Gefahren beim Baden |
17.07.2018 09:54 Uhr |
Von Judith Schmitz / Im Sommer laden neben Freibädern auch Badegewässer zum Schwimmen und Planschen ein. Badegäste sollten ein Auge auf deren Wasserqualität haben und das Wasser auch selbst so wenig wie möglich verunreinigen.
Rund 2000 offiziell gemeldete Badegewässer aus Oberflächenwasser gibt es in Deutschland. Die meisten Badestellen liegen an Seen oder an den Küsten von Nord- und Ostsee, ein kleiner Teil an Flüssen. Die Badegewässer gehören zum natürlichen Wasserkreislauf, im Gegensatz zu künstlich angelegten Schwimm- und Badebecken. Das heißt auch, dass Krankheitserreger aus der Umwelt leichter in die natürlichen Gewässer gelangen können.
Wie die Hygiene der Badegewässer überprüft wird, legt die Europäische Badegewässerrichtlinie seit 1976 fest. Sie wurde 2006 novelliert. Die zuständigen Behörden der Bundesländer kontrollieren die Gewässer regelmäßig – während der Badesaison mindestens einmal pro Monat – auf die Indikatorbakterien Escherichia coli und intestinale Enterokokken. Ihr Nachweis zeigt an, dass das Wasser mit Fäkalien und somit möglichen Krankheitserregern verunreinigt ist.
Die Einteilung der Gewässer erfolgt mittels Perzentilberechnung in »ausgezeichnet«, »gut«, »ausreichend« und »mangelhaft«. Sie basiert unter anderem auf den Ergebnissen der letzten vier Badesaisonen. Die Bevölkerung muss laut Richtlinie über die Wasserqualität informiert werden, etwa durch europaweit einheitliche Symbole und kurzfristige Verschmutzungswarnungen an der Badestelle. Die Qualität deutscher Badegewässer können Interessierte beim Umweltbundesamt (UBA) unter www.umweltbundesamt.de/wasserqualitaet-in-badegewaessern abrufen. Dort gibt es auch den Link zu allen Badegewässern in Europa.
Aktuell erfüllen 98 Prozent der deutschen Badegewässer die Qualitätsanforderungen der EG-Badegewässerrichtlinie. Etwa 91 Prozent wurden mit »ausgezeichnet« bewertet, 0,3 Prozent mit »mangelhaft«. Europaweit hielten im Jahr 2017 96 Prozent der Badegewässer die Mindestanforderungen der EU-Badegewässerrichtlinie ein, knapp 85 Prozent erhielten das Prädikat »ausgezeichnet«.
Milliarden Organismen
Egal ob in natürlichen Gewässern oder künstlichen Badebecken, jeder Badende sondert beim Aufenthalt im Wasser rund 2 Milliarden Mikroorganismen ab. Sie stammen insbesondere von der Haut, gelangen aber auch von Haaren, Textilfasern, Kosmetika, Sonnenschutzmitteln, Speichel, Schweiß, Urin sowie aus dem Mund-, Nasenrachen- und Analbereich ins Wasser. Meist handelt es sich dabei um harmlose Bakterien, doch einige der Mikroorganismen können abhängig von der Infektionsdosis den Menschen krank machen. Laut UBA liegt die Infektionsschwelle für einen gesunden Erwachsenen zum Beispiel bei 100 000 bis 10 Millionen Salmonellen, 10 bis 200 Shigellen, ein bis zehn Rotaviren, ein bis hundert Kryptosporidien und Giardien und ein bis zehn Hepatitis-A-Viren.
In künstlich angelegten Badebecken ist die Wassermenge in der Regel geringer und die Badegastdichte viel höher als in Badegewässern. Verunreinigungen und Mikroorganismen müssen daher ständig entfernt werden, um hygienisch einwandfreies Badewasser zu erhalten. Dies geschieht durch eine technische Aufbereitung mit Desinfektion oder im Naturfreibad durch biologische Reinigung des Badewassers in einem Zusammenspiel aus Pflanzen und Organismen. Laut UBA bewirkt die Desinfektion des Wassers, dass von den Krankheits%shy;erregern, die ein Badegast ins Wasser abgibt, nach einer halben Minute nur noch einer von 10 000 infektiös ist.
In Badegewässern gibt es diese Art der Desinfektion nicht. Hier besteht vor allem die Gefahr, an Magen-Darm-Infektionen zu erkranken, wenn durch Fäkalien Krankheitserreger in das Gewässer gelangen, etwa über Abwasser (Kläranlagen entfernen die Krankheitserreger aus menschlichen Fäkalien nur zum Teil), Regenwasserüberläufe nach Starkregenfällen oder Abschwemmungen aus landwirtschaftlichen Flächen. Denn neben den Badenden können auch Vögel zu fäkalen Verunreinigungen beitragen. In heißen Sommern sind in Brackwasser wie der relativ salzarmen Ostsee in seltenen Fällen auch schwere Wundinfektionen oder gar eine Sepsis durch das Bakterium Vibrio vulnificus möglich. Ist die Keimbelastung etwa in einem Badesee zu hoch, werden Gegenmaßnahmen ergriffen, beispielsweise werden die Badegäste informiert oder es wird ein Badeverbot ausgesprochen. Die Ursachen werden dann soweit möglich bekämpft.
