Zuckermessung mit System |
17.07.2018 09:54 Uhr |
Von Caroline Wendt / Die regelmäßige Kontrolle des Zuckerspiegels ist für Diabetiker essenziell, denn so können sie Über- oder Unterzuckerungen schnell erkennen. Neben der Bestimmung über einen Blutstropfen mit den klassischen Blutzuckermessgeräten ermitteln einige Geräte die Glucosekonzentration in der Flüssigkeit der Zellzwischenräume.
Schnell reagieren – das müssen Diabetiker immer wieder. Bei zu hohen oder zu niedrigen Blutzuckerwerten ist rasches Handeln gefragt. Da ist es gut, dass die modernen Blutzuckermessgeräte innerhalb von Sekunden einen verlässlichen Wert des aktuellen Glucosespiegels liefern.
Dafür reicht ein einziger Tropfen Kapillarblut aus. Mithilfe einer Stechhilfe oder einer automatischen Einmallanzette können Diabetiker das Blut aus der Fingerbeere entnehmen. Da die Haut jedes Menschen unterschiedlich dick ist, ist bei den meisten Stechhilfen die Einstichtiefe wählbar. Diabetikern, die zum ersten Mal ihren Blutzucker messen, können PTA und Apotheker empfehlen, mit der geringsten Einstichtiefe zu beginnen. Sollte die Blutmenge nicht ausreichen, können die Patienten dann die nächsthöhere Stufe wählen. Wichtig ist aber vor allem, dass die Patienten für jede Blutentnahme eine neue Lanzette einsetzen. Das Wiederverwerten von Lanzetten ist nicht nur unhygienisch, sondern verursacht auch unnötige Schmerzen.
Automatisch eingezogen
Moderne Blutzuckermessgeräte benötigen nur noch geringe Mengen an Blut, im Durchschnitt reichen 0,3 bis 0,6 μl aus. Die Teststreifen ziehen den Blutstropfen in der Regel automatisch ein, wenn er den Rand des Teststreifens berührt (Sip-In-Technik). Die Messung der Glucosekonzentration erfolgt über eine enzymatische Reaktion – entweder oxidiert die Glucoseoxidase oder Glucodehydrognase den Zucker zu Gluconolacton. Je nach Messsystem erfolgt die Detektion elektrochemisch oder mithilfe der Reflektrometrie.
Blutzuckermessgeräte und die Teststreifen sind temperaturempfindlich. Sie messen bei einer Außentemperatur zwischen 10 und 35 °C genau und dürfen weder großer Hitze noch Kälte ausgesetzt werde. Genauso von Bedeutung ist die Luftfeuchtigkeit. Deshalb ist es ratsam, die Teststreifen immer im Originalbehälter – der im Deckel ein Trocknungsmittel enthält – aufzubewahren. Nach der Entnahme eines Teststreifens sollten Patienten außerdem darauf achten, das Röhrchen direkt wieder zu verschließen.
Die meisten Messgeräte speichern die Werte automatisch mit Datum und Uhrzeit. Einige verfügen zudem über eine Schnittstelle, worüber sich die Daten an einen Computer übertragen lassen. Damit erübrigt sich das per Hand geschriebene und deshalb fehleranfällige Blutzuckertagebuch. Einige Firmen stellen zudem Apps zur Verfügung, welche die Blutzuckerwerte auf dem Smartphone darstellen. Für Patienten mit eingeschränkter Motorik eignen sich Blutzuckergeräte mit integrierter Messstreifen-Trommel (zum Beispiel Accu-Check® mobile). Aber egal welches Gerät verwendet wird, Blutzuckermessgeräte sollten regelmäßig kontrolliert werden. Dazu bieten die Hersteller spezielle Testlösungen an, welche eine bekannte Menge Glucose enthalten.
Je nach Gerät wird die Blutzuckerkonzentration in mg/dl oder mmol/l angegeben, manche Geräte können auch beide Werte anzeigen. So wird umgerechnet:
18,016 x mmol/l = mg/dl
0,0555 x mg/dl = mmol/l
Neue Methoden
Neben den Systemen zur Zuckerbestimmung im Kapillarblut gibt es Messsysteme, welche die Glucosekonzentration im Zellzwischenraum bestimmen, den sogenannten Gewebezucker. Auch wenn der Vertrieb dieser Geräte nicht über die Apotheke erfolgt, kann es sinnvoll sein, auf Fragen von Patienten vorbereitet zu sein.
Bei den CGM-Systemen (Continuous Glucose Monitoring) misst ein Nadelsensor alle fünf Minuten den Zuckergehalt in der Gewebeflüssigkeit des Unterhautfettgewebes und zeigt dies unmittelbar an (zum Beispiel Dexcom G5®). Auf der Nadelspitze befindet sich das Enzym Glucoseoxidase, das Nadelende ist mit einem Sender auf der Hautoberfläche verbunden. Dieser übermittelt die Werte per Funk an einen Empfänger, der die Zuckerwerte anzeigt und speichert. Je nach Gerät kann es sich dabei um ein separates Empfangsgerät, ein Smartphone oder eine spezielle Insulinpumpe handeln.
