Maßvoll und bewusst genießen |
28.08.2013 11:50 Uhr |
Von Andrea Pütz / Die meisten Menschen essen regelmäßig und gern Fleisch. Ein leckeres Stück Fleisch bietet nicht nur herzhaften Genuss, sondern auch wichtige Nährstoffe. Allerdings kann ein zu hoher Fleischkonsum der Gesundheit schaden. Die Devise sollte deswegen lauten: Weniger, aber besser.
Immer wieder schrecken Fleischskandale die Verbraucher auf: Gammelfleisch, Dioxin im Tierfutter, Antibiotika in der Tiermast, BSE oder wie zuletzt der Pferdefleischskandal. Statt völlig auf Fleisch zu verzichten, sollte jeder jedoch seinen Fleischkonsum verändern: Weg vom täglichen Verzehr von Billigfleisch, hin zum Genuss von hochwertigem Fleisch an wenigen Tagen in der Woche. Wer hingegen Fleisch zu einem möglichst niedrigen Preis anbieten möchte, muss zwangsläufig in der Tierhaltung sparen. Das führt im Extremfall dazu, dass vor allem Geflügel unter für die Tiere unwürdigen Bedingungen gehalten wird und außerdem unweigerlich zu Qualitätseinbußen sowie zum Aussterben kleinerer Bauernhöfe und Metzgereien.
Laut einer aktuellen repräsentativen Befragung der Universitäten Göttingen und Hohenheim hat sich der Anteil der Vegetarier in Deutschland innerhalb von sieben Jahren verdoppelt. Heute liegt er bei 3,7 Prozent, rund zwei Drittel davon sind Frauen. 13,5 Prozent der Deutschen gaben an, trotz aller Skandale mehr Fleisch zu essen, wenn es billiger wäre. Zwischen diesen Extremen liegen mit 11,6 Prozent die sogenannten Flexitarier, die bewusst selten Fleisch genießen, dafür aber in hochwertiger Qualität. Weitere 9,5 Prozent wollen ihren Fleischkonsum insgesamt reduzieren. Das überzeugende Gesamtergebnis: 60 Prozent der Deutschen sind generell zu einem geringeren Fleischkonsum bereit. Mit steigendem Bildungsgrad und höherem Einkommen nimmt der Fleischkonsum ab, so die Ergebnisse der Studie. Neben Gesundheitsmotiven gaben die Befragten an, für ihre Entscheidung spiele das Wohl der Tiere und der Umweltschutz eine Rolle
Wertvolle Nährstoffe
Ernährungsphysiologisch betrachtet trägt Fleisch vor allem zur Versorgung mit gut verwertbarem Eiweiß sowie B-Vitaminen und anderen wichtigen Mikronährstoffen bei. Fleisch liefert essenzielle Aminosäuren in einem ausgewogenen Verhältnis. Schon 150 g Rindfleisch reichen aus, um den täglichen Bedarf eines Erwachsenen von etwa 0,8 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht zu decken. Hingegen benötigen Leistungssportler mehr Eiweiß, etwa 1,2 bis 1,8 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht. Die These, dass rein pflanzliche Kost zu einem Eiweißdefizit führt, ist mittlerweile wissenschaftlich klar widerlegt. Aminosäuren aus Pflanzen wie Hülsenfrüchte, Sojaprodukte oder Kartoffeln werden, vor allem in bestimmten Lebensmittel-Kombinationen, hervorragend vom menschlichen Körper aufgenommen und verwertet. Nach Ansicht vieler Wissenschaftler fördert ein hoher täglicher Konsum von fettem rotem Fleisch die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und bestimmten Krebsarten wie Darmkrebs. Verantwortlich dafür ist der hohe Anteil an gesättigten Fettsäuren. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt deswegen, Fleisch nur in Maßen zu verzehren, das heißt konkret, Erwachsene sollten nicht mehr als 300 bis 600 Gramm Fleisch und Wurst pro Woche essen.
