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Ebola

Was macht das Virus so gefährlich?

16.09.2014  16:29 Uhr

Von Ulrike Viegener / Tag für Tag veröffentlichen die großen Nachrichtenagenturen neue Meldungen und alle mit derselben Botschaft: Das Ebolavirus ist extrem gefährlich, und die moderne Medizin steht dem Erreger aktuell weitgehend machtlos gegenüber. Wichtig ist jetzt vor allem eins: sachliche Aufklärung.

Fast 2300 Todesopfer hat die derzeit in Westafrika grassierende Ebolaepidemie bereits gefordert. Laut Weltgesund­heits­organisation WHO dürfte deren Anzahl noch weit größer sein, als es die offiziellen Zahlen darstellen. Erstmals von Wissenschaftlern beschrieben wurden Ebolaviren 1976 bei einer Epidemie in der Nähe des kongolesischen Flusses Ebola, der den Viren ihren Namen gab. Es handelt sich um relativ große RNA-Viren, deren Erbinforma­tion in einem Einzelstrang Ribonuk­leinsäure (RNA) gespeichert ist. Außen ist das Virus von einer Hülle umgeben.

Die erste Erkrankungswelle mit der jetzt grassierenden Zaire-Variante wurde in Guinea gemeldet. Von den fünf Spezies des Ebolavirus ist diese Variante die gefährlichste. Mittlerweile hat das Zaire-Ebolavirus die Grenzen nach Liberia und Sierra Leone überschritten.

Sierra Leone hat jetzt mit einer drastischen Maßnahme reagiert: Es wurde eine Ausgangssperre verhängt. Vier Tage lang dürfen die Bürger des westafrikanischen Landes ihre Häuser nicht verlassen. Diese Ausgangssperre soll dazu genutzt werden, Infizierte und ihre Kontaktpersonen zu erkennen und zu isolieren. 20 000 Hilfskräfte – einschließlich Polizei und Militär – sollen dafür sorgen, dass die Bevölkerung das Ausgangsverbot einhält.

Quarantäne als Waffe

Dieses Riesenaufgebot unterstreicht einmal mehr den Ernst der Lage und dokumentiert andererseits die aktuelle Hilflosigkeit im Kampf gegen den Erreger. Hygiene- und Quarantänemaßnahmen sind im Moment die einzigen Waffen, die der modernen Medizin gegen den tödlichen Erreger zur Verfügung stehen.

Komplett vermummte, mit Überdruck-Schutzanzügen und speziellen Atemmasken ausgerüstete Hilfskräfte sind immer wieder in Berichten über Ebola zu sehen. Die Realität vor Ort sieht allerdings anders aus. Die WHO empfiehlt allen Kontaktpersonen, langärmelige Kittel, Handschuhe und Gesichtsschild oder Mundschutz plus Brille zu tragen – aber selbst diese Ausrüstung steht häufig gar nicht zur Verfügung.

Immer häufiger werden jetzt Erkrankungsfälle unter Ärzten und medizinischen Helfern gemeldet. Die Weigerung, Infizierte zu versorgen, könnte sich laut einem Bericht von »Ärzte ohne Grenzen« zu einem relevanten Problem entwickeln.

Die bisherigen Ebolaepidemien hat man mit konsequenten Quarantäne- und Hygienemaßnahmen immer in den Griff bekommen. Aber diesmal scheint das nicht zu funktionieren. Die hohe Zahl der bereits Infizierten macht es nahezu unmöglich, alle Kontaktpersonen als potenzielle Virusträger zu erfassen und zu isolieren.

Multiorganversagen

Infektionen mit dem Ebolavirus verlaufen zu einem hohen Prozentsatz tödlich. Beim Zaire-Ebolavirus, das für die aktuelle Epidemie verantwortlich ist, wird die Sterblichkeit mit 60 bis zu 90 Prozent beziffert.

Das Ebolavirus vermehrt sich in fast allen Körperzellen und ruft das sogenannte hämorrhagische Fieber hervor: hohes Fieber, das begleitet wird von Blutungen (Hämorrhagien) der Haut und Schleimhäute sowie der inneren Organe. So treten beispielsweise an den Nieren bedrohliche Funktions­störungen mit einer Vielzahl von Symptomen auf. Ödeme, Krämpfe, Lähmungen, Durchfall und Erbrechen gehören zum klinischen Bild. Die Patienten sterben an kardiopulmonalem Schock und Multiorganversagen.

Zuerst Grippesymptome

Da die Virusinfektion unspektakulär mit grippeähnlichen Symptomen beginnt, werden Infizierte oft sehr spät erkannt und isoliert. Die Inkubationszeit zwischen Infektion und Krankheitsausbruch ist abhängig von der Erreger­konzentration und wird mit 2 bis 21 Tagen angegeben, wobei in den meisten Fällen von 8 bis 10 Tagen auszugehen sei, so Experten. Während der Inkubationszeit scheint keine Ansteckungsgefahr zu bestehen.

