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Arzneipflanze des Jahres 2007

Hopfen in Bier und Schlaftee

Datum 11.01.2007  12:08 Uhr

Arzneipflanze des Jahres 2007

Hopfen in Bier und Schlaftee

Gerhard Gensthaler, München

Hopfen ist die Arzneipflanze des Jahres 2007. Das gab kürzlich der Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde an der Universität Würzburg bekannt. Bereits seit 1999 küren die Würzburger Fachleute jeweils eine Pflanze zur Arzneipflanze des Jahres. Mit ihrer Wahl für 2007 würdigen sie eine alte Kulturpflanze.

Die Geschichte des Hopfens (Humulus lupulus) in der europäischen Medizin ist sehr wechselvoll. Im Unterschied zu vielen Pflanzen, die Heilkundige seit mehr als 2000 Jahren in Europa einsetzen, könne der Hopfen als relativ junge Arzneipflanze bezeichnet werden, stellt der Arbeitskreis fest. »Die antike Medizin hat ihn jedenfalls nicht benutzt.« Der römische Naturforscher Plinius (gestorben 79 n. Chr.) lobt die jungen Triebe des Hopfens als Delikatesse, erwähnt aber keine arzneiliche Anwendung. Er benannte die rankende Pflanze »lupulus salictarius«. Denn er beobachtete, dass sie an Weiden (salix) hochrankte und diese wie ein kleiner Wolf (lateinisch: lupulus) »verschlang«.

Im Kloster entdeckt

Das gehopfte Bier ist eine Erfindung der Mönche. Vermutlich wird Hopfen dem Bier seit dem 8. Jahrhundert zugesetzt, um das alkoholische Gebräu haltbarer zu machen. Darüber berichten auch die Äbtissin Hildegard von Bingen im 12. und der gelehrte Regensburger Bischof Albertus Magnus im 13. Jahrhundert. Vielleicht wussten diese damals schon, dass Zubereitungen aus dieser Pflanze dämpfend wirken und müde machen. Hildegard schreibt, dass die Pflanze »Melancholie« erzeuge, und Albertus Magnus erwähnt um 1260, dass Hopfen »einen schweren Kopf« verursache.

Im Mittelalter war die arabische Medizin der mitteleuropäischen weit voraus. Die arabischen Ärzte erkannten auch die therapeutische Kraft der zweihäusigen Kletterstaude aus der Familie der Hanfgewächse (Cannabaceae), einer Unterfamilie der Maulbeergewächse (Moraceae). Sie setzten Hopfen ein, um das »Blut zu reinigen« und »Melancholie« zu vertreiben. Daneben empfahlen sie Hopfen bei Asthma, Leber- und Milzleiden, gegen Fieber und Entzündungen. Der in Spanien lebende arabische Autor Abdullah Ibn al-Baytar (1197 bis 1248) berichtet zum ersten Mal von der schlaffördernden Wirkung, die heute wissenschaftlich anerkannt ist.

Doch dieses Wissen ging zunächst verloren, und erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts entdeckten die Ärzte den Hopfen erneut als Schlafmittel. Die Entwicklung ähnele der des Baldrians, stellen die Würzburger Pflanzenkundler fest. Christof Wilhelm Hufeland (1762 bis 1836), einer der bedeutendsten Ärzte an der Wende zum 19. Jahrhundert, zählt Hopfen zu den Beruhigungsmitteln für die Nerven und zu den Bittermitteln, die die Verdauung fördern.

Im 20. Jahrhundert belegten zahlreiche Untersuchungen die aus der Erfahrung gewonnenen Indikationen des Hopfens. Pharmazeutisch verwendet werden die ganzen getrockneten weiblichen Blütenstände, die sogenannten Hopfenzapfen (Lupuli strobulus), und die durch Absieben erhaltenen Drüsenhaare (Lupuli glandula). Wichtige Inhaltsstoffe sind ätherische Öle, Gerbstoffe und Bittersäuren aus der Humulon- und Lupulonreihe. Die Bitterstoffe machen das Bier herb, haltbar und bekömmlich. Weiterhin hemmen sie Bakterien und Pilze, regen den Appetit und die Magensäuresekretion an und wirken beruhigend. Anhänger der Volksmedizin verwenden Hopfenzubereitungen daher als Amarum bei Magenverstimmung und nervösen Magenbeschwerden, früher auch bei Blasenleiden. Außerdem wurde Hopfen als Antiaphrodisiakum für Männer beschrieben.

Qualität aus der Apotheke

Die Hauptdomäne sei der Einsatz als mildes pflanzliches Beruhigungsmittel, meist in Kombination mit Baldrianwurzel, so der Würzburger Arbeitskreis. »Klinische Prüfungen zeigen, dass diese Kombination in der Behandlung von Unruhezuständen und Schlafstörungen sinnvoll ist.« Viele pflanzliche Beruhigungsmittel und Einschlaftees enthalten Hopfen oder daraus gewonnene Extrakte und zusätzlich Baldrian, Passionsblume und Melisse.

Gut zu wissen: Phytopharmaka aus der Apotheke sind ausreichend hoch dosiert, die verwendeten Drogen besitzen Arzneibuchqualität. Nervösen rastlosen Menschen mit Schlafstörungen können PTA oder Apotheker neben den Arzneimitteln auch ein Hopfenkissen empfehlen. Bereits das Einatmen der ätherischen Öle soll beruhigend wirken.

 

E-Mail-Adresse des Verfassers
gerhard.gensthaler(at)t-online.de

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