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Jonglieren mit zehn Bällen

01.09.2014  14:44 Uhr

Von Maria Pues / Das passiert nicht nur Berufsanfängern: Kaum hat der Kunde die Apotheke verlassen, fällt der PTA die geniale Antwort ein. Dagegen lässt sich etwas unternehmen: Mit einfachen Übungen können PTA lernen, schwierige Situationen und Problem-Kunden in den Griff zu bekommen.

Große Hoffnungen mischen sich mit mehr oder weniger Nervosität bei denjenigen, die nach dem PTA-Examen endlich die ersehnte Stelle in einer öffentlichen Apotheke antreten. Wann hat man sich das letzte Mal so gefühlt? Vielleicht bei der ersten Autofahrt ohne Fahrlehrer? Nein, Autofahren ist viel einfacher. Im Berufsalltag kommt bald meist Bewunderung dazu: für die Kollegin, die mit der einen Hand den Telefonhörer hält, mit anderen die Computertastatur bedient, und Frau Meier, die gerade die Apotheke betreten hat, fröhlich zuruft, dass sie gleich Zeit für sie habe. Sie scheint sich nie aus der Ruhe bringen zu lassen. Und dann hat die Kollegin auch auf jede Frage ganz schnell eine Antwort parat. Hilfe!

Rund 1800 PTA verlassen bundesweit jedes Jahr die PTA-Schulen. Zu wenig, sagen Vertreter der Apothekerkammern und -verbände. Die Bevölkerung wird älter, die gesetzlichen Vorgaben immer strenger. Manche Apotheken warten schon lange darauf, ihren Personalstamm an pharmazeutischen Mitarbeitern aufstocken zu können. Viele frisch gebackene PTA erwartet daher reichlich Arbeit in einem breit gefächerten Aufgabengebiet und manchmal auch der »Sprung ins kalte Wasser«. Kundenwünsche, Kassen- und Privatrezepte, Gesetze und Fachwissen, Zusatzverkäufe und Computer – wie schafft man es, all diese Bälle in der Luft kreisen zu lassen?

Beruhigend: Nicht alle sind Naturtalente. In einem Tagesseminar des Hessischen Apothekerverbandes erläuterten Coach Dr. Andreas Nagel und PTA Birgit Hallmann, worauf es ankommt und wie man es schafft, auch in schwierigen Situationen angemessen und professionell zu reagieren. Natürlich lassen sich knifflige Situationen und problematische Kunden nicht völlig umgehen. Nagels Ziel lautet daher: bestimmte unangenehme Situationen möglichst nur ein einziges Mal erleben. In der Apotheke gibt es davon zwei große Gruppen: fachliche Fragen, auf die man nicht gleich eine Antwort weiß, und Kunden, die neben ihrem gesundheitlichen Problem noch ein persönliches haben – Stresskunden, die beispielsweise ständig nörgeln, einfach niemandem und nichts glauben, denen alles zu teuer ist oder die aggressiv reagieren. Gegen beide Situationen kann man sich wappnen. »Standardsituationen üben«, heißt es im Sport.

Richtig gut beraten

»Die jungen PTA kommen mit ganz viel Fachwissen aus den Schulen«, sagt Birgit Hallmann. Oft werde dort aber zu wenig gelehrt, wie man dies an die Frau oder den Mann bringt. Um Sicherheit im Patientengespräch zu gewinnen, rät sie jungen PTA, sich solche Situationen in Ruhe vorzustellen und zu überlegen, welche Informationen der Patient vor allem benötigt, welche Rückfragen wichtig sind und welche Produkte oder weiteren Tipps sie dem Patienten mitgeben können. Dazu kann die PTA Arzneimittel notieren, die auch tatsächlich in der Apotheke vorrätig sind, um sie bei einer Empfehlung in der Selbstmedikation gleich parat zu haben. Dabei kann sie jeweils von einem konkreten Patientenwunsch ausgehen: zum Beispiel Beschwerden, die gelindert werden sollen oder ein konkreter Präparatewunsch. Wenn die PTA so mit den häufigsten Patientenfragen verfährt, hat sie schnell einen großen Teil der täglichen Beratungssituationen im Griff. Nützlich hierbei sind unter anderem die Behandlungsleitlinien der Bundesapothekerkammer, die auf der Website der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände abrufbar sind.

