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Operationen

Schön durch das Skalpell

03.07.2015  11:05 Uhr

Von Inga Richter / Es ist längst keine Seltenheit mehr, sich im Zeichen der Schönheit operieren zu lassen. Das negative Empfinden aufgrund eines körperlichen Makels wiegt in manchen Fällen schwerer als die Furcht vor dem Operationstisch. Bei Vorerkrankungen oder übersteigerten Erwartungen raten Mediziner aber von einem Eingriff ab.

Schöne Menschen sind sozial kompetenter. Sie geben die besseren Ehepartner ab, haben bessere Jobs und leben somit privat und beruflich glücklicher. Das zumindest glaubten die Teilnehmer einer Studie, die nach Vorlage der Fotos von gutaussehenden, durchschnittlich oder weniger attraktiven Personen deren Lebensumstände einschätzen sollten.

Ähnliche Untersuchungen der Attraktivitäts­forschung bestätigen seit Jahrzehnten: Wir beurteilen andere Menschen oft nach ihrem Aussehen. Hübscheren Menschen werden positivere Charakter­eigenschaften zuge­sprochen, und wer nett anzusehen ist, hat bessere Chancen – sei es bei der Partnerwahl oder im Bewerbungsgespräch.

Großer Leidensdruck

Die Vermutung liegt nahe, dass deshalb immer mehr Menschen die Möglichkeiten der modernen Medizin nutzen, um sich einem gewissen Schönheitsideal anzunähern. Doch sei das nicht der Grund, erklärt Dr. Sven von Saldern, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie (DGÄPC). Im Gegensatz zu dem von Stars und Sternchen medial aufbereiteten Schönheitswahn stecke bei den meisten Menschen ein großer Leidensdruck dahinter. »Da ist beispielsweise die Mutter von mehreren Kindern, die sich schämt, ihre Bikinis in der Kinderabteilung kaufen zu müssen und am Badesee schwimmen zu gehen.« Auch sei es zum Beispiel belastend, wenn sich die Bauchdecke nach den Schwangerschaften nicht richtig zurückgebildet hat. Andere wiederum leiden unter einem müden, mürrischen Gesichts­ausdruck, den ihnen Schlupflider oder Tränensäcke bescheren. Und wenn Kinn, Bauch, Brust oder Beine durch eine Fettabsaugung wieder straffer aussehen, fühlen sich die Betroffenen wesentlich wohler. »Meistens geht es um eine Wiederherstellung eines vorherigen Zustandes«, so von Saldern, nur selten um eine rigorose Veränderung des Äußeren.

Brust-OP auf Platz 1

Allein in Deutschland wurden im Jahr 2013 etwa 343 500 chirurgische Eingriffe aus ästhetischen Gründen durchgeführt. Damit rangiert die Bundesrepublik nach Brasilien, den USA und Mexiko zahlenmäßig auf Platz 4. »Die größte Anzahl der Eingriffe machen seit Jahren Brustvergrößerungen aus«, sagt der Facharzt. Im vergangenen Jahr hätten hochgerechnet etwa 20 000 Frauen ihre Brüste aus ästhetischen Gründen vergrößern lassen, weitere 30 000 hätten sich einer Rekonstruktion nach einer Krebsoperation unterzogen. Die Zahlen entstammen einer Hochrechnung aus regelmäßig durchgeführten Befragungen der DGÄPC von durchschnittlich 1200 bis 1500 Patienten. Der Skandal um die defekten Silikon-Brustimplantate der französischen Firma PIP im Jahr 2011 habe nur zu einem geringen Einbruch geführt, so von Saldern. Allerdings würden sich seitdem immer mehr Frauen für Implantate aus Eigenfett entscheiden.

Männer unterm Messer

Die Befragungen liefern noch weitere Zahlen: So sind nach wie vor etwa vier von fünf OP-Patienten weiblich. Doch der Wunsch nach einer Korrektur des Äußeren geht auch an den Männern nicht vorbei. Früher hätten sich die meisten Männer die Nase korrigieren lassen. Heutzutage stehen Lidstraffungen und Fettabsaugungen auf der Prioritätenliste der Herren. Gerne lassen sich beide Geschlechter auch durch eine Botox-Behandlung oder Faltenunterspritzung ein paar Jahre verjüngen. »Jeder Eingriff ist mit Risiken und einer finanziellen Belastung verbunden«, sagt von Saldern. »Ohne Leidensdruck würde das kaum jemand in Kauf nehmen.«

Die potenziellen Komplikationen sind die gleichen wie bei jeder Operation (siehe Kasten). Während gesundheitlich bedingte Eingriffe aber meist nicht zu umgehen sind, sollten sich die Patienten vor einer Schönheits-Behandlung ohne medizinische Indikation umso genauer überlegen, ob sie die Gefahren in Kauf nehmen wollen. In Beratungsgesprächen erfahren sie beispielsweise, dass Raucher und Menschen mit chronischen Erkrankungen wie Diabetes, Asthma, Herz-Kreislauferkrankungen oder Allergien im Operationssaal stets ein erhöhtes Risiko tragen. »Bei Patienten mit schweren Gerinnungsstörungen, also Blutern, oder solchen, die gerinnungshemmende Medikamente einnehmen müssen, ist ebenfalls eine ausgesprochen sorgfältige Nutzen-, Risiko-Abwägung erforderlich«, sagt von Saldern. Kritisch zu sehen ist auch eine Brustoperation, wenn innerhalb der Familie bereits Brustkrebs aufgetreten ist.

