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Blutfettwerte

Das unterschätzte Risiko

Datum 27.09.2013  11:47 Uhr

Von Peter Findeisen / Zu hohe Blutfettwerte sind ein Risikofaktor für Atherosklerose und führen auf Dauer zu Schlaganfall, Herz­infarkt oder peripherer arterieller Verschlusskrankheit. Zu Beginn verursachen sie jedoch keinerlei Beschwerden. Es ist wichtig, erhöhte Blutfettwerte so früh wie möglich durch Laborunter­suchungen zu erkennen, um diese zu therapieren, bevor es zu Atherosklerose kommt. Allerdings lässt sich das Gesundheitsrisiko nicht aus isolierten Laborwerten ablesen. Vielmehr müssen weitere Gefäßrisikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes mellitus und Rauchen ebenfalls berücksichtigt werden.

Häufig treiben ungesunde Lebensgewohnheiten wie zu viel Alkohol und zu fettes Essen, Bewegungsmangel und Rauchen die Blutfette in die Höhe. Aber auch bestimmte Krankheiten wie Diabetes mellitus oder Hypothyreose können die Blutfette erhöhen. Außerdem bedingen genetische Ursachen eine Fettstoffwechselstörung. Diese tritt dann typischerweise familiär gehäuft auf und führt schon bei jungen Menschen zu einer Gefäßerkrankung.

Unterschiedliche Fraktionen

Wenn von Blutfetten die Rede ist, dann denken Laien zuerst an das Cholesterol. Tatsächlich ist Cholesterol wegen seines hohen Gefäßrisiko-Potenzials sehr bedeutsam, doch noch andere Produkte des Fettstoffwechsels wie die Triglyceride und vor allem die Lipoproteine spielen eine wichtige Rolle.

Fette wie Cholesterol und Triglyceride sind nicht wasserlöslich, sodass sie sich im Blut schlecht verteilen. Deshalb werden die Fett-Teilchen (Lipide) in Eiweißhüllen (Proteine) verpackt. Als sogenannte Lipoproteine sind sie nun gut wasserlöslich und können im Blut transportiert werden.

Je nach Zusammensetzung des Lipid- und Proteinanteils unterscheidet man fünf Gruppen von Lipoproteinen mit einer jeweils charakteristischen Dichte und Größe. Aufgrund dieser Eigenschaften lassen sich die verschiedenen Lipoproteinklassen durch Ultrazentrifugation auftrennen. Je größer die Partikel und je geringer ihre Dichte, desto mehr Triglyceride und verhältnismäßig weniger Cholesterol enthalten sie. Die größten Lipoproteine mit dem höchsten Triglyceridanteil sind die Chylomikronen. Sie entstehen in den Zellen der Darmschleimhaut und transportieren die Nahrungsfette von hier aus über die Lymphe und das Blut zur Leber. Dort werden sie in Very Low Density Lipoprotein (VLDL) umgewandelt. Die VLDL dienen hauptsächlich dem Triglycerid-Transport. Je mehr Triglyceride die VLDL abspalten, umso kleiner werden sie. Gleichzeitig steigt der Cholesterolanteil und es entstehen LDL-Partikel (Low Density Lipo­proteine). Die LDL sind für den Cholesteroltransport zu den Gewebezellen zuständig. Durch Andocken der LDL-Partikel an spezifische Rezeptoren auf der Zelloberfläche wird das Cholesterol in die Zelle eingeschleust. Schließlich gibt es noch High Density Lipo­proteine (HDL), welche den höchsten Cholesterolgehalt haben; ihre Aufgabe besteht im Rücktransport von nicht-verbrauchtem, überschüssigem Cholesterol aus der Peripherie zur Leber, wo es in Form von Gallensäuren ausgeschieden wird.

Im Körper erfüllen die Fette vielfältige Funktionen. Während Triglyceride überwiegend als Energiespeicher dienen, wird Cholesterol für den Aufbau von Zellwänden sowie für die Bildung von Gallensäure und Hormonen wie Cortisol, Aldosteron oder Sexual­hormonen benötigt. Cholesterol ist also für den Organismus unverzichtbar. Die Hauptmenge produziert der Körper selbst, nur ein Teil wird über die Nahrung aufgenommen. Dabei hält ein Regelsystem die Cholesterolkonzentration im Gleichgewicht: Wird weniger Cholesterol über die Nahrung aufgenommen, bildet der Körper selbst mehr und umgekehrt.

Gute und schlechte Fette

Überschüssige Fette werden im Blut von Fresszellen (Makrophagen) aufgenommen und in den Arterienwänden abgelagert. Diese Ablagerungen, auch Plaques genannt, führen zu entzündlichen Veränderungen der Gefäßwand und bei weiteren Ablagerungen schließlich zu Gefäßverengungen, bekannt als Atherosklerose.