Auch bei der Abgabe von Arzneimitteln auf Rezept können Berufseinsteiger so verfahren. »Der Anspruch der Kunden ist gestiegen«, sagt Hallmann. »Früher fand Beratung vor allem in der Selbstmedikation statt. Das hat sich geändert.« Auch hier bietet es sich an, mit den in der Apotheke größten Patientengruppen zu beginnen. Dies kann je nach Kundenstamm und pharmazeutischen Schwerpunkten von Apotheke zu Apotheke variieren. In manchen Apotheken überwiegen im Kundenstamm junge Mütter, andere Apotheken stellen überwiegend Zytostatika her. Die Volkskrankheiten Typ-2-Diabetes und Bluthochdruck gehören aber immer zum Repertoire. Hier lauten die wichtigsten Ausgangsfragen: Was muss der Patient bei der Anwendung seines Arzneimittels beachten? Was kann er darüber hinaus für sich tun?

Gesundheitspakete zusammenstellen

Als besonders schwierig empfinden Berufsanfänger – aber nicht nur sie – häufig den Bereich »Zusatzverkäufe«. Das liegt nicht nur daran, dass PTA Arzneimittel und Kundenbedürfnisse genau kennen müssen. Fachwissen und eine gute Fragetechnik sind gleichermaßen gefordert. Manche PTA kann zudem den unternehmerischen Wunsch nach mehr Umsatz mit dem pharmazeutischen Selbstbild nicht gut in Übereinstimmung bringen und fühlt sich, als komme es darauf an, möglichst vielen Patienten möglichst viel zu verkaufen. Hallmann empfiehlt einen Perspektivwechsel. Die Eltern oder den Freund würde man ja nicht nur mit einer Schachtel Halsschmerztabletten nach Hause schicken, wenn sie stark erkältet in der Apotheke Rat suchten, illustriert sie. »Was würde ich ihnen noch empfehlen, damit sie gut versorgt sind?«, würde sich jede PTA vielmehr fragen. Je nach den genauen Beschwerden würde sie überlegen, wie sich diese lindern lassen und entsprechende Produkte empfehlen und zusätzlich Arzneimittel-freie Tipps geben. So lassen sich im Vorfeld ganze »Gesundheitspakete« zusammenstellen, die jeweils aus dem Hauptprodukt und dem Zusatzprodukt mit den entsprechenden Anwendungshinweisen sowie aus zusätzlichen Tipps bestehen.

»Gegen A (das Problem) empfehle ich B (das Arzneimittel), und damit erreichen Sie C (der Nutzen).« Nach diesem einfachen Schema können PTA sich für viele Fragen sinnvolle Lösungen zurechtlegen. Wichtig dabei zu wissen: Kunden interessieren sich meist nicht für eine vorteilhafte Eigenschaft eines Produktes, sondern für den Nutzen, den sie von seiner Anwendung haben. Diesen gilt es daher stets – möglichst kompakt – zu nennen. So entstehen kleine Checklisten, die in regelmäßigen Abständen wiederholt werden können, bis sie »sitzen« und ebenso selbstverständlich angewendet werden wie Blinker und Bremspedal beim Autofahren. Oder um beim Jonglieren zu bleiben: Man muss nicht mehr nach den Bällen sehen. Man weiß trotzdem, wo sich jeder einzelne befindet, wenn man sie kreisen lässt.

