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Oseltamivir

Zur Therapie und Prophylaxe

Datum 13.11.2013  12:33 Uhr

Von Verena Arzbach / Reicht ein Patient in der Apotheke ein Rezept für das Medikament Tamiflu® ein, ist er höchst­wahrscheinlich an Influenza, der echten Virusgrippe, erkrankt. PTA und Apotheker sollten ihn dann auf die wichtigsten Besonderheiten des Grippemittels hinweisen.

Der Name des Grippemittels leitet sich von den englischen Begriffen tame (zähmen) und flu (Grippe) ab. Seit seiner Zulassung im Jahr 2002 hat Tami­flu eine relativ große Karriere hinter sich. Unterstützt wurde dieser Erfolg durch die Tatsache, dass die Weltgesundheitsorganisation (WHO) das Mittel gegen Influenza empfiehlt. Als sich in den Jahren 2009 und 2010 die Menschen vor der Infektion mit dem Influenza-A-Virus H1N1 fürchteten, sollte sie das Medikament vor dem Schweinegrippenvirus schützen. Viele Staaten lagerten daraufhin große Mengen Tamiflu ein. Wegen zu geringer Nachfrage mussten jedoch in Deutschland später zahlreiche verfallene Dosen vernichtet werden. Zuletzt geriet der Hersteller Roche in die Kritik, da Experten bemängelten, das Unternehmen habe nicht alle vorliegenden Studiendaten zur Wirksamkeit des Medikaments veröffentlicht.

Blockade von Virusenzym

Der Wirkstoff in Tamiflu ist Oseltamivir. Die Substanz gehört zur Gruppe der Neuraminidasehemmer. Oseltamivir wirkt virostatisch, das heißt, es hindert die Viren daran, sich im Körper zu vermehren und zu verbreiten, kann sie aber nicht inaktivieren oder eliminieren. Wie das verwandte Zanamivir blockiert Oseltamivir ein viruseigenes Glykoprotein, die Neuraminidase. Das Enzym sorgt dafür, dass sich neu gebildete Viren von der infizierten Zelle abkoppeln und ihrerseits wiederum in weitere Körperzellen eindringen. Im Gegensatz zum ersten Vertreter der Wirkstoffgruppe, Zanamivir (Relenza®), der aufgrund seiner physikalisch-chemischen Eigenschaften nur inhaliert werden kann, steht Oseltamivir als Kapsel oder als Suspension zur Verfügung. Oseltamivir ist ein Prodrug, aus dem nach peroraler Einnahme in der Leber vollständig der aktive Metabolit Oseltamivircarboxylat entsteht.

Die Behandlung mit Oseltamivir verkürzt die Grippe bei Erwachsenen um etwa einen Tag, bei Kindern um 1,5 Tage. Laut dem Ergebnis einer Metaanalyse verringert das Arzneimittel jedoch nicht die Zahl der Krankenhauseinweisungen. Ob der Wirkstoff den Patienten vor schwerwiegenden Komplikationen wie einer Lungenentzündung schützt, ist nicht sicher.

Kein Ersatz für Impfung

In Deutschland ist Oseltamivir zur Therapie der Influenza A und B ab dem Alter von einem Jahr zugelassen. Der Wirkstoff kann auch zur Prophylaxe nach einer Exposition eingesetzt werden, also nach dem Kontakt mit einem infizierten Grippe-Patienten. Als Ersatz für eine Grippeschutzimpfung eignet sich das Medikament jedoch nicht: Es schützt nur vor einer Infek­tion, solange es eingenommen wird. Während einer Influenza-Pandemie, also einer weltweiten Grippe-Epidemie, dürfen Ärzte das Medikament auch Säuglingen unter einem Jahr verordnen.

Möglichst früh einnehmen

Wichtig ist, dass die Patienten das Medikament so früh wie möglich einnehmen, innerhalb von 48 Stunden nach Auftreten der typischen Symptome einer echten viralen Grippe: plötzlich einsetzendes starkes Krankheitsgefühl, Kopf- und Gliederschmerzen und hohes Fieber. Die häufigsten Nebenwirkungen in klinischen Studien bei Erwachsenen und Jugendlichen waren Übelkeit Erbrechen, Durchfall, Magen- beziehungsweise Bauchschmerzen und Kopfschmerzen. Wichtig für die Patienten: Diese Nebenwirkungen treten meist nur zu Beginn der Behandlung auf und verschwinden in der Regel wieder. Um das Risiko von Übelkeit und Erbrechen zu vermindern, empfiehlt der Hersteller, die Kapseln unzerkaut mit Wasser und mit Nahrung einzunehmen. Die Patienten sollen allerdings den Arzt aufsuchen, wenn die Übelkeit anhält, sich die Symptome der Influenza verschlechtern oder das Fieber bleibt.

