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Impfschutz für Erwachsene

Zeit für den Griff zum Impfpass

16.09.2014  16:29 Uhr

Von Thomas Kresser / Ehemals verbreitete Krankheiten wie Pocken, Polio oder Masern gelten laut WHO dank konsequenter Impfprogramme als fast oder vollständig ausgerottet. Doch gerade diese Erfolge erhöhen das Risiko für ein erneutes »Aufflammen«: Ihr Verschwinden lässt vergessen, dass die schützende Herdenimmunität gegen eine Krankheit nur garantiert ist, wenn viele Menschen geimpft sind und diese Impfungen regelmäßig auffrischen.

Was passiert, wenn die Durchimpfungsrate zu niedrig ist, zeigt der sprunghafte Anstieg von Masern­erkrankungen im Jahr 2013: Gegenüber dem Vorjahr erhöhte sich die Zahl um mehr als das Zehnfache auf über 1700 Fälle. Zwar gab es in den Vorjahren auch immer wieder deutliche Sprünge, doch wären diese bei einer ausreichend hohen Impfquote wahrscheinlich vermeidbar gewesen. Um die schützende Herdenimmunität zu gewährleisten, müssen 95 Prozent der Bevölkerung geimpft sein. Diese schützen dann nicht nur sich selbst, sondern auch die verbleibenden 5 Prozent, die aus verschiedenen Gründen nicht geimpft werden können.

STIKO-Empfehlungen

Deswegen sollten PTA und Apotheker Erwachsene im Beratungsgespräch auf die Notwendigkeit eines ausreichenden Impfschutzes hinweisen. Fehlende Impfungen, die normalerweise im Säuglings- und Kindesalter durchgeführt werden, können Erwachsene nachholen. Aktuell empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut Erwachsenen neun Standardimpfungen. Sie können als Einzel- und Kombinationsimpfstoffe verabreicht werden. Den Impfschutz überprüft der Arzt auf Wunsch mithilfe des Impfpasses.

Tetanus

Die Tetanus-Impfung empfiehlt sich für Erwachsene, die nicht oder unvollständig grundimmunisiert sind oder deren letzte Auffrischung mehr als zehn Jahre zurückliegt. Sie schützt vor Tetanus (Wundstarrkrampf), der durch das Bakterium Clostridium tetani ausgelöst wird. Diese Bakterien gelangen über verunreinigte Wunden in den Körper.

Infizierte entwickeln binnen weniger Tage bis Wochen (selten auch Monate) Symptome wie Abgeschlagenheit, Unruhe oder Kopfschmerzen sowie Kribbeln und Taubheitsgefühle im Bereich der Wunde. Nach kurzer Zeit können sich schmerzhafte Krämpfe im Kiefer, Kehlkopf oder in der Brustmuskulatur, aber auch in anderen Muskelgruppen entwickeln.

Diphterie

Für die Diphterie-Impfung gilt gleiches wie für die Tetanus-Impfung: Erwachsene können eine fehlende oder unvollständige Grundimmunisierung nachholen. Liegt die letzte Auffrischung mehr als zehn Jahre zurück, muss erneut geimpft werden. Die Impfung schützt vor den Folgen einer Infektion durch das Corynebacterium diphteriae, das durch Niesen oder Husten, seltener durch direkten Kontakt über die Haut übertragen wird. Ohne Impfschutz können sich nach wenigen Tagen feste Beläge in Nase, Rachen oder Luftröhre bilden, die die Atemwege derart verschließen, dass Tod durch Ersticken droht. Die Bakterien scheiden Toxine aus, die innere Organe irreversibel schädigen können und zu Lähmungen oder Herzversagen führen.

Polio

Der Polio-Impfstoff besteht aus inak­tivierten Polio-Viren, die in den Muskel injiziert werden. Er hat den Lebend­impfstoff abgelöst, der bis in die 1990er-Jahre verwendet wurde und in seltenen Fällen die schwere Impfkomplikation Vakzine-assoziierte-paralytische Poliomyelitis verursacht hat. Die Impfung schützt vor der Infektion mit Polio-Viren (Kinderlähmung). Die Viren gelangen über Schmier- und Tröpfcheninfektionen sowie durch kontaminiertes Trinkwasser in den Körper. Rund 5 Prozent der Infizierten entwickeln grippeähnliche Symptome wie Fieber oder Halsschmerzen. In seltenen Fällen kommt es zu Lähmungen in Arm- oder Beinmuskulatur. Auch die Sprech-, Schluck- oder Atemmuskulatur kann betroffen sein.

