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Humane Papillomaviren

Gebärmutterhalskrebs vorbeugen und behandeln

04.07.2016  13:34 Uhr

Von Katrin und Tim Schüler / Bildet sich eine Warze im Gesicht, suchen die meisten Menschen den Hautarzt auf. Ähnliche Neubildungen können unbemerkt im Gebärmutterhals entstehen – hier handelt es sich um gefährliche Krebsvorstufen. Daher empfehlen Experten Frauen die regelmäßige Teilnahme an der gesetzlichen Vorsorgeuntersuchung.

Gebärmutterhalskrebs ist eine bös­artige Neubildung von Zellen der Gebärmutter (Uterus). Die Tumoren im Halsbereich (Cervix) des Uterus gelten als die zweithäufigste Krebserkrankung bei Frauen. Mediziner nennen diese Krebsart Cervixkarzinom. Der Gebärmutterhals liegt unterhalb des großen, im Querschnitt dreieckig erscheinenden Gebärmutterkörpers, dessen Abschluss der innere Muttermund bildet. Die Cervix endet im äußeren Muttermund und öffnet sich zum Scheidengewölbe hin. Diesen Kanal begrenzt eine den Uterus stützende dicke Muskelschicht, die von Schleimhaut überzogen ist. Je nach Zyklusphase und Konsistenz ermöglicht oder hemmt der hier gebildete Cervixschleim das Aufsteigen von Spermien.

Im Jahr 2009 wurde abschließend geklärt, dass Humane Papillomaviren (HPV) entscheidend an der Bildung von Gebärmutterhalskrebs beteiligt sind. Papillomaviren können am gesamten Körper Warzen verursachen, aber auch eine Krebserkrankung induzieren. Besonders gefährlich sind Neubildungen im Cervixkanal. Von den zahlreichen HPV-Varianten geht vor allem von den Unterarten HPV-16 und HPV-18 ein sehr hohes Cervixkarzinom-Risiko aus. Die Viren werden fast ausschließlich bei ungeschütztem Sexualverkehr übertragen.

Bei einer Infektion mit HPV-16 oder HPV-18 können durch Veränderungen an den Krebsabwehrgenen, den sogenannten Tumorsuppressorgenen, in der Wirtszelle Krebsvorstufen entstehen. Ärzte bezeichnen diese Vorstufen als cervikale intraepitheliale Neoplasie (CIN). CIN sehen jedoch meist nicht warzenförmig aus, sondern wirken eher wie weißliche Bläschen auf dem äußeren Muttermund.

Die HPV-Infektion ist zwar eine Voraussetzung zur Entstehung eines Cervix­karzinoms, jedoch niemals die einzige Ursache. Wissenschaftler vermuten heute, dass die Viren die infizierten Zellen für schädigende Einflüsse empfindlich machen. Kommen dann andere Faktoren hinzu, kann sich ein Cervixkarzinom entwickeln. Als additive Risikofaktoren gelten: Rauchen, Fettleibigkeit, häufiger Partnerwechsel, früher Beginn der Regelblutung, frühe Aufnahme sexueller Aktivität sowie eine hohe Geburtenzahl.

Ein Cervixkarzinom entwickelt sich in der Regel unbemerkt, denn die Symptome sind relativ unspezifisch. Dazu zählen (Zwischen-)Blutungen, Scheidenausfluss (Fluor genitalis), Blutungen und Schmerzen bei sexueller Aktivität. Cervixkarzinome metastasieren vorwiegend über die Lymphwege in das Bindegewebe des umgebenden Beckenbereiches, im stark fortgeschrittenen Stadium auch über die Blutgefäße vor allem in Richtung Lunge, Leber und Skelettsystem.

Vorsorge nutzen

In Deutschland ist ein umfassendes Vorsorgeprogramm bezüglich des Gebärmutterhalskrebses etabliert. PTA und Apotheker sollten Frauen raten, die empfohlenen Maßnahmen zu nutzen. So können diese ihr Risiko senken, an einem Cervixkarzinom zu erkranken. Eine wichtige Empfehlung ist »Safer-Sex« mittels Kondom, das bei korrekter Anwendung meist vor einer HPV-Infektion schützt.

Seit 2007 steht in Deutschland als spezifische Impfprophylaxe ein HPV-Impfstoff (Gardasil® oder Cervarix®) zur Verfügung. Die Impfung sollte vor dem ersten Geschlechtsverkehr und damit vor dem ersten möglichen Viruskontakt erfolgen. Die Zielgruppe dieser Vorsorgemaßnahme sind deshalb 9- bis 14-jährige Mädchen. Innerhalb von sechs Monaten injiziert ihnen der Facharzt den Impfstoff zwei- bis dreimal intramuskulär. Eine Auffrischimpfung wird nach circa 10 Jahren empfohlen. Über den Nutzen eines späteren Impfzeitpunktes und einer Impfung für Jungen wird derzeit in Fachkreisen diskutiert. Fakt ist: Seit Einführung der Vorsorgemaßnahmen sank bei Gebärmutterhalskrebs die Neuerkrankungsrate in Deutschland um 34 Prozent.

Hochrisiko-Typen erfasst

Die Impfstoffe schützen effektiv vor den Hochrisiko-HPV-Typen 16 und 18 sowie vor den als weniger gefährlich geltenden HPV-Versionen 6 und 11. HPV-6 und -11 sind Verursacher der blumenkohlartigen Feigwarzen (Condyloma accuminata). Diese gutartigen Wucherungen bilden sich oft im Bereich der äußeren Genitalorgane oder der Anal­region, entarten aber selten. Trotz Impfung versterben jährlich circa 1500 Frauen an Gebärmutterhalskrebs. Experten empfehlen deshalb die regelmäßige Teilnahme an der umfassenden Vorsorgeuntersuchung beim Frauenarzt. Ab einem Alter von 20 Jahren können Frauen diese kostenlose Leistung jährlich in Anspruch nehmen.

Ablauf der Untersuchung

Manche Frauen scheuen vor der Vorsorgeuntersuchung zurück, weil sie deren Ablauf nicht kennen. Falls sich im Beratungsgespräch die Gelegenheit ergibt, können PTA oder Apotheker mögliche Ängste abbauen.

Zunächst führt der Frauenarzt ein ausführliches Anamnesegespräch bezüglich der Vorgeschichte. Dann untersucht er den äußeren Genitalbereich und tastet intern die Vagina sowie äußerlich die Sexualorgane ab. Zudem wird der Gynäkologe Abstriche von den äußeren und vor allem inneren Geschlechtsorganen – von Muttermund und Gebärmutterhalskanal – gewinnen. Abgeschilferte Epithelzellen nimmt er mit einer kleinen Bürste, der sogenannten Cytobrush, oder einem speziellen Spatel auf, streicht sie auf einem Objektträger aus und versieht sie mit einem speziellen Farbstoff. Dadurch kann er, teilweise noch in der Praxis beziehungsweise im zytologischen Labor, den Entartungsgrad der Zellen auf einer 5-stufigen Skala prüfen. Dieses Abstrichverfahren wurde nach seinem Erfinder, dem griechischen Arzt George Papanicolaou, »Pap-Test« genannt. Die Methode gilt als Parade­beispiel für eine erfolgreiche Screeningmaßnahme: Seit der konsequenten Anwendung ab 1971 erkranken und sterben deutlich weniger Frauen an Gebärmutterhalskrebs.

Darüber hinaus können die Frauen auch sogenannte individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) durchführen lassen, die sie selbst bezahlen müssen. Dazu zählt der Test auf eine bestehende HPV-Infektion bei Frauen ab 30 Jahren. Der konkrete Nutzen dieses Tests ist derzeit allerdings nicht belegt, da eine HPV-Infektion nicht einer Krebserkrankung gleichzusetzen ist. Alternativ steht das Verfahren der Dünnschichtzytologie zur Wahl, mit dem der Arzt gewonnene Zellen unter dem Mikroskop möglicherweise besser beurteilen kann.

Experten befürworten, dass durch diese Vorsorgeuntersuchung sehr frühe Tumorstadien erkannt werden – meist noch im Stadium der Präkan­ze­rose. Zudem steigen die Heilungs­chancen und die Lebenserwartung der betroffenen Frauen an, wenn die Erkrankung zu diesem frühen Zeitpunkt therapiert wird.

Skeptiker halten diesem Vorteil entgegen, dass die Frau bei einer falschen Diagnose, zum Beispiel bei uneindeutigem Abstrich, eine Zeit lang unnötig behandelt wird, bis der Fehler erkannt ist. Dies kann unter anderem auch psychische Folgen mit sich bringen. Schildert eine Frau in der Apotheke verdächtige Krankheitszeichen, sollte sie umgehend einen Termin beim Arzt vereinbaren und nicht bis zur nächsten Vorsorgeuntersuchung warten.

Ausmaß der Erkrankung

Hat der Gynäkologe während der Vorsorgeuntersuchung ein tumorverdächtiges Areal oder eine CIN identifiziert, wird er den Befund eingehend absichern. Methoden der Wahl sind dabei die erneute vaginale Tastuntersuchung, die Untersuchung der Scheide und des einsehbaren Anteils des Gebärmutterhalses mit einem Kolposkop, ein spezielles Untersuchungsmikroskop, sowie die histologische Betrachtung einer Gewebeprobe, die er durch Ausschabung oder besser Biopsie gewonnen hat. Liegt ein bösartiger Primär­tumor vor, wird im nächsten Schritt durch bildgebende Verfahren untersucht, ob sich beispielsweise in der Lunge oder im Knochen bereits Metastasen gebildet haben.

Therapieoptionen

Ergibt die Vorsorgeuntersuchung eine CIN, so hängt das weitere Vorgehen vom Stadium der Neubildung ab. Bei einer CIN-Entartung ersten Grades empfehlen Ärzte in der Regel kontrolliertes Abwarten in der Hoffnung, dass sich die Veränderung selbstständig zurückbildet. In höheren Stadien entfernen sie kegelförmig das betroffene Gewebe (Technik der Konisation) oder sie zerstören das Gewebe über einen Laser, um damit die Tumorentwicklung zu verhindern. Eine Forschergruppe aus Wien stellte kürzlich erste Behandlungserfolge bei Krebsvorstufen mit dem Trichloressigsäure-Peeling vor.

Ist ein maligner Tumor entstanden, so sind die Heilungschancen gut, wenn das Geschwür auf die Gebärmutter beschränkt ist. Bei (ausgeprägter) Metastasierung hängt die Therapie vom Ausmaß der Tumorerkrankung und persönlichen Faktoren der Patientin ab. Leider kann manchmal nur noch die palliative Variante durchgeführt werden. Eine individuelle Therapieplanung bezüglich der Methoden und Ziele der Behandlung ist stets essenziell für ein optimales Ergebnis. Die operative Methode der Wahl ist die komplette Entfernung des Uterus und je nach Tumorausdehnung auch von Bindegewebsstrukturen des Beckenraums, der Eileiter, des oberen Scheidendrittels und benachbarter Lymphknoten. Allerdings entscheiden sich Ärzte je nach Krankheitsstadium auch für weitaus weniger invasive Operationen, möglicherweise bleibt sogar die Fruchtbarkeit der Frau erhalten.

Die Radiochemotherapie ergänzt die chirurgischen Behandlungsansätze vor (neoadjuvant) und nach (adjuvant) der Therapie. Sie soll bewirken, dass der Tumor besser operabel ist, beziehungsweise das Rezidivrisiko nach der Operation senken. In bestimmten Fällen wenden Ärzte die Radiochemotherapie auch als einzige Behandlungsmethode an. Aktuell wird die Strahlentherapie stets um ein Zytostatikum als Monochemotherapie ergänzt, zum Beispiel um Cisplatin. Hier können PTA und Apotheker durch zusätzliche Informationen bezüglich zu erwartender Nebenwirkungen die Adhärenz der Patientinnen fördern. /

Infomaterial

Damit die Patientinnen möglichst umfassend informiert sind, hält unter anderem die Kassenärztliche Bundesvereinigung eine aktuelle Patienten­information zum Download bereit unter:

www.kbv.de/media/sp/ gebaermutterhalskrebs_kip_kbv.pdf.

Mit dem Apothekenstempel versehen ist diese Broschüre ein gutes Kundenbindungsinstrument.

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