Lästige Blutsauger |
28.08.2013 13:08 Uhr |
Von Annette van Gessel / In diesem Sommer berichten Medien regelmäßig über Stechmücken, beispielsweise darüber, dass neue Arten in Deutschland heimisch wurden. PTA-Forum befragte dazu Dr. Doreen Werner, die im Projekt »Mückenatlas« die in Deutschland vorkommenden Mückenarten systematisch erfasst. Bei ihrer Arbeit ist sie auf die Unterstützung der Bevölkerung angewiesen.
PTA-Forum: Seit wann erstellen Sie den Mückenatlas für Deutschland? Gab es dazu einen besonderen Anlass?
Werner: Im Rahmen unserer wissenschaftlichen Tätigkeit und Kooperation mit dem Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, dem Friedrich-Loeffler-Institut, erfassen und untersuchen wir Stechmücken in Deutschland. An über 120 Standorten fangen wir die lästigen Blutsauger mit speziellen Fallensystemen. 120 Standorte sind aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Da wir nicht selbst überall in Deutschland zeitgleich aktiv sein können, bieten wir interessierten Bürgern die Möglichkeit, unsere Forschungstätigkeit im Rahmen des Projektes Mückenatlas zu unterstützen, um zum Beispiel detaillierte Hinweise zu Verbreitungskarten der einzelnen Arten zu erhalten. Wie sich Interessierte beteiligen können, erkläre ich später noch genau. Im April 2012 haben wir den Mückenatlas online gestellt und freuen uns über die wirklich rege Beteiligung aller Altersgruppen.
PTA-Forum: Welche Veränderungen stellen Sie bei der Auswertung der eingesandten Mücken fest?
Werner: Wir konnten über unsere Fallen seit 2011 drei Einwanderer nach Deutschland nachweisen: Die Asiatische Tigermücke, Aedes albopictus, die Asiatische Buschmücke, Ochlerotatus japonicus, die neben Populationen in Baden-Württemberg und in Nordrhein-Westfalen nun auch in Niedersachsen angekommen ist, und eine Mücke, für die es keinen deutschen Namen gibt, die Culiseta longiareolata. Auf die Spur kamen wir der Asiatischen Buschmücke in Nordrhein-Westfalen wie auch in Niedersachsen erst durch Einsendungen aus der Bevölkerung.
PTA-Forum: Welche Gefahren gehen aktuell von bestimmten Mückenarten aus?
Werner: Die Asiatische Buschmücke zeichnet sich nicht nur durch ein aggressives Stechverhalten aus, sondern könnte auch verschiedene, zurzeit noch nicht in Deutschland heimische Krankheitserreger übertragen, sollten diese den Weg hierher finden. Aber keine Panik! In Deutschland wurden seit der Ausrottung der Malaria im letzten Jahrhundert keine gesundheitsgefährdenden Fälle von Krankheiten diagnostiziert, deren Erreger hierzulande Stechmücken auf den Menschen übertragen hatten.
PTA-Forum: Gibt es regionale Unterschiede?
Werner: Es gibt Stechmückenarten, die sich an die unterschiedlichsten Lebensräume angepasst haben und deutschlandweit fast überall und während des gesamten Jahresverlaufes vorkommen. Andere Arten kommen nur zu bestimmten Jahreszeiten vor oder benötigen besondere Brutgewässer, die für ihre Entwicklungsstadien geeignete Bedingungen bieten. Aus diesem Grund bevorzugen Mücken bestimmte Gebiete mehr als andere. Voraussetzung ist aber immer, dass es aquatische Bruträume gibt und die fliegenden Mücken sich in schattige Bereiche mit feuchtem Milieu zurückziehen können.
Einige Arten bringen nur eine Generation pro Jahr hervor – meist im Frühjahr, andere entwickeln mehrere Generationen vom Frühjahr bis zum späten Herbst.
PTA-Forum: Wie viele Einsendungen erhalten Sie? Sind Sie mit der Zahl zufrieden oder wünschen Sie sich eine regere Beteiligung?
Werner: Insgesamt haben sich bis jetzt mehr als 4000 Personen am Projekt beteiligt und uns mehr als 9250 Stechmücken eingeschickt. Unberücksichtigt sind hierbei Einsendungen, die Exemplare anderer Mückenfamilien enthielten. Momentan erreichen uns circa 30 bis 50 Einsendungen pro Tag. Für uns zählt jede Mücke, weil jede ein wichtiger Hinweis zur Etablierung gegebenenfalls auch invasiver Arten sein könnte. Deshalb freuen wir uns über jeden, der aktiv am Mückenatlas teilnimmt und uns Mücken schickt.
PTA-Forum: Wie wird man Mückenjäger?
Werner: Mückenjäger kann im Prinzip jeder werden, der sich zutraut, eine Stechmücke vorsichtig einzufangen. Dafür ist es notwendig, das Tierchen unversehrt in einem Gefäß zu erbeuten und danach im Gefrierschrank abzutöten. Das Umschütten in ein kleines Döschen oder eine Schachtel macht dann zusammen mit dem ausgefüllten Einsendeformular die Einsendung perfekt. Jedes Exemplar hält in unsere Referenzsammlung Einzug, sodass wir auch in einigen Jahrzehnten noch belegen können, wo es wann vorkam. Hierfür erhalten die Mücken ein Etikett mit dem Hinweis auf Fundort, Datum und Sammler. Daher ist es für uns wichtig, dass die Mücken unbeschädigt bei uns eintreffen. Unter www.mueckenatlas.de finden Interessierte eine detaillierte Anleitung zum Fangen, Abtöten und Einsenden. /