Als Hyperlipoproteinämie bezeichnen Mediziner ganz allgemein die Erhöhung der gesamten Blutfettwerte. Um das Risiko beurteilen und eine gezielte Therapie beginnen zu können, müssen die Blutfette jedoch labor­diagnostisch weiter in die verschiedenen Lipoproteinfraktionen differenziert werden. Bei einigen Patienten ist nur das Cholesterol erhöht (Hypercholesterolämie), bei anderen sind lediglich die Triglyceride angestiegen (Hypertriglyceridämie). Häufig findet man aber Mischformen, bei denen beide Fette zugleich erhöht sind.

Große epidemiologische Studien haben gezeigt, dass Patienten mit einem erhöhten LDL-Cholesterol besonders häufig an Atherosklerose erkranken. Im Gegensatz dazu ist das Risiko der Patienten mit erhöhtem HDL-Cholesterol nicht erhöht. LDL-Cholesterol wird aus diesem Grund oft auch »schlechtes« Cholesterol genannt, wohingegen das HDL-Cholesterol als »gutes« Cholesterol bezeichnet wird. Ist der Gesamtcholesterolwert eines Patienten erhöht, sollten also im Labor immer auch HDL- und LDL-Cholesterol zur weiteren Risikoabschätzung bestimmt werden.

In der Frühphase einer Atherosklerose sind die Gefäßveränderungen reversibel. Die noch kleinen Plaques können sich unter effektiver Therapie der Hyperlipidämie wieder zurückbilden. Daher ist es wichtig, dass eine Hyper­lipidämie durch Labordiagnostik möglichst früh erkannt wird.

Angestrebte Werte

Die Zielwerte für Cholesterol und Triglyceride sind je nach Art der Grunderkrankung des Patienten und seines individuellen Risikoprofils sehr unterschiedlich. Patienten, die bereits an einer Gefäßerkrankung leiden und schon einen Herzinfarkt oder Schlaganfall überlebt haben, müssen auf relativ niedrige Werte eingestellt werden, um ein erneutes Auftreten einer Gefäßerkrankung zu verhindern (Sekundärprophylaxe). Bei Patienten ohne zusätzliche Gefäßrisikofaktoren und ohne Zeichen einer Gefäßerkrankung können dagegen höhere Zielwerte toleriert werden.

Zielwerte für Blutfette

Fraktion Referenzwert in mg/dl in mmol/l

Gesamtcholesterol < 200 < 5,2

LDL-Cholesterol 100–130 2,6–3,4

HDL-Cholesterol 40–60 1,0–1,6

Triglyceride < 150 1,7

Foto. Fotolia/Alexander Raths

Weiterhin ist zu beachten, dass die Referenzwerte stark altersabhängig sind. Die Cholesterolkonzentration steigt durchschnittlich bis zum 60. Lebensjahr an und nimmt jenseits der siebten Lebensdekade wieder ab. Die im Kasten aufgeführten Zielwerte dienen daher nur der Orientierung.

Solange die Cholesterol-Konzentration unter 160 mg/dl bleibt, ist das Gefäß­risiko sehr gering. Ab einem Spiegel von 200 mg/dl steigt das Atherosklerose-Risiko zunächst mäßig an. Das Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden, verdoppelt sich bei einer Cholesterol-Konzentration von 260 mg/dl; bei einem Wert von 300 mg/dl verdreifacht es sich sogar. Zur genaueren Einschätzung des Risikos müssen Ärzte jedoch immer auch die Konzentration der verschiedenen Cholesterol-Arten (HDL und LDL) heranziehen.

Weitere wichtige Aspekte

Der Patient muss nicht unbedingt nüchtern sein, wenn sein Blutcholesterol gemessen wird, denn kurz zuvor verzehrte Mahlzeiten haben kaum Einfluss auf den Cholesterolspiegel. Wenn jedoch Triglyceride oder Blutzucker mitbestimmt werden sollen, ist eine morgendliche Nüchtern-Messung erforderlich.

Da erhöhtes Cholesterol oder erhöhte Triglyceride im Blut zunächst keinerlei Beschwerden bereiten, bleiben Fettstoffwechselstörungen oft jahrelang unerkannt. Hier kann die Apotheke eine wichtige Rolle übernehmen, indem sie mit dem Angebot der Cholesterolmessung Risikopatienten identifiziert.

Auch bei der Beratung zur Hyper­lipidämie kommen PTA und Apotheker eine wichtige Bedeutung zu. Gelingt es ihnen, den Patienten zu einer Änderung seines Lebensstils zu motivieren, ist eine medikamentöse Therapie unter Umständen gar nicht erforderlich. Gesunde Ernährung zusammen mit mehr Bewegung und Gewichtsreduktion sowie Verzicht auf Rauchen und übermäßigen Alkoholkonsum stehen hier an erster Stelle. /

Test im Internet

Das individuelle Risiko für Gefäß­erkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall lässt sich mit dem von Professor Dr. Gerd Assman und seinem Team erarbeiteten PROCAM-Test in Abhängigkeit zu Hypercholesterolämie, Bluthochdruck, Diabetes mellitus und Rauchen berechnen. Der Online-Rechner (PROCAM Gesundheitstest) ist im Internet zu finden unter www.assmann-stiftung.de/procam-studie/procam-tests/.

E-Mail-Adresse des Verfassers

Peter.Findeisen(at)umm.de

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