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Sommergrippe

Vorsicht vor Verwechslung

31.07.2017  14:21 Uhr

Von Ulrike Viegener / Schnupfen und Schniefen in der warmen Jahreszeit – da liegt der Verdacht auf eine Sommergrippe nahe. Aber es besteht Verwechslungsgefahr: Pollenallergie und Frühsommer-Meningoenzephalitis verursachen ganz ähnliche Symptome. Gezielte Fragen bringen auf die richtige Spur.

Die Risikogebiete für die durch Zecken übertragene Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) erstrecken sich über weite Teile Süd- und Mitteldeutschlands. Deshalb sollten PTA immer auch einen Zeckenbiss als Ursache in Betracht ziehen, wenn jemand im Frühjahr oder Sommer mit grippeähnlichen Symptomen in die Apotheke kommt. Mehrere hundert Menschen erkranken inzwischen deutschlandweit jährlich an einer potenziell lebensgefährlichen Infektion mit FSME-Viren, wobei dies wahrscheinlich nur die Spitze des Eisbergs ist. Eine Untersuchung in Baden-Württemberg und Nordhessen hat nämlich gezeigt, dass offenbar viele Infektionen mit dem FSME-Virus als Sommergrippe missdeutet werden. Zehn Prozent der in dieser Studie erfassten Sommergrippe-Patienten hatten Antikörper gegen die Viren im Blut.

Eine FSME äußert sich in unspezifischen Frühsymptomen, die einer Sommergrippe täuschend ähneln. Nach einer Inkubationszeit von in der Regel 7 bis 14, selten auch bis zu 28 Tagen treten grippeähnliche Symptome, also Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen auf, die nach einigen Tagen abklingen. Bei rund einem Drittel der Infizierten folgt dann aber eine zweite Krankheitsphase, in der unter erneutem Fieberanstieg die Hirnhaut und eventuell auch Gehirn und Rückenmark befallen werden. Schwere Erkrankungen können tödlich enden beziehungsweise haben häufig bleibende Behinderungen wie Lähmungen und Krampfanfälle zur Folge. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, jeden einzelnen Infizierten möglichst früh zu erkennen.

Bevor PTA Präparate zur Selbstmedikation einer vermeintlichen Sommergrippe abgeben, sollten sie deshalb ­erfragen, ob eventuell auch ein Zeckenbiss hinter dem Beschwerdebild ­stecken könnte. Bejaht der Patient diese Frage, gehört er umgehend zum Arzt. Aber auch, wenn sich jemand in den letzten Wochen länger in der freien Natur aufgehalten hat, reicht das in Endemiegebieten als Verdachtsmoment aus, denn Zeckenbisse bleiben oft auch unentdeckt.

An Allergie denken

Die zweite wichtige Differenzialdiagnose bei grippeähnlichen Symptomen in den Frühjahrs- und Sommermonaten ist der Heuschnupfen. In diesem Fall verantworten nicht Viren, sondern allergische Reaktionen die Beschwerden. Im Fall einer allergischen Rhinitis gilt es, von Beginn an die Weichen richtig zu stellen, um einem Etagenwechsel hin zum Asthma bronchiale möglichst entgegenzuwirken. Mit wenigen gezielten Fragen lassen sich allergische Rhinitis und Sommergrippe oft gut gegeneinander abgrenzen. Ergibt sich der Verdacht auf eine bislang nicht diagnostizierte Pollenallergie, sollten die Betroffenen zur weiteren Abklärung einen Arzt aufsuchen. Für PTA lassen sich allergische Rhinitis und Sommergrippe folgendermaßen unterscheiden: Ganz klar für eine Pollenallergie spricht ein rezidivierender Schnupfen immer zur gleichen Jahreszeit. Der Heuschnupfen kommt sehr plötzlich und ist von jetzt auf gleich voll da. Ein grippaler Infekt dagegen kündigt sich oft mit Kratzen im Hals oder Kopfschmerzen an, und die Schnupfensymptome nehmen langsam zu. Persistieren die Symptome länger als zwei Wochen, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem allergischen Schnupfen auszugehen. Bei einer Pollenallergie verstärken sich die Symptome meist in der freien Natur. Beim Heuschnupfen ist das Sekret in der Regel wässrig und farblos. Bei einem grippalen Infekt dagegen nimmt der produzierte Schleim im Verlauf häufig eine zähe Konsistenz und eine grünliche Farbe an. Juckreiz, Niesanfälle sowie eine Augenbeteiligung sind eher typisch für eine Allergie. Fieber dagegen sowie Kratzen im Hals, Husten und Heiserkeit weisen auf einen Atemwegsinfekt hin. Eine Sommergrippe kann von Übelkeit, Erbrechen und/oder Durchfall begleitet sein.

Andere Viren als im Winter

Lassen sich FSME und Pollenallergie ausschließen, handelt es sich höchstwahrscheinlich um einen grippalen Infekt. Wer im Sommer mit einem Schnupfen in die Apotheke kommt, hat sich mit ziemlicher Sicherheit ein Coxsackievirus eingefangen, das – ebenso wie Echoviren als weitere Erreger der Sommergrippe – zur Gattung der Enteroviren zählt. Enteroviren lieben Wärme und hohe Luftfeuchtigkeit und finden im mitteleuropäischen Sommer günstige Bedingungen vor. Ganz anders dagegen das Erregerspektrum in den Wintermonaten: Hier dominieren Rhinoviren, Respiratorische-Synzitial-Viren (RSV) und Coronaviren.

Im Sommer ebenso wie im Winter verursachen in über neunzig Prozent der Fälle Viren die Atemwegsinfekte, Bakterien hingegen spielen kaum eine Rolle. Mit anderen Worten: Antibiotika sind hier wie dort in aller Regel nicht indiziert.

Winterviren werden – in Sekret­tröpfchen eingeschlossen – durch Husten, Niesen und Sprechen in die Luft katapultiert und verbreiten sich via Tröpfcheninfektion. Dieser Infektionsweg kommt auch bei Enteroviren vor, in erster Linie jedoch breiten sie sich durch Schmierinfektion aus. Vor allem über kontaminierte Hände, aber auch über Gegenstände, die mit virusbelastetem Stuhl oder Speichel in Kontakt gekommen sind, gelangen die Viren an die Schleimhäute von Nase, Mund und Augen. Im Stuhl lassen sich die Viren eventuell noch mehrere Wochen nach der Infektion nachweisen.

Viele Menschen unterschätzen, dass sie ihrem Immunsystem im Sommer einiges zumuten und so das Risiko für eine Sommergrippe erhöhen. Dabei geht Prävention einfach, am besten weisen PTA dennoch immer wieder darauf hin: Unterkühlung schwächt die Abwehr und macht es Erkältungsviren leicht. Eine klassische Sünde ist die nasse Badebekleidung, die man am Körper trocknen lässt. Auch die laue Sommernacht zeigt sich oft kühler als gedacht, weshalb es sich empfiehlt, ein Jäckchen überzuziehen oder eine Decke über die Beine zu legen. Ein weiteres sommer­liches Vergnügen, das häufiger einen grippalen Infekt nach sich zieht, ist das Autofahren mit offenen Fenstern oder offenem Verdeck. Zugluft sowie Klimaanalagen setzen dem Immunsystem erheblich zu: Die Schleimhäute trocknen aus und können dann ihre Barrierefunktion nicht optimal erfüllen. Und schließlich strengt auch langes Sonnenbaden das Immunsystem über Gebühr an.

Grippe mit Durchfall

Die symptomatische Therapie der Sommergrippe gleicht derjenigen im Winter: Abschwellende Nasensprays und Nasentropfen sowie Ibuprofen oder Paracetamol lindern die Beschwerden. Als Alternative zu alpha-Sympathomimetika eignen sich Sprays mit hypertoner (Meer-)Salzlösung, die die Nasenschleimhaut laut Herstellerangaben auf osmotischem Weg abschwellen. Eine erregerspezifische Besonderheit der Sommergrippe ist die mögliche gastrointestinale Begleitsymptomatik, die auch zeitversetzt auftreten kann. Falls erforderlich werden Übelkeit beziehungsweise Durchfälle ebenfalls symptomatisch therapiert. Andererseits sollte die Viruselimination durch die eingesetzten Medikamente nicht zu sehr behindert werden.

Enteroviren können Menschen mit eingeschränkter Abwehr­leistung – vor allem auch Kleinkindern und älteren Menschen – schwer zu schaffen machen, so dass komplizierte Erkrankungsverläufe nicht auszuschließen sind. Besonders problematisch und potenziell lebensbedrohlich ist ein Virusbefall der Hirnhäute oder Herzklappen. Ergeben sich im Beratungsgespräch Hinweise auf eine Immunschwäche, ist von einer Selbstmedikation abzusehen. /

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