Als natürliches Reservoir der Erreger stehen aktuell vor allem Flughunde im Verdacht. Von dort befallen die Viren vermutlich andere Wildtiere, und über diese infiziert sich schließlich der Mensch. Ist dieser Schritt erst einmal vollzogen, erfolgt die weitere Ausbreitung von Mensch zu Mensch: entweder durch direkten Körperkontakt mit Personen, die am Ebolafieber erkrankt oder gestorben sind, oder durch Kontakt mit virusbelasteten Körperflüssigkeiten.

Übertragung durch Blut

Alle Körperflüssigkeiten beziehungsweise Ausscheidungen eines Infizierten – Blut, Speichel, Sperma, Urin, Kot, Erbrochenes – sind mit dem Virus verseucht. Daher sind sie potenzielle Infektionsquellen. Vorrangig erfolgt die Übertragung durch Blut, während die sexuelle Übertragung eine untergeordnete Rolle zu spielen scheint. Wegen der äußeren und inneren Blutungen, die für das klinische Bild des Ebolafiebers typisch sind, ist die Gefahr einer Übertragung des Erregers auf Kontaktpersonen enorm groß.

Nicht abschließend geklärt ist die Frage, ob das Virus auch mit der Atemluft übertragen wird. Laut Experten des Robert Koch-Instituts gibt es dafür bislang keine Hinweise. Ganz auszuschließen sei dieser Infektionsweg aber nicht. Speicheltröpfchen beim Husten sind offenbar in der Lage, einen anderen Menschen zu infizieren.

Außerhalb des Körpers bleiben Ebolaviren einige Tage infektiös, sodass auch eine Infektion durch kontaminierte Gegenstände möglich ist. So kam die erste dokumentierte Ebolaepidemie durch verseuchte Injektionsnadeln zustande, weil in der betroffenen Krankenstation für alle dort versorgten Patienten nur fünf Nadeln zur Verfügung standen!

Bei der im Moment zu beobachtenden schnellen Ausbreitung spielen auch afrikanische Totenkulte eine wichtige Rolle. Einfachste Hygieneregeln im Umgang mit Lebenden und Toten, die im Kampf gegen Ebola sehr wichtig sind, lassen sich in der Bevölkerung nur schwer durchsetzen. Dabei könnte – wie kritische Stimmen argumentieren – auch die Tatsache relevant sein, dass ausländische Helfer in angst­ein­flößender Schutzausrüstung anrücken, während der einheimischen Bevölkerung vermittelt wird, simple Hygienemaßnahmen seien effektiv.

Forschung auf Hochtouren

Eine gezielte Therapie gegen das Ebolavirus gibt es bislang nicht. Ribavirin, das bei anderen RNA-Viren mit Erfolg an­gewendet wird, zeigt beim Ebolafieber keine Wirkung. Aktuell können die Erkrankten nur symptomatisch behandelt werden, wobei der Stabilisierung des Flüssigkeits-, Elektrolyt- und Glukosehaushalts eine besondere Bedeutung zukommt.

Die Forschung auf der Suche nach einer kausalen Therapie läuft auf Hochtouren. Große Hoffnungen werden im Moment auf ein – nicht zugelassenes – Serum namens ZMapp gesetzt, das drei verschiedene Antikörper enthält. Bei mit Ebola infizierten Affen, bei denen die Krankheit bereits ausgebrochen war, hat das Medikament offenbar zur Heilung geführt. Auch zwei amerikanische Ärzte wurden mit ZMapp behandelt und sollen innerhalb weniger Stunden gut auf das Medikament angesprochen haben.

Im September ist in den USA eine erste klinische Studie mit dem Impfstoff mit der Kurzbezeichnung »VRC 207« angelaufen, der an 20 gesunden Probanden auf seine Verträglichkeit hin untersucht werden soll. Diese Vakzine besteht aus einem für den Menschen ungefährlichen Schimpansen-Adenovirus, dem Forscher gentechnisch ein Ebolavirus-Protein eingepflanzt haben.

Keine Reisen in Risikogebiete

Die Gefahr einer Einschleppung des Virus nach Europa schätzen Experten derzeit als sehr gering ein. Das – wie kürzlich im Nachrichtenmagazin »Der Spiegel« geschehen – Durchspielen von Szenarien, an welchen Knotenpunkten des internationalen Flugverkehrs das Virus in Europa landen könnte, trägt unnötig zur Verunsicherung bei.

Fakt ist: In Deutschland rät das Auswärtige Amt dringend von Reisen in die Risikogebiete Westafrikas ab. Lässt sich eine solche Reise nicht vermeiden, und besteht der Verdacht einer Ebolainfek­tion, ist umgehend ein Arzt zu konsul­tieren. Für den Fall des Falles stehen Sonder­isolierstationen in verschiedenen deutschen Kliniken zur Verfügung. /

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