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Osteoporoseprophylaxe

Auf Nummer sicher gehen

24.08.2015  11:04 Uhr

Von Ulrike Viegener / Das beliebteste und bekannteste Mineral zur Osteoporoseprophylaxe ist Calcium. Aber Vorsicht: Zuviel Calcium treibt das Herzinfarktrisiko in die Höhe. Daher sollten PTA oder Apotheker im Beratungsgespräch unbedingt die Frage der richtigen Dosis ansprechen.

Es war ein Hin und Her: Erst kam der Verdacht auf, höhere Dosen Calcium seien für das Herz gefährlich, dann wurde Entwarnung gegeben. Inzwischen ist es sozusagen amtlich. In den letzten Jahren wurden verschiedene Studien und Meta-Analysen veröffentlicht, die eindeutig nachweisen: Zuviel Calcium erhöht das Infarktrisiko. Die potenzielle Nebenwirkung ist plausibel, denn Calcium ist Bestandteil atherosklerotischer Plaques, die bei arteriellen Gefäßverschlüssen eine zentrale Rolle spielen.

Entscheidend ist – wie so häufig – die Dosis. So ergab die groß angelegte EPIC-Studie (European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition): Eine Tagesdosis von rund 800 Milligramm Calcium reduzierte das Herzinfarktrisiko um ein Drittel. Lag die täglich aufgenommene Calciummenge jedoch über 1000 Milligramm, kippte dieser Effekt und verkehrte sich ins Negative. Laut EPIC-Studie erhöhten Calcium-Supplemente das Herzinfarktrisiko der Anwender um 86 Prozent. Im Unterschied dazu betrug der Risiko­anstieg nach einer Meta-Analyse von insgesamt 15 kontrollierten Studien jedoch nur knapp 30 Prozent.

Die These, dass bereits niedrige Tagesdosen an Calcium-Supplementen das Infarktrisiko ansteigen lassen, bestätigte zunächst eine große im Jahr 2013 publizierte Studie auf der Datenbasis von fast 400 000 US-Amerikanern. Zählten die Wissenschaftler dagegen die tägliche Calcium-Gesamtaufnahme aus Nahrung und Supplement zusammen, nannten auch sie als kritische Dosis die bekannten 1000 Milligramm. Diese Widersprüchlichkeiten unterstreichen, wie schwierig es ist, die Effekte des Calciums in der Primärprävention aussagekräftig genug zu erfassen.

Gute Calciumlieferanten

Angesichts der aktuellen Evidenzlage sprechen sich Experten mehrheitlich dafür aus, bei der Calcium­versorgung in erster Linie auf die Ernährung zu setzen. Im Unterschied zu anderen Mikronährstoffen ist der tägliche Calcium­bedarf allein über die Nahrung relativ einfach zu sichern. Zum einen ist Mineralwasser eine ergiebige Calciumquelle, zum anderen neben Milch­produkten auch einige Gemüsesorten wie Grünkohl und Brokkoli ebenso wie Rucola. Den Calciumbedarf eines gesunden Erwachsenen gibt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung mit 1000 Milligramm an.

Kein Risiko

Wer diese Dosis mit der Nahrung aufnimmt, geht damit laut umfangreichen Daten keinerlei Risiko ein. Was den Unterschied zu Supplementen ausmacht, ist nicht abschließend geklärt. Experten vermuten, dass Supplemente mit einem Schlag eine große Calciummenge freisetzen, während die gleiche Menge mit der Nahrung über den ganzen Tag verteilt aufgenommen wird.

Auf Basis der vorhandenen Daten ist nicht ganz nachvollziehbar, warum der Dachverband Osteologie (DVO) in den 2014 aktualisierten Osteoporose-Leitlinien die zur Primärprävention empfohlene tägliche Calciumzufuhr heraufgesetzt hat: von vorher maximal 1500 auf 2000 Milligramm. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte sich an die 1000 Milligramm halten und darauf achten, dass die pro Tag aufgenommene Calciummenge diesen Wert nicht überschreitet. Falls nötig können einzelne Patienten – nach Rücksprache mit ihrem Arzt – die Calciumzufuhr über die Nahrung durch ein Supplement ergänzen. Den Rat, zunächst mit dem Arzt zu sprechen, sollten PTA oder Apotheker allen Apothekenkunden geben, die in eigener Regie etwas gegen Knochenverluste im Alter tun möchten.