Grün-blau getrübt
Gewässer mit einem hohen Nährstoffgehalt, zu dem etwa auch Stickstoff- und Phosphoreinträge aus der Landwirtschaft beitragen können, ermöglichen es Cyanobakterien (früher: Blaualgen), sich massenhaft zu vermehren. Das Wasser sieht dann oft grün aus. Einige Cyanobakterienarten produzieren für den Menschen giftige Cyanotoxine. Wird Wasser mit einer hohen Cyanotoxin-Konzentration verschluckt oder gelangt es in die Atemwege, können die Toxine Übelkeit, Durchfall oder Entzündungen von Hals, Augen und Ohren auslösen. In der Folge sind Magen-Darm-Entzündungen, Atemwegserkrankungen und allergische Reaktionen möglich; bei Kindern besteht Lebensgefahr, wenn sie viel Wasser verschluckt haben. Aber auch Wasserskifahrer, Windsurfer, Taucher und Segler haben ein höheres Risiko, die Toxine aufzunehmen.
Die meisten Cyanobakterien sammeln sich im Flachwasser an. Das UBA empfiehlt Badegästen, sich vor dem Baden über die jeweiligen kontrollierten Badestellen zu informieren und Badeverbote zu beachten. Wer knietief im Wasser steht und die Füße wegen einer grün-blauen Trübung nicht sieht, verzichtet besser auf das Baden. Eltern sollten insbesondere die flachen Bereiche auf solche trüben Stellen absuchen, da Kinder beim Toben oftmals Wasser verschlucken. Wer aus dem Wasser kommt, sollte sich und seine Badesachen abduschen. Reste von Cyanobakterien werden so weggespült und spätere Hautreizungen vermieden. Treten nach dem Baden Beschwerden auf, sollte man einen Arzt aufsuchen und das Gesundheitsamt informieren.
Dermatitis durch Wurmeier
Auch Zerkarien können Beschwerden auslösen. Die winzigen Larven von Saugwürmern kommen gelegentlich in deutschen Badegewässern vor, insbesondere dort, wo sich viele Wasservögel aufhalten. Die Wurmeier gelangen über Vogelkot ins Wasser, wo sie im Uferbereich lebende Schnecken als Zwischenwirt infizieren. In der Schnecke vermehren sich die Zerkarien zahlreich und schwärmen bei lang anhaltendem Sommerwetter mit Wassertemperaturen über 20° C aus, um ihren Endwirt, Enten und andere Wasservögel, zu suchen. Dabei bohren sie sich manchmal irrtümlicherweise auch in Menschenhaut.
Dort sterben sie zwar kurze Zeit später ab, können aber eine sogenannte Zerkariendermatitis (Badedermatitis) auslösen. Bei Erstkontakt entstehen kleine rote Pusteln, bei mehrmaligem Kontakt größere juckende, ein bis zwei Wochen anhaltende Quaddeln. Vorsichtshalber sollten Badende sich nicht längere Zeit in flachen Uferbereichen mit Pflanzen aufhalten, die Kleidung nach dem Baden wechseln und sich kräftig mit einem Handtuch abtrocknen. Betroffene sollten bei entsprechenden Symptomen die zuständige Überwachungsbehörde des Gewässers informieren, die dann gegebenenfalls ein Badeverbot verhängt.
Badegewässer können auch antibiotikaresistente Bakterien enthalten. Das UBA teilt jedoch mit, dass ein Kontakt mit diesen Bakterien beim Schwimmen in Badegewässern mit ausgezeichneter oder guter Qualität unwahrscheinlich ist, da die fäkale Belastung dort insgesamt niedrig ist. Zudem führen antibiotikaresistente Bakterien nicht häufiger zu Infektionen als nicht antibiotikaresistente Krankheitserreger, entsprechende Infektionen sind aber schwieriger zu behandeln. Forscher untersuchen derzeit, welche Rolle der Weg über die Umwelt bei der Entstehung und Verbreitung antibiotikaresistenter Krankheitserreger spielt im Vergleich zur Entstehung und Verbreitung in Klinik oder Tierhaltung und der Übertragung durch direkten Kontakt oder Lebensmittel.
Vielfältige Maßnahmen haben die Wasserqualität in deutschen Seen und Flüssen in den vergangenen Jahren verbessert. Nach Angaben des UBA sind viele Gewässer hierzulande aber auch heute noch »weit von einem guten ökologischen Zustand entfernt«. Der ökologische Zustand meint gemäß der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie die Gewässerqualität unter Prüfung der Zusammensetzung und Qualität der Lebensgemeinschaft im Wasser, Eigenschaften wie Wasserhaushalt, Strömung, Tiefe und Beschaffenheit des Gewässerbetts, der national relevanten chemischen Schadstoffe und der physikalisch-chemischen Komponenten wie Nährstoffverfügbarkeit, Sauerstoffhaushalt, Salzgehalt und Temperatur.
Unfallgefahr
Trotz eventueller Keimbelastung: Die größten Risiken für Badegäste sind Badeunfälle, von leichteren Schnittverletzungen und Schürfwunden bis hin zum Ertrinken. Unfälle passieren, wenn etwa das eigene Leistungsvermögen überschätzt, in zu flaches Wasser gesprungen oder alkoholisiert oder bei Gewitter gebadet wird. Hinzu kommen Gefahren durch Strömungen und Schifffahrt. Wie das UBA mitteilt, sind Unfälle an bewachten Badestellen jedoch selten. Das Amt empfiehlt Badegästen, die Baderegeln der Wasserwacht des Deutschen Roten Kreuzes und der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft zu beachten (siehe Kasten). Eltern sollten ihre Kinder immer im Auge behalten. /