Die zehn häufigsten kosmetischen Eingriffe bei Männern und Frauen im Jahr 2014, nach der Patientenbefragung der DGÄPC

Korrektur Verfahren Dauer, Narkose Rekonvaleszenz
Brustvergrößerung
(15,4 %)
Einsetzen von Implantaten bis 120 Min.; Vollnarkose bis 8 Wochen spezieller BH; mind. eine Woche schonen
Augenlidkorrektur
(14,6 %)
Entfernung von überschüssiger Haut, darunter liegenden Muskelstreifen, Fettgewebe 30 Minuten je Lid; örtliche Betäubung nach 2 Stunden können Patienten nach Hause
Botulinumbehandlung
(12,6 %)
Reduzierung der Aktivität jener Muskeln, die die störenden Falten verursachen 10 bis 30 Min.; ambulant
Fettabsaugung
(11,4 %)
An Kinn, Oberamen, Oberschenkeln, Taille et cetera je nach Fläche 20 min. bis 3 h 24-stündige Begleitung wegen der Medikamente
Fillerbehandlung
(10,9 %)
Faltenunterspritzung mit Füllmaterialien, zum Beispiel Hyaluronsäure bis zu 30 min; ambulant
Bruststraffung
(7,7 %)
Straffung erschlaffter oder hängender Brüste bis 180 min.; Vollnarkose Stütz-BH; Klinikaufenthalt bis zum Entfernen der Drainagen; zu Hause 3 Wochen Schonung
Straffungen
(5,6 %)
Stirnlifting Glättung oberer Gesichtspartien, Straffung der Gewebsschichten bis 1,5 h; Dämmerschlafnarkose 1 Tag Klinikaufenthalt
Facelift Straffung der Gesichtshaut 2 bis 5 h; Dämmerschlaf mit Lokalanästhesie oder in Vollnarkose unterschiedlich
Halsstraffung Entfernung von überschüssigem Fett unter dem Kinn oder hängende Hautpartien 2 bis 5 h; Dämmerschlaf mit Lokalanästhesie oder Vollnarkose
Nasenkorrektur
(5,2 %)
Meist kleine Einschnitte in die Nasenschleimhaut; bei Verkleinerung der Nasenflügel oder Verkürzung der Nasenspitze Schnittführung von außen 60 bis 120 min.; meist Vollnarkose 1 bis 2 Nächte; starke Schonung
Bauchdeckenstraffung
(5,1 %)
Entfernen eines extremen Hautüberschusses bis 3 Stunden; Vollnarkose 1 Tag Bettruhe, bis 4 Tage Klinikaufenthalt; bis zu 3 Wochen schonen
Intimkorrektur
(4,1 %)
Schamlippen-
verkleinerung, Vaginal-
verengung oder Penisvergrößerung
meist ambulant, örtliche Betäubung; je nach Umfang auch Vollnarkose bei Vaginalkorrektur Klinikaufenthalt

Verjüngende Wirkung

Ohne derartige Faktoren und Risiken jedoch gelten Brustvergrößerungen als relativ unkomplizierte Eingriffe. Bei auffälligen Asymmetrien übernimmt unter Umständen die Krankenkasse die Kosten. Genauso bei Brustverkleinerungen, wenn große Brüste zu Haltungsfehlern, Rücken- und Nackenschmerzen führen. Vergleichsweise risikoarm verlaufen auch Lidstraffungen, die bei Frauen Platz 2 auf der Liste der Top-Schönheits-OPs belegen. Dabei entfernen die Chirurgen durch Einschnitte am Ober- oder Unterlid überschüssiges Gewebe, welches Schlupflider oder Tränensäcke bildet. Eine solche Lidkorrektur soll eine verjüngende Wirkung auf die Gesamtausstrahlung des Gesichts bewirken. Der Eingriff wird meist ambulant und mit örtlicher Betäubung durchgeführt und dauert etwa 30 Minuten pro Lid. Der Effekt hält etwa acht bis zehn Jahre an.