Außerdem zeigen die Empfänger einen Trend des aktuellen Glucosespiegels an. Der Patient kann so erkennen, ob sein Blutzucker eher steigt oder eher sinkt. Ein weiterer Vorteil der CGM-Geräte: Sie erfassen nicht nur eine punktuelle Glucosekonzentration, sondern sammeln kontinuierlich Werte und stellen sie numerisch und grafisch dar. Insbesondere für Kinder, die eine Unterzuckerung noch nicht richtig erkennen können, kann ein CGM sinnvoll sein. Die CGM-Systeme haben zudem eine weitere Funktion: Verlässt der Blutzucker einen vorher definierten Normbereich, schlägt der Empfänger Alarm – auch nachts. So können beispielsweise nächtliche Hypoglykämien besser erkannt werden.
Aktive Abfrage
FGM-Geräte (Flash Glucose Monitoring) wie FreeStyle® Libre haben diese Alarmfunktion nicht. Sie messen zwar auch permanent den Gewebezucker, doch muss der Patient die Werte aktiv abfragen, indem er den Empfänger vor den Sensor hält. Er erhält so bei jedem Scan den aktuellen Minutenwert. Alle 14 Tage wechselt der Diabetiker den Sensor, bei CGM-Geräten findet der Wechsel in der Regel alle sieben Tage statt. In beiden Fällen empfiehlt es sich, den neuen Sensor zur Nacht zu setzen, da die Messfühler in der sogenannten Run-in-Phase noch keine verwertbaren Daten liefern. Den Wechsel der Sensoren können die Patienten – nach einer entsprechenden Schulung – selbst zu Hause durchführen. Das Platzieren eines Langzeitsensors wie beim System Eversense® XL kann hingegen nur durch einen Arzt erfolgen. Dieser setzt in einem ambulanten Eingriff einen kleinen kapselförmigen Sensor in den Oberarm ein, der dort bis zu sechs Monate verweilen kann. Die Zuckerbestimmung des Langzeitsensors erfolgt über eine Fluoreszenzmessung.
Der von CGM- oder FGM-Geräten bestimmte Gewebezucker entspricht allerdings nicht exakt dem Blutzucker, sondern gibt diesen nur zeitlich verzögert wieder (5 bis 25 Minuten). Der Gewebezucker kann also bei einer schnellen Blutzuckeränderung noch im Normbereich sein, während bei einer Blutzuckermessung schon eine Unterzuckerung erkennbar ist. Deshalb müssen Diabetiker bei Symptomen einer Hypoglykämie, aber keinem entsprechendem Wert bei CGM- oder FGM-Messung, immer nach der herkömmlichen Methode – per Piks in die Fingerkuppe – messen. CGM-Geräte müssen zudem zweimal täglich über eine Blutzuckermessung kalibriert werden, der Glucosewert aus dem Blut dient als Referenzwert. Bei dem FGM-Gerät kann diese Blutmessung entfallen: Der Hersteller hat die Geräte bereits kalibriert. Auch für den Fall, dass der CGM- oder FGM-Sensor ausfällt, sollten Patienten immer ein Blutzuckermessgerät zur Hand haben. Denn das Zubehör für CGM- und FGM-Geräte ist nur direkt über die Händler und nicht über die Apotheke zu beziehen – und somit im Notfall nicht sofort verfügbar.
Seit 2016 gehören Echtzeit-CGM-Systeme mit Alarmfunktion zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherungen. Die Krankenkassen übernehmen in begründeten Fällen, zum Beispiel bei häufigen und schweren Hypoglykämien, die Kosten für die Systeme. Auch FGM-Geräte werden von einigen Kassen erstattet. In jedem Fall muss jedoch vorab eine Genehmigung durch die Krankenkasse erfolgen, der behandelnde Diabetologe muss die Notwendigkeit der neuen Therapieform begründen.
Closed-Loop-System
In den USA ist seit Juni 2017 ein sogenanntes Closed-Loop-System auf dem Markt, bei dem ein CGM-Gerät und eine Insulinpumpe selbstständig miteinander kommunizieren (Minimed™ 670G). Dabei passt die Pumpe die Abgabe der Basalinsulinabgabe automatisch dem gemessenen Gewebezucker an. Der Patient muss hier lediglich noch die Insulinabgabe zu den Mahlzeiten einstellen und Blutzuckermessungen durchführen, um das System zu kalibrieren. Am 25. Juni dieses Jahres erhielt das Gerät die CE-Kennzeichnung durch die EU-Kommission. Die Markteinführung in ausgewählten europäischen Ländern ist laut Hersteller noch für dieses Jahr geplant. /
Messsystem | Beispiele | Geeignet für |
---|---|---|
Blutzuckergerät | Contour® next, OneTouch Select Plus Flex®, Stada Gluco Result® | Gut eingestellte Diabetiker ohne Hypoglykämierisiko; zur Kontrollmessung bei kontinuierlichen Zuckermesssystemen |
Blutzuckergerät mit integrierter Messstreifentrommel | Accu-Chek® mobile | Patienten mit eingeschränkter Motorik |
CMR | Dexcom G5®, Eversense® XL, Enlite™ Glucosesensor | Kleinkinder; Patienten, die die Symptome einer Hypoglykämie nicht erkennen; bei unbefriedigender Stoffwechsellage trotz aller anderen zur Verfügung stehenden Therapieoptionen; wenn mehr als zehn Messungen täglich nötig sind; vor und während einer Schwangerschaft |
FGM | FreeStyle® Libre | Siehe CMR-Geräte; Patienten müssen eine Hypoglykämie selbst erkennen können |