Tamiflu steht als Kapseln in den Wirkstärken 30, 45 oder 75 Milligramm sowie als Pulver zur Herstellung einer Suspension zur Verfügung. Zur Behandlung einer Influenza-Infektion beträgt die empfohlene Dosis für Erwachsene und Jugendliche im Alter von 13 bis 17 Jahren zweimal täglich 75 Milligramm über einen Zeitraum von fünf Tagen.

Dosierung von Oseltamivir bei Kindern

Körpergewicht Empfohlene Dosis für 5 Tage (Behandlung)
weniger als oder gleich 15 kg 30 mg zweimal täglich
mehr als 15 kg und bis zu 23 kg 45 mg zweimal täglich
mehr als 23 kg und bis zu 40 kg 60 mg zweimal täglich
mehr als 40 kg 75 mg zweimal täglich

Zur Postexpositionsprophylaxe nehmen die Betroffenen zehn Tage lang einmal täglich 75 Milligramm Oseltamivir. Bei Patienten mit Nierenleiden muss der Arzt die Dosis verringern. Ob Schwangere oder Stillende den Wirkstoff einnehmen dürfen, muss er anhand des Gesundheitszustands der Patientin und der Schwere der Infektion beurteilen.

Suspension für Kinder

Bei Kindern wird der Wirkstoff abhängig vom Körpergewicht dosiert (siehe Tabelle). Können die Kinder keine Kapseln schlucken, erhalten sie angemessene Dosierungen der Suspension. Steht das Pulver zur Zubereitung der Suspension nicht zur Verfügung, können PTA oder Apotheker aus den Kapseln eine Suspension zubereiten (Herstellung siehe Kasten). /

Herstellung einer Tamiflu-Suspension

Die Suspension kann zuhause oder in der Apotheke aus den Kapseln zubereitet werden. Für Säuglinge unter einem Jahr sollen laut Fachinformation bevorzugt bevorzugt PTA oder Apotheker die Suspension anfertigen.

Für die Herstellung einer 15 mg/ml Suspension aus Tamiflu-Kapseln und Wasser, konserviert mit 0,1 Prozent (w/v) Natriumbenzoat, sollten PTA oder Apotheker zunächst das benötigte Gesamtvolumen für eine fünftägige Behandlung beziehungsweise die zehntägige Prophylaxe berechnen. Anschließend wird die Anzahl der benötigten Kapseln und die Menge des Verdünnungsmittels bestimmt (siehe Fachinformation).

PTA oder Apotheker sollten die obere und untere Kapselhälfte vorsichtig voneinander trennen und den Inhalt der Kapseln in eine saubere Reibschale geben. Anschließend wird das Granulat zu einem feinen Pulver verrieben und mit einem Drittel der angegebenen Menge des Verdünnungsmittels versetzt. Der Ansatz wird verrieben, bis eine gleichmäßige Suspension entsteht.

Nach dem Umfüllen der Suspension in eine Braunglasflasche oder braune PET-Flasche geben PTA oder Apotheker ein weiteres Drittel des Verdünnungsmittels in die Reibschale, spülen den Stößel und die Reibschale und füllen den Inhalt der Reibschale ebenfalls in die Flasche. Danach wird der Spülvorgang mit dem Rest des Verdünnungsmittels wiederholt.

Die Flasche sollte kindergesichert verschlossen und gut geschüttelt werden, um eine vollständige Auflösung und gleichmäßige Verteilung des Wirkstoffs sicherzustellen. Ein ungelöster Rückstand aus unlöslichen inaktiven Bestandteilen aus den Kapseln darf jedoch sichtbar sein.

Auf dem Etikett sollten PTA oder Apotheker die Lagerungsbedingungen, das Verfalldatum sowie den Hinweis: »Vor Gebrauch vorsichtig schütteln« vermerken. Außerdem wird empfohlen, auf dem Etikett darauf hinzuweisen, dass nach Beendigung der Therapie die verbleibende Lösung verworfen werden muss.

Die Suspension sollte mit einer Spritze mit Messskala dosiert werden. Um den bitteren Geschmack der Suspension zu überdecken, können Eltern oder Pfleger sie vor der Gabe mit einer süßen Flüssigkeit wie Schokoladen- oder Kirschsirup mischen.

Quelle: Fachinformation Tamiflu

E-Mail-Adresse der Verfasserin
v.arzbach(at)govi.de

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