Anwender gut informiert

Interessant ist in diesem Zusammenhang eine repräsentative Umfrage, die Wissenschaftler der Leibniz Universität Hannover in Kooperation mit der Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung durchführten. Die Ergebnisse dieser Studie wurden im März bei der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung vorgestellt.

Hintergrund der Umfrage war die Befürchtung, dass die Einnahme eines Nahrungsergänzungsmittels (NEM) leicht zu Überschreitungen der als unbedenklich geltenden Mikronährstoff-Konzentrationen führt. Das Ergebnis der detaillierten Umfrage bestätigt diese Vermutung nicht. Anwender von Nahrungsergänzungsmitteln sind offenbar mehrheitlich gut informiert und halten die Dosierempfehlungen der Hersteller ein. Erwartungsgemäß steigt das Risiko für unerwünschte Nebenwirkungen bei denjenigen Anwendern, die allein schon durch ihre Ernährung gut mit Mikronährstoffen versorgt sind und dann zusätzlich NEM einnehmen. Hierbei kommt auch der Beratung in der Apotheke eine große Bedeutung zu.

Faktor Sonnenexposition

Der zweite für die Knochengesundheit wichtige Mikronährstoff ist das Vitamin D, denn das Prohormon von Calcitriol spielt im Knochenstoffwechsel eine zentrale Rolle. Im Unterschied zu anderen Vitaminen kann der Körper Vitamin D selbst synthetisieren, und zwar in der Haut unter Nutzung von UV-Strahlung. Das erfordert jedoch den täglichen Aufenthalt in der Sonne von rund 30 Minuten.

Allerdings begrenzen eine Reihe von Faktoren die körpereigene Vitamin-D-Produktion: Bei älteren Menschen, also den Osteoporosekandidaten, ist die körpereigene Syntheseleistung deutlich reduziert und reicht für die tägliche Bedarfsdeckung bei weitem nicht aus.

Hinzu kommt, dass in unseren Breiten selbst im Sommer die erforderliche Sonnenexposition nicht garantiert ist, und die zur Hautkrebs-Prophylaxe empfohlenen Sonnenschutzcremes sind ein weiteres Hindernis für die Vitamin-D-Produktion. Schließlich ist auch eine fettarme Ernährung im Hinblick auf die Vitamin-D-Versorgung problematisch, da dieses lipophile Vitamin vor allem in fettreichen Nahrungsmitteln enthalten ist.

Mangel im Alter häufig

Durch verschiedene Studien belegt entwickeln insbesondere ältere Menschen häufig Vitamin-D-Mangel. So ergab die Erhebung in einer geriatrischen Rehaklinik in Trier bei 89 Prozent der Patienten einen Vitamin-D-Mangel mit einem Spiegel unter 20 ng/ml, bei 67 Prozent der Patienten wurde dieser sogar als schwer eingestuft, weil der Wert unter 10 ng/ml lag. Erfasst wurden die Daten von insgesamt 1587 Patienten im Alter von durchschnittlich 82 Jahren, 72 Prozent Frauen und 28 Prozent Männer. Dieses Kollektiv ist besonders durch Osteoporose gefährdet.

Weitere umfangreiche Daten dokumentieren, dass Vitamin-D-Mangel mit einer erhöhten Frakturgefahr bei Stürzen verbunden ist. Zwar liegt der Umkehrschluss nahe, dass die Supplementierung von Vitamin D die Knochen­stabilität fördert und das Osteoporoserisiko senkt, die Studienlage dazu ist jedoch mager. In einer großen Meta-Analyse von 22 kontrollierten Studien waren nur in 2 Studien positive Effekte einer Vitamin-D-Prophylaxe auf das Frakturrisiko festzustellen. In diesen Studien hatten die Teilnehmer Vitamin D mit Calcium kombiniert erhalten.

Trotz dieser Evidenzlage empfehlen die Osteoporose-Leitlinien Menschen mit hohem Frakturrisiko eine Vitamin-D-Supplementierung von täglich 800 bis 1000 IE. Diese Dosierempfehlung sollte eingehalten werden, denn auch für Vitamin D haben sich – ähnlich