gereizten und schmerzenden periartikulären Regionen um das Gelenk herum und entfalten dort ihre Wirkung«, erklärte sie im Gespräch mit PTA-Forum.

 

Am Ort des Geschehens

Bei der topischen Therapie erreicht man im Gegensatz zur oralen Einnahme die höchste Konzentration der Wirksubstanz an der Applikationsstelle. »Gerade bei peripheren Schmerz­zuständen, also in den Extremitäten, etwa am Sprunggelenk, an Hand oder Fuß, kann man so mit einer topischen Therapie sehr erfolgreich sein, mit gleichzeitig geringer Belastung für den Organismus. Schmerzende Hüftgelenke sind dagegen keine geeigneten Applikationsorte von topischen NSAR, weil der Weg zum gewünschten Wirkort zu weit ist.« Müller-Goymann zitierte Studien, nach denen die Konzentration in der Synovialflüssigkeit von Finger­gelenken nach lokaler Applikation höher als nach peroraler Gabe war. Untersucht wurden Patienten, die vor einer Operation standen.

 

Eine Frage der Galenik

Die Hauptbarriere dafür, dass der Arzneistoff die Haut durchdringt, ist das Stratum corneum, bestehend aus mehreren Lagen abgestorbener Korneozyten, einge­bettet in einer Lipidmatrix. Arylpropionsäure-Derivate wie Ibuprofen und Ketoprofen, Arylessig­säure Derivate wie Diclofenac und Indometacin sowie Piroxicam sind aufgrund ihrer Lipophilie in ihrer undissoziierten Form gut geeignet, um durch die lipophile Barriere­schicht der Haut zu diffundieren.

 

Das Ausmaß und die Geschwindigkeit, mit der der Arzneistoff durch die Haut gelangt (Permeation) hängen nicht nur von den Eigenschaften und der Konzentration des jeweiligen Wirkstoffs, sondern vor allem auch von der galenischen Formulierung ab. Das hat Müller-Goymann mit ihrer Arbeitsgruppe anhand von In-vitro-Ex­perimenten an humanen Stratum corneum-Zellen gezeigt.

 

Großflächig cremen

So zeigen etwa Untersuchungen zur Permeationsfähigkeit von Ibuprofen aus unterschiedlichen Formulierungen, dass Mikrogelformulierungen (doc® Ibuprofen Schmerzgel, dolgit® Mikrogel) O/W-Cremes (ibutop® Creme) überlegen sind. In vivo ist deshalb mit einer schnelleren und effizienteren Schmerzlinderung zu rechnen. Grund für die guten Wirkeigenschaften ist neben der Tatsache, dass der Arzneistoff in gelöster Form vorliegt, die Beschaffenheit des Mikrogels. Zusätze von Dimethylisosorbid, mittelkettigen Triglyceriden und Isopropanol reduzieren die Barriereeigenschaft der Hornhaut für den Wirkstofftransport. Auch zwischen den unterschiedlichen Diclo­fenac-Darreichungsformen (Voltaren® Spray, Schmerzgel, Emugel) gibt es deutliche Unterschiede hinsichtlich der Permeationsleistung.

 

Um eine möglichst gute Penetra­tionsrate zu erzielen, sollte die betroffene Körperstelle großzügig mit einem mindestens so langen Gel- oder Cremestrang versorgt werden wie in der Packungsbeilage angegeben, rät die Technologin. Die Zubereitung sollte großflächig aufgetragen werden. Denn der Wirkstoff penetriere nicht nur in die Tiefe, sondern »spreite« auch lateral durch die Haut.

Ein großer Vorteil der dermal an­zuwendenden NSAR gegenüber der systemischen Therapie: die verminderte Rate sonst häufig auftretender gastrointestinaler Nebenwirkungen wie Magenblutungen, Ulcera und Perfor­ationen. Das liegt daran, dass die topische Applikation geringere Plasmaspiegelkonzentrationen von unter 5 Prozent erzielt als die perorale Einnahme.

 

Verschiedene Untersuchungen der vergangenen Jahre haben den Kenntnisstand über die Wirkweise von traditionellen Arzneipflanzen erheblich erweitert und mit dazu beigetragen, ihre Anwendung auf eine wissenschaftliche Basis zu stellen. So können heute Topika mit Pflanzenextrakten etwa aus Arnika (wie Doc® Arnika Creme, Arnika-Salbe Weleda®) oder Beinwell als ernstzunehmende Alternative zu topischen NSAR sowohl bei stumpfen Sportverletzungen als auch bei Gelenkerkrankungen und Muskelschmerzen gesehen werden.

 

So belegen etwa klinische Studien sowohl für eine Salbe mit Pyrrolizidin-freiem Beinwellkonzentrat aus Blüten und Blättern (wie Traumaplant®) als auch mit Pyrrolizidin-freiem Beinwellwurzelfluidextrakt (wie Kytta®-Salbe f) eine abschwellende, antiinflammatorische und analgetische Wirksamkeit. Und die war gemäß einer Studie mit Erwachsenen, die sich eine unkom­plizierte Sprunggelenksverletzung zugezogen hatten, mit der von Diclofenac-Gel vergleichbar. Traumaplant ist die einzige halbfeste Zubereitung zur Behandlung von stumpfen Sportverletzungen, die auch auf begleitende Schürfwunden aufgetragen werden darf.

 

Alternativen nutzen

Eine gezielte Schmerzlinderung lässt sich auch mit der Fixkombination der drei ätherischen Öle von Pfefferminz, Eukalyptus und Rosmarin (Doloplant®) erreichen. Das im Pfefferminzöl ent­haltene Menthol aktiviert den Kälte­rezeptor TRPM 8 auf der Haut; der Kälte­reiz hemmt die Weiterleitung von Schmerzsignalen ins Rückenmark. Cineol in Eukalyptusöl wirkt der Bildung von Entzündungsmediatoren entgegen und wirkt so antiinflammatorisch. Campher und Borneol aus Rosmarinöl fördern wiederum die Durchblutung, weshalb bereits gebildete Entzündungsmediatoren besser abtransportiert werden können.

 

Sportmediziner vertrauen alternativ auf homöopathische Komplexmittel, etwa die fixe Kombination aus pflanzlichen und mineralischen Extrakten (wie Traumeel® Salbe, Injektion und Tab­letten). Anwendungsbeobachtungen dokumentieren die Wirksamkeit dieses Homöopathikums, so etwa im Vergleich zu NSAR-haltigen Topika. Bei 449 Sportlern mit leichten Sprung­gelenksverletzungen zeigte sich das Homöopathikum einem einprozen­tigen Diclofenac-Gel als ebenbürtig. Nach einer Woche besserten sich die Beschwerden in der Studiengruppe hinsichtlich Schmerz und Mobilität sowohl mit Traumeel®-Salbe als auch dem Diclofenac-Gel um rund 70 Prozent.

 

Damit die Resorption interstitiell eingelagerter Zelltrümmer, also solcher in den Zellzwischenräumen, beschleunigt wird und sich Hämatome und Ödeme schneller auflösen, können hoch dosierte Heparin-haltige Externa (wie Exhirud® Heparin Salbe, Venalitan® Salbe) aufgetragen werden. Als Gelformulierung (wie Vetren® Gel) wirken sie zudem kühlend. Manchen NSAR-haltigen Topika sind Substanzen wie Chondroitinsulfat (wie Mobilat® duoaktiv Schmerzgel) zugesetzt, von dem man sich bindegewebsregenerierende Effekte erhofft. /

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