Masern

Früher galten die Masern als typische Kinderkrankheit, während heute mehr als die Hälfte der Masernfälle Jugend­liche und junge Erwachsene betreffen. Die STIKO empfiehlt seit 2010 die Masern-Impfung allen Erwachsenen, die nach 1970 geboren sind und bisher nicht oder nur einmal gegen Masern geimpft wurden. Diese Empfehlung richtet sich insbesondere an diejenigen Erwachsenen, die im Gesundheitsdienst oder in Gemeinschaftseinrichtungen arbeiten. Auch die Betreuung stark geschwächter Personen macht eine Impfung sinnvoll.

Röteln

Die STIKO empfiehlt die Röteln-Impfung allen Frauen im gebärfähigen Alter, die noch nicht oder nur einmal in der Kindheit immunisiert wurden. Auch sollten sich Menschen impfen lassen, die in Kinderheilkunde, Geburtshilfe und der Betreuung Schwangerer tätig sind. Der Grund: Erkrankt eine ungeschützte Schwangere in den ersten zwei Monaten der Schwangerschaft, tritt bei neun von zehn Ungeborenen eine Rötelnembryopathie mit schweren Folgeschäden auf.

Keuchhusten

Ihre Grundimmunisierung gegen Pertussis können Erwachsene durch eine einmalige Impfung nachholen. Frauen im gebärfähigen Alter sollten ebenso geimpft sein wie Menschen, die im Gesundheitsdienst oder in Gemeinschaftseinrichtungen wie Altenheimen oder Kindergärten arbeiten.

Die Impfung schützt vor Keuch­husten, dessen Erreger durch Husten oder Niesen übertragen werden. Das typische Symptom ist wochen­langer, unspezifischer Husten. Etwa 25 Prozent der Infizierten nehmen ab, brechen sich Rippen und die Leisten oder erkranken an einer Lungenentzündung.

Grippe

Die jährliche Impfung gegen Influenza ist für Menschen ratsam, bei denen das Risiko eines schweren Verlaufs erhöht ist. Hierzu zählen Menschen, die älter als 60 Jahre alt sind, Schwangere sowie Erwachsene, deren Immunsystem wegen chronischer Krankheiten, zum Beispiel Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder HIV, geschwächt ist. Hinzu kommen Bewohner von Alten- und Pflege­heimen oder Menschen, die an ihrem Arbeitsplatz häufig Publikumsverkehr haben oder im Gesundheitsdienst beschäftigt sind. Auch Menschen mit Kontakt zu Geflügel und Wildvögeln sollten sich impfen lassen.

FSME

Die Impfempfehlung bei FSME beschränkt sich auf Baden-Württemberg, Bayern, den Süden von Hessen und Thüringen sowie bestimmte Regionen in Rheinland-Pfalz und im Saarland. Das Robert Koch-Institut veröffentlicht jedes Frühjahr eine aktualisierte Karte der FSME-Risikogebiete. Die Empfehlung gilt für Menschen, die sich dort von April bis November häufig und lange in der Natur aufhalten, zum Beispiel Camper, Forstarbeiter oder Beschäftigte in der Landwirtschaft. Die Impfung schützt vor Frühsommer-Meningo­enzephalitis (FSME), die in etwa 10 Prozent der Fälle zu Entzündungen von Gehirn, Gehirnhäuten und Rückenmark führen kann.

Pneumokokken

Die Pneumokokken-Impfung richtet sich an Erwachsene, die älter als 60 Jahre alt sind oder deren Immunsystem geschwächt ist, zum Beispiel wegen einer Erkrankung oder einer Organtransplantation.

Eine einmalige Impfung reicht aus. Die Infektion mit Pneumokokken kann zu schweren Erkrankungen wie Hirnhautentzündung oder Blutvergiftung führen. Sie ist für einen Großteil der bakteriellen Lungenentzündungen verantwortlich.

Nutzen und Risiken

Als typische Beschwerden einer Impfung treten Rötungen, Schwellungen und Schmerzen an der Impfstelle auf. Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen können hinzukommen. In der Regel klingen die Beschwerden nach wenigen Tagen ab. Schwerwiegende unerwünschte Arzneimittelwirkungen nach einer Impfung sind nach Angaben des Robert Koch-Instituts sehr selten.

Die geringen Risiken einer Impfung stehen daher in keinem Vergleich zur Schutzfunktion gegen eine Vielzahl potenziell schwerer Erkrankungen. Über die Standardimpfungen hinaus können weitere Impfungen erforderlich sein, etwa bei Fernreisen. PTA und Apotheker können zu einem umfassenden Impfschutz beraten und zu einer baldigen Auffrischung oder Ergänzung des Impfschutzes motivieren. /

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