Auch hier könnten Krankenkassen sich unter bestimmten Voraussetzungen an den Kosten beteiligen, wenn die Haut der Schlupflider so über die Wimpern hängt, dass das Sichtfeld eingeschränkt wird. Das kommt allerdings selten vor, sagt von Saldern. Und falls doch, beträfe eine mögliche Kostenübernahme nur die Hautentfernung, nicht aber die weiteren notwendigen Maßnahmen der Operation: »Solche Mischkalkulationen aus erstattungsfähigen und selbst zu tragenden Kosten sind häufig.«

Schwierige Nasenkorrektur

Nasenkorrekturen können ebenfalls aus ästhetischen Gründen erwünscht oder aus funktionellen Gründen ratsam sein. Unabhängig davon, ob eine Höcker-, Breit oder Ballonnase die Proportion des Gesichtes stört oder eine schiefe Nasenscheidewand das Atmen erschwert: Nasenkorrekturen gehören zu den schwierigen Operationen, da die unterschiedlichen Gewebestrukturen aus Knochen, Knorpeln, Bändern, Muskeln, Haut, Schleimhaut und Bindegewebe nicht verletzt werden dürfen. Nach dem Termin müssen die Patienten längere Zeit sehr auf sich achten. Bis zu 14 Tage wird das Riechorgan in einem Gips verpackt oder mit Pflasterstreifen fixiert. Ein Kostenzuschuss durch die Krankenkassen ist hierbei im Falle einer funktionellen Beeinträchtigung wie der genannten schiefen Nasenscheidewand möglich.

Zu den komplizierteren Eingriffen zählt auch das Lifting von Gesichtspartien. Einerseits sei der ästhetische Anspruch an ein perfektes Antlitz am höchsten, so von Saldern. »Außerdem arbeitet man nahe an sämtlichen Gesichtsnerven und sollte sich wirklich gut auskennen, um nichts kaputt zu machen.«

Einen guten Arzt finden

Jeder Arzt, mit Ausnahme eines reinen Zahnarztes, darf dem deutschen Verfassungsgericht zufolge eine Schönheitsoperation oder -behandlung durchführen. Nicht alle verfügen aber über die gleiche Qualifikation. Als Hilfestellung für den korrekten Ablauf des Beratungsgespräches bietet der Internetauftritt der DGÄPC Checklisten an, die sämtliche erforderlichen Fragestellungen zu jeder einzelnen Operation oder Behandlung enthalten. Setzt sich der Mediziner mit der Vorgeschichte und den Beweggründen auseinander? Informiert er über das Vorgehen, die möglichen Risiken, die Vor- und die Nachbehandlung? Klärt er über verschiedene Möglichkeiten auf? Sorge bereiten den Mitgliedern der DGÄPC die Dumpingpreise einiger Anbieter: »Man kann nicht dieselbe Qualität und intensive Nachsorge zum halben Preis liefern«, so von Saldern: »An irgendetwas muss dabei gespart werden.«

Kein Krankengeld

Auch sollten die Patienten, von den reinen Operationskosten abgesehen, gegebenenfalls weitere Faktoren einkalkulieren. Beispielsweise besteht für einen Eingriff aus kosmetischen Gründen kein Anspruch auf Krankentagegeld und Lohnfortzahlung. Für die Dauer des Krankenhausaufenthaltes und/oder der möglicherweise notwendigen Schonungsphase sollten genügend Urlaubstage zur Verfügung stehen. Zudem unterliegen Ärzte und Krankenhäuser einer Meldepflicht von Folgeerkrankungen, die durch medizinisch nicht notwendige Behandlungen entstehen. Auch in einem solchen Fall muss der Arbeitgeber das Gehalt nicht weiter zahlen.

Realistische Erwartungen

Eines der wichtigsten Kriterien für die Zustimmung zu einer Operation oder Behandlung seitens des Arztes sei, dass das voraussichtliche Ergebnis den Erwartungen der Patienten überhaupt entsprechen kann, erläutert von Saldern: »Im Beratungsgespräch schaut man, wie groß die Deformität und das Risiko ist und wie hoch die Wahrscheinlichkeit, dass die Patienten danach zufriedener und glücklicher sind.«

Intervenieren sollten plastische Chirurgen beispielsweise bei Patienten, die übertriebene oder unrealistische Ansprüche an ein perfektes Äußeres hegen. Menschen mit Dismorphophobie etwa, die ihren Körper oder Teile davon grundlos als entstellt wahrnehmen und dies durch immer häufigere Operationen beheben wollen. Oftmals werde von einer Operationssucht gesprochen, sagt von Saldern: »Sicher gibt es Frauen, denen ihre Brustvergrößerung nach den Schwangerschaften so gut gefällt, dass sie sich später auch den Bauch verschönern lassen wollen.« Personen aber, die aussehen wollen wie Ken oder Barbie und sich dafür dutzende Male unter das Messer legen, seien selten. /

Risiken bei Operationen

  • Blutergüsse
  • Wundheilungsstörungen
  • Gefühlsstörungen bei durch­trennten Nervenenden
  • Sichtbare Narben
  • Schwellungen
  • Allergien
  • Infektionen
  • Thrombosen
  • Embolien
  • Sepsis
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