Aus der Reihe der B-Vitamine ist neben Vitamin B1 (Thiamin), Niacin und Vitamin B6 (Pyridoxin) vor allem das Vitamin B12 hervorzuheben. Als wichtiges Vitamin ist es mitverantwortlich für die Neubildung der sogenannten Myelinscheide. Besonders viel Vitamin B12 enthält Rindfleisch: 100 Gramm liefern 3,8 Mikrogramm. Ein Mangel an Vitamin B12 schränkt die Schutzfunktion der Myelinscheide als eine Art Isolationshülle ein und die Nerven werden geschädigt. Das kann zu Kribbeln, Taubheit und Schmerzen führen. Veganer, die neben Fleisch auch auf Milch und Eier verzichten, sind hier benachteiligt, denn pflanzliche Kost enthält kein Vitamin B12.
Daneben liefert Fleisch wichtige Spurenelemente wie Zink und Selen, die zur Neubildung der Zellen und für antioxidative Schutzprozesse unentbehrlich sind. Fleisch ist zudem eine Quelle für Eisen. Aus tierischen Lebensmitteln kann der menschliche Organismus das Eisen wesentlich besser verwerten als aus pflanzlichen. Vitamin C wie in roten Paprika steigert die Bioverfügbarkeit weiter. Kinder sollten zwei bis drei Fleischmahlzeiten pro Woche essen, damit sie keine (latente) Eisenanämie entwickeln.
Zeichen für Qualität
Fleischeinkauf ist absolute Vertrauenssache. Dabei ist Fleisch aus dem Supermarkt nicht grundsätzlich schlecht und das vom Metzger nicht automatisch gut. Viele Supermärkte beteiligen sich mittlerweile an Qualitätssicherungsprogrammen und bieten Markenfleisch an. Dann besteht Transparenz bezüglich Herkunft und Aufzucht der Tiere sowie über Schlachtung und Zubereitung der Teilstücke. Selbstverständlich hat gute Qualität einen höheren Preis als Billigware. Aber ein- bis zweimal die Woche ein qualitativ hochwertiges Stück Fleisch auf dem Teller dürfte für die meisten Menschen hierzulande bezahlbar sein.
Die Marmorierung, das Safthaltevermögen und die Kühlung beziehungsweise Reifedauer beeinflussen die Qualität und Zartheit des Fleisches. Beim Einkauf kann der Verbraucher allerdings nicht erkennen, wie lange das Fleisch abgehangen ist. Hierzu sollte er den Fachverkäufer befragen. Zartes und saftiges Fleisch ist von feinen Fettäderchen durchzogen, also marmoriert. Liegt es unverarbeitet im eigenen Saft, so deutet dies auf schlechte Qualität hin. Zudem darf das Fleisch nicht gräulich oder schmierig aussehen und keinesfalls süßlich schmecken.
Qualitativ hochwertiges Schweinefleisch können Verbraucher an der hellroten bis roten Farbe und am trockenen Anschnitt erkennen. Nicht nur die Rasse und das Futter der Tiere bestimmen die Schweinefleischqualität, sondern auch Faktoren wie Stress beim Transport und vor der Schlachtung. Unter Stress produzieren die Tiere vermehrt Enzyme und andere Stoffwechselprodukte, die die Qualität des Fleischs beeinträchtigen. Es wird zäh, trocken und hat wenig Aroma.
Zwei Wochen abhängen
Die Qualität von Rindfleisch wird maßgeblich durch Faktoren wie Rasse, Tierhaltung, Fütterung, Transport und Schlachtung sowie Kühlung und Reifung bestimmt. Rindfleisch muss mindestens 14 Tage bei geringer Luftfeuchtigkeit im Kühlhaus abhängen. Bei diesem Prozess verändert sich die Eiweißstruktur, sodass das Fleisch mürbe wird und sein arteigenes Aroma entwickelt. Zartes und saftiges Rindfleisch ist von dünnen Fettadern durchzogen. Ochsenfleisch ist besonders hochwertig. Hochwertiges Kalbfleisch erkennt der Verbraucher an seiner rosa bis hellroten Farbe und der sehr feinfaserigen Struktur. Früher wurde weißes Kalbfleisch besonders hoch geschätzt. Dieses entsteht jedoch nur, wenn die Kälber extrem eisenarmes Futter erhalten, was nicht artgerecht ist.
Beim Lammfleisch spielt die Rasse des Tieres eine untergeordnete Rolle. Entscheidend für die Qualität sind das Alter des Tieres und sein Verfettungsgrad, wie der Fachbegriff lautet Die Fettschicht sollte gleichmäßig und nur etwa drei Millimeter sein. Lammfleisch schmeckt dann am besten, wenn es ein bis zwei Wochen abgehangen ist.
Das angebotene Fleisch von Rind, Schwein und Co. stammt von unterschiedlichen Körperteilen. Da Fettgehalt und Bindegewebsanteil der verschiedenen Teilstücke voneinander abweichen, haben die vielen Stücke eine andere Qualität und daher auch einen anderen Preis. Damit das Fleisch saftig bleibt, sollte die Art der Zubereitung zum Teilstück passen. In Kochbüchern und an der Fleischtheke erhält der Verbraucher Auskunft darüber, welches Teilstück sich für welches Gericht am besten eignet.
Begrenzt haltbar
Fleisch ist ein guter Nährboden für Bakterien und Schimmelpilze und ohnehin leicht verderblich, da die Oberfläche gegen Keime nicht geschützt ist. Aus diesem Grund verdirbt Fleisch wie Hackfleisch oder Geschnetzeltes besonders schnell, sogar bei Lagerung im Kühlschrank meist innerhalb von ein bis zwei Tagen (siehe auch Kasten). Das gleiche Fleisch in größeren Teilstücken ist deutlich länger haltbar. Bei Fleisch wird zwischen Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) und Verbrauchsdatum (»Verbrauchen bis«) unterschieden. Das MHD gibt den Zeitpunkt an, bis zu dem das Lebensmittel in der ungeöffneten Verpackung bei korrekter Lagerung seinen Geschmack mindestens behält und ohne gesundheitliche Bedenken verzehrt werden kann. Mit einem Verbrauchsdatum gekennzeichnet sind leicht verderbliche frische oder abgepackte Fleischsorten wie Hackfleisch. Diese sollten noch am Einkaufstag verbraucht werden. /
Fleisch | Lagerdauer bei + 5° Celsius |
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Hackfleisch | Zubereitung am Einkaufstag |
Gulasch, Geschnetzeltes, Spieße (roh) | 1 Tag |
Innereien, roh | 1 bis 2 Tage |
Braten, Steaks, ganze Stücke (roh) | 3 bis 4 Tage |
Geflügelfleisch, roh | 1 bis 2 Tage |
Brüh- und Kochwurst | 3 bis 5 Tage |
Zubereitetes (durchgegartes) Fleisch | 2 bis 3 Tage |
Quelle: Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen: Fleisch und Geflügel, Online-Information (Stand: Juli 2013)
Zutaten (für 6 bis 8 Personen)
1 kg Roastbeef (roh)
Salz, Pfeffer
4 EL Öl
1 Bund Schnittlauch
10 Radieschen
1 kleiner säuerlicher Apfel
2 Frühlingszwiebeln
200 g Mayonnaise
200 g Schmand
3 EL gehackte Petersilie
1 Prise grobes Meersalz
Zubereitung: Ein Backblech im heißen Ofen bei 160 °C (Umluft 140 °C) auf der mittleren Schiene vorheizen. Roastbeef rundherum mit Salz und Pfeffer würzen. Öl in einer Pfanne
erhitzen. Das Fleisch darin rundherum 5 bis 6 Minuten anbraten. Fleisch mit der Fettseite nach unten auf das heiße Blech legen und circa 40 bis 50 Minuten braten.
Schnittlauch in feine Röllchen schneiden. Radieschen waschen, putzen und sehr fein würfeln (oder grob reiben). Äpfel vierteln, entkernen und fein
Würfeln (oder grob reiben). Das Weiße und Hellgrüne der Frühlingszwiebeln in sehr feine Ringe schneiden. Zwiebeln, Schnittlauch, Radieschen, Äpfel, Mayonnaise und Schmand in eine Schüssel geben. Mit Salz und Pfeffer würzen.
Fleisch in Alufolie wickeln und zehn Minuten ruhen lassen. Danach mit Petersilie und Meersalz bestreuen. Noch warm oder ganz abgekühlt in sehr dünne Scheiben schneiden und mit der Remoulade servieren.
Roastbeef mit Radieschen-Dip
Quelle: essen & trinken – Für jeden Tag Nr. 5/2009, Gruner + Jahr AG & Co KG, Hamburg
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