Schwierige Kunden

»Schwierige Kunden sind nicht nur in der Apotheke schwierig«, erklärt Nagel. »Sie benehmen sich auch woanders so.« Oft handele es sich um erlerntes Verhalten. Die Betroffenen haben die Erfahrung gemacht, dass sie mit ihrem aggressiven Verhalten erfolgreich sind und damit erreichen, was sie beabsichtigt haben. Doch wie sollen sich PTA verhalten, wenn ein Kunde sich »daneben benimmt«? Keinesfalls sollten sie dies persönlich nehmen, betont Nagel. Ein erster Schritt bestehe darin, den Kunden erst einmal zu akzeptieren, wie er ist. Dazu gehört aber auch, sich selbst zu akzeptieren, wie man ist. Beides kann schwer fallen, ist aber nicht unmöglich. Und es ist der erste Schritt, die Sorgen und Nöte des Patienten, die zu diesem Verhalten beitragen, zu verstehen – der erste Schritt, einen schwierigen Kunden zu »knacken«. Natürlich ist ein schwieriger Kunde eine Herausforderung, aber er ist nur ein kleiner Teil des Berufsalltags, und sollte in Gedanken nicht größer gemacht werden, als er eigentlich ist.

Stattdessen lassen sich auch hier kleine Handlungsleitlinien zurechtlegen. So kann die PTA den ungeduldig zur Tür blickenden, eiligen Kunden fragen, ob er sich mit dem Arzneimittel auskennt. »Achten Sie insbesondere auf…«, eignet sich als Einleitung für eine wichtige, aber kurze Kerninformationen, die auch der Eilige meist noch akzeptiert. Unsicheren, unentschlossenen Kunden sollte sie eine breite Auswahl an Therapieoptionen besser ersparen. Sorgfältiges Nachfragen, um sich ein möglichst differenziertes Bild des Problems machen zu können, und dann eine konkrete Empfehlung, helfen diesen Patienten weiter. Der Schlüsselsatz könnte hier lauten: »In Ihrer Situation empfehle ich Ihnen das!« Reagieren Patienten misstrauisch, sollte die PTA ihre Einwände und ihr Zögern ernst nehmen. Das Gespräch könnte mit der Wendung »Gut dass Sie fragen. Dazu kann ich Ihnen sagen, dass …» fortgesetzt werden, ohne dass aus dem misstrauischen ein ärgerlicher Kunde wird. Mancher Kunde möchte aber auch mit seinem Wissen auftrumpfen. Ihm kann die PTA ein wenig den Wind aus den Segeln nehmen, beispielsweise wenn sie mit »Sie kennen sie ja gut aus« reagiert und fortsetzt mit: »Wissen Sie denn auch, dass…?«.

Nicht alles lässt sich so lösen. Hin und wieder geraten PTA an extreme Kunden, deren Verhalten ihnen die Sprache verschlägt. Was sie sich noch bieten lassen und wo die Grenze liegt, sollten Angestellte daher gelegentlich mit dem Apothekenleiter besprechen und eine Lösungsmöglichkeit beraten. Die kann beispielsweise darin liegen, einen älteren Kollegen oder eine Kollegin hinzuzuziehen oder den Chef zu informieren.

Um Routine zu gewinnen, empfiehlt Nagel, sich kleine Karteikärtchen anzulegen. Auf die Vorderseite kommt die Frage oder Bemerkung des Kunden, auf die Rückseite die Antwort. Morgens und abends je fünf Minuten »Kärtchen lernen« – an der roten Ampel oder beim Zähneputzen, und die Antwort findet sich mit der Zeit automatisch. Selbst »Stresskunden« bringen einen so schnell nicht mehr aus der Ruhe.

Austausch mit anderen

Auch wenn man vieles selbst in den Griff bekommen kann: Wichtig ist auch der Erfahrungsaustausch mit anderen. Das zeigte auch die Diskussion im Seminar. Dabei merkt jeder schnell, dass er mit seinen Sorgen und Nöten nicht allein ist. Schwierige Beratungssituationen und Kunden erscheinen dann nicht mehr als persönliche, selbst verschuldete Probleme. Man erkennt vielmehr, dass sie im Apothekenalltag immer wieder vorkommen und sich professionell lösen lassen. /

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