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Eisen

Niedrige Werte genauer betrachten

28.08.2013  12:09 Uhr

Von Peter Findeisen / Eisenmangel ist der mit Abstand häufigste Mangelzustand bei den Spurenelementen. Nach Schätzungen der WHO sind weltweit zwischen zwei und vier Milliarden Menschen davon betroffen. Da Eisen ein zentraler Baustein des roten Blutfarbstoffs ist, führt schwerer Eisenmangel immer zu Blutarmut (Anämie). Bei Verdacht auf eine Anämie müssen Ärzte echte Mangelzustände von Eisenverteilungsstörungen unterscheiden.

Eisen ist ein lebenswichtiges Spurenelement, das im Körper in zwei Formen vorkommt: als sogenanntes Speicher­eisen und als Funktionseisen. Das Funktionseisen ist vor allem Baustein des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin. Dieses transportiert in den roten Blutkörperchen (Erythrozyten) den Sauerstoff von der Lunge in die Gewebe. Mengenmäßig deutlich geringer findet sich Funktionseisen auch in Myoglobin, dem Sauerstoffspeicher der Muskelzellen und in zahlreichen Enzymen wie den Cytochromen.

Überschüssiges Eisen speichert der Organismus hauptsächlich in Form von Ferritin in der Leber. Bei Bedarf wird das Eisen wieder abgegeben und im Blut an ein Transportprotein (Transferrin) gebunden. So gelangt es zu den Geweben und Zellen. Der Eisengehalt des Körpers eines Erwachsenen beträgt ungefähr 3 bis 4 Gramm. Mit der Nahrung nimmt jeder täglich nur circa 1 bis 2 Milligramm Eisen auf. Im Normalfall besteht jedoch ein Gleichgewicht zwischen Zufuhr und dem täglichen Eisenverlust etwa durch Abschilferung von Zellen. Der Körper nimmt generell nur sehr zurückhaltend Eisen aus der Nahrung auf, da einmal aufgenommenes Eisen nicht aktiv wieder ausgeschieden werden kann. Nur ein kleiner Bruchteil des in der Nahrung enthaltenen Eisens wird in Form von reduziertem Fe2+ resorbiert. Den größten Teil des Nahrungseisens scheidet der Körper in Form von oxidiertem Fe3+ direkt mit dem Stuhl wieder aus.

Echter Mangel oder Verteilungsstörung

Ein Eisenmangel besteht dann, wenn der Körper dauerhaft mehr Eisen benötigt, als ihm zur Verfügung steht. Einen hohen wachstumsbedingten Eisenbedarf haben insbesondere Säuglinge und Kleinkinder. Auch bei Schwangeren besteht durch die erhöhte Erythrozytenzahl der Mutter sowie durch das kindliche Wachstum ein zusätzlicher Bedarf. Der Eisengehalt des Körpers sinkt bei hohen Blut- und damit Eisenverlusten.

Eine verminderte Eisenzufuhr mit der Nahrung kann ebenfalls einen zu niedrigen Eisengehalt verursachen, beispielsweise bei einer streng vegetarischen Ernährungsweise. Selten kann auch die gestörte Eisenaufnahme im Darm, zum Beispiel bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, zu einem Mangel führen.

Die negative Eisenbilanz versucht der Körper zu kompensieren, indem er die Eisenspeicher entleert. Erythrozyten bildet er zunächst in ausreichendem Maße neu. Erst wenn ein Mangel an Funktionseisen entsteht, ist die Erythrozytenneubildung im Knochenmark beeinträchtigt. Eisenmangel führt zu typischen Veränderungen, die unter dem Mikroskop sichtbar werden: Die Erythrozyten sind kleiner als normalerweise und unzureichend mit Hämo­globin gefüllt; Labormediziner sprechen dann von microcytärer, hypochromer Anämie.

Die Symptome eines Eisenmangels sind recht unspezifisch: blasse Haut und Gesichtsfarbe, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Leistungsabfall, erhöhte Infektionsneigung, Einrisse an den Mundwinkeln, brüchige Nägel und Haarausfall.

Eisenverteilungsstörungen ähneln auf den ersten Blick einem Eisenmangel, der microcytären, hypochromen Anämie. In diesem Fall verfügt der Körper jedoch über genügend Eisen, er kann es aber nicht ausreichend aus den Speichern herauslösen und als Funk­tionseisen nutzen. Solche Verteilungsstörungen sind typisch für Patienten mit Tumorerkrankungen oder mit chronisch entzündlichen Erkrankungen wie Rheuma. Ob ein Eisenmangel oder eine Verteilungsstörung vorliegt, lässt sich durch Bestimmung des Ferritins (Speicherform) und des Transferrins (Transportform) herausfinden.

Schließlich kann der Körper auch zu viel Eisen speichern. Bei Patienten mit primärer Hämochromatose führt ein angeborener Defekt des Eisentransporters im Darm zur ungebremsten Eisenaufnahme. Überschüssiges Eisen wird dann in Organen wie Leber und Bauchspeicheldrüse eingelagert und schädigt diese zunehmend.

Eine sekundäre Hämochromatose ist die Folge bestimmter Anämie-Erkrankungen, bei denen die Betroffenen fortwährend Bluttransfusionen, das heißt eisenreiche Erythrozytenkonzentrate, erhalten. Ein Beispiel für eine solche Erkrankung ist die Thalassämie.

Typische Laborwertkonstellationen

Allein das Serumeisen zu bestimmen, reicht in der Regel nicht aus, da der Wert keine Abgrenzung zwischen Eisenmangel und Verteilungsstörung erlaubt. Der Wert kann zudem innerhalb eines Tages abhängig von der Nahrungsaufnahme und der Tageszeit stark schwanken. Eine erniedrigte Ferritinkonzentration ist immer ein eindeutiger Beweis für einen Eisenmangel. Im Gegensatz dazu kann eine erhöhte Ferritinkonzentration neben der Eisenüberladung viele andere Ursachen haben. So steigt der Ferritinwert unabhängig vom Eisenhaushalt bei entzündlichen und malignen Erkrankungen, in der Schwangerschaft sowie bei Lebererkrankungen an und kann einen bestehenden Eisenmangel maskieren.

Referenzwerte

Die aufgeführten Werte dienen nur zur Orientierung, da sie zum Teil stark von der Analysemethode abhängen.

  • Serumeisen: 45–160 μg/dl 1
  • Transferrin (Eisentransport): 200–400 mg/dl
  • Ferritin (Eisenspeicher): 15–400 µg/l
  • Hämoglobin Frauen: 12,3–15,3 g/dl
  • Hämoglobin Männer: 14,0–17,5 g/dl

Erythrocytenindices:

  • Erythrozytenvolumen (MCV 2): 80–96 fl
  • Erythrozytenhämoglobingehalt (MCH 3): 28–33 pg

1 Umrechnungsfaktor: µg/dl x 0,179 = µmol/l

2 Mean Corpuscular Volume (Einheit: Femtoliter (fl), ein Femtoliter ist eine in der Hämatologie gebräuchliche Volumen-Maßeinheit. 1 fl = 10-15 Liter)

3 Mean Corpuscular Hemoglobin (Einheit: Picogramm)

Orale Eisen-Substitutionstherapie

Nur bei einem echten Mangelzustand ist eine orale Eisensubstitution sinnvoll, wohingegen diese bei Eisenverteilungsstörungen kontraindiziert ist. Da nur ein Bruchteil des angebotenen Eisens im Darm aufgenommen wird, dauert die Therapie entsprechend lang. Eisen in reduzierter Form (Fe2+) wird deutlich besser resorbiert als die oxidierte Form (Fe3+). Daher enthalten manche Präparate Ascorbinsäure als Reduktionsmittel. Die nicht resorbierten Eisensalze werden ausgeschieden und färben den Stuhl schwarz. Darauf sollten PTA oder Apotheker Patienten oder Kunden hinweisen.

Die normale Tagesdosis für die orale Eisensubstitution beträgt bei Erwachsenen 150 bis 250 Milligramm Eisen pro Tag, bei Kindern 3 bis 5 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht. Die Tagesdosis wird in der Regel auf drei Teildosen aufgeteilt. Die Patienten sollten sie zwischen den Mahlzeiten einnehmen. Bei gastrointestinalen Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall oder Verstopfung kann die Einnahme während oder unmittelbar nach der Mahlzeit erfolgen. Das mindert zwar die Nebenwirkungen, reduziert allerdings auch die Resorptionsrate, da es zu Wechselwirkungen mit Nahrungsbestandteilen kommt.

Nach vier Wochen überprüft der Arzt die Wirkung der Eisensubstitution: Der Hämoglobinwert sollte gegenüber dem Therapiebeginn um etwa 2 g/dl gestiegen sein. Weitere Kontrollen erfolgen alle vier Wochen bis zur Normalisierung des Hämoglobinwertes. Vier Wochen nach der letzten Eiseneinnahme wird der Arzt noch einmal den Eisenspeicher prüfen. Der Ferritinwert sollte nun bei 100 μg/l liegen.

Weitere wichtige Aspekte als Risikofaktoren

Müssen Patienten langfristig orale Antikoagulantien wie Warfarin oder nicht-steroidale Antiphlogistika einnehmen, kann sich durch chronische gastrointestinale Blutungen ein Eisenmangel entwickeln. Außerdem erhöhen häufige Blutspenden das Risiko für einen Eisenmangel. Durch Entnahme von einem halben Liter Blut wird dem Körper etwa 250 mg Eisen entzogen. Gemäß Transfusionsgesetz darf die jährlich entnommene Blutmenge daher bei Frauen höchstens 2000 ml und bei Männern maximal 3000 ml betragen.

Bei Nachweis eines Eisenmangels muss der Arzt chronisch entzündliche und maligne Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes als Differentialdiagnosen in Betracht ziehen. Diese Tumoren können zu chronischen Blutverlusten führen, zu sogenanntem okkultem Blut im Stuhl. /

E-Mail-Adresse des Verfassers

Peter.Findeisen(at)umm.de

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