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Neurodermitis

365 Tage im Jahr

24.10.2013  11:54 Uhr

»Der Patient muss die Neurodermitis beherrschen, nicht umgekehrt«, sagte Professor Dr. Marc Alexander Radtke, Facharzt für Dermatologie und Venerologie, bei einem Pressegespräch der ­Firma Beiersdorf im Eucerin Hautinstitut.

Auch wenn aufgrund der vielfältigen Ursachen der Neurodermitis durchschlagende Erfolge in der Behandlung fehlen, sind die modernen Behandlungskonzepte effektiv und nebenwirkungsarm, so der Facharzt. Diese Konzepte erforderten jedoch vom behandelnden Dermatologen höchste Sensibilität und Kompetenz. »Es kann nicht sein, dass Neurodermitis-Patienten oftmals von jahrelangen Odysseen durch die Arztpraxen berichten«, kritisierte der Referent.

Quälende Attacken

Juckreiz, Brennen, Schmerzen, Rhagaden, tränende Augen, doppelte Lidfalte, Risse in der Oberlippe und in den Mundwinkeln sowie vergröberte Hautstrukturen zählen zu den quälenden Symptomen der atopischen Dermatitis. Diese wirken sich auf alle Lebensbereiche der Betroffenen aus, auf das Berufs- ebenso wie auf das Privatleben.

»Mit meinen Fingerkuppen kann ich nicht richtig tippen. Häufig muss ich Handschuhe tragen«, zitierte der Facharzt eine Patientin. Doch nicht nur über Probleme im Büro berichten die Patienten, sondern erzählen auch, dass sie im täglichen Miteinander häufig auf Ablehnung stoßen: »Das Wechselgeld fällt oft auf den Boden, weil die Kassiererin im Supermarkt Angst vor Ansteckung hat, wenn sie meine Handflächen sieht.«

Immer wieder werden an atopischem Ekzem Erkrankte mit Abfuhren auch bei der Partnerwahl konfrontiert, berichtete der Dermatologe. Selbst denjenigen, die den Mann beziehungsweise die Frau fürs Leben gefunden haben, erschwere die Krankheit das Zusammensein. Beim Streicheln können sich die Haut oder Hände anfühlen wie Schmirgelpapier. Manche Patient(inn)en, so Radtke, kratzen sich im Schlaf so sehr, dass morgens das Bett voller Blutflecke ist.

Viele Provokationsfaktoren

Das Krankheitsgeschehen sei unberechenbar: Auch positive »Life events« wie bestandene Prüfungen, Beförderungen oder Heirat könnten Schübe auslösen. Selbst bestimmte Sportarten seien tabu, da Schweiß starken Juckreiz und Brennen auslösen kann und damit den Teufelskreis aus Jucken und Kratzen in Gang setzt.

Als weitere Provokationsfaktoren nannte Radtke Trockenheit und Kälte sowie den Kontakt mit Wolle und Synthetik oder Hausstaubmilben und Tierhaaren. Auch Gewürze, Zitrusfrüchte, Alkohol und einige Nahrungsmittel wie Obst, Gemüse und Nüsse können einen Neurodermitisschub fördern.

Insbesondere Jugendliche erlebten in einer von »Model-Casting-Shows« geprägten Gesellschaft spezielle Formen der Diffamierung, die sie seelisch unter Druck setzten, vor allem, wenn die Neurodermitis hauptsächlich an exponierten Stellen wie Händen und Gesicht auftritt.

Immer mehr Erkrankte

In Deutschland sind derzeit rund fünf bis sechs Millionen Menschen betroffen. Im Vergleich zu den 1950er- und -60er-Jahren sei die Zahl der Erkrankten um das Vier- bis Sechsfache gestiegen, berichtete Radtke . Diese deutliche Zunahme führen Experten nicht auf bessere Diagnosemöglichkeiten, sondern unter anderem auf übertriebene Hygiene zurück. Etwa 60 Prozent der Betroffenen erkranken in den ersten zwölf Monaten, 90 Prozent bis zum fünften Lebensjahr.

Bekanntermaßen ist bei Neurodermitikern die Barrierefunktion der Haut gestört. Aufgrund verminderter Fettanteile und einer reduzierten Wasserbindungsfähigkeit kommt es zu einem transepidermalen Wasserverlust. Des Weiteren ist der Ceramidgehalt der Epidermis verändert und damit die Differenzierung der Keratinozyten gestört.

Schweregrad entscheidend

Hautärzte behandeln die Neurodermitis im Sinne einer Stufentherapie. Je nach Schweregrad verordnen sie äußerlich beziehungsweise innerlich Antihistaminika, Antiseptika, Glucocorti­coide, Immunsuppressiva und Calcineurin-Inhibitoren beziehungsweise UV-Licht, bei bakteriellen Superinfektionen Antibiotika. Vielen Patienten helfen auch Entspannungsverfahren und psychotherapeutische Maßnahmen.

Als stärkste Säule sowohl in der Vorbeugung als auch der Therapie der Neurodermitis bei Erwachsenen und Kindern nannte Radtke die konsequente Basispflege »365 Tage im Jahr«. Sie diene dem Erhalt beziehungsweise der Regeneration des Wasser- und Fettfilms der Haut.

Schubfreie Intervalle könnten verlängert werden, wenn die Patienten Pflegeprodukte mit Wirkstoffen wie Omega-6-Fettsäuren zur Stabilisierung der gestörten Hautbarriere und Licochalcon A zur Entzündungshemmung anwenden. Licochalcon A ist ein Flavonoid aus der Wurzel des chinesischen Süßholzes (Glycyrrhiza inflata).

Bei akuten Neurodermitis-Schüben könne der Teufelskreis aus Jucken und Kratzen mit einer Intensiv-Pflege durchbrochen werden, die Decandiol gegen Stapylococcus-aureus-Infektionen der Haut und Menthoxypropandiol zur Beruhigung sensorischer Neurone enthält (wie in Eucerin® AtopiControl Akut Creme).

Die Creme ist zwar kein Arzneimittel, doch haben erste Studien in Zusammenarbeit mit der Universitätsklinik Lübeck gezeigt, dass sie vergleichbar wirkte wie eine 1-prozentige Hydrocortison-Creme und somit helfen kann, Hydrocortison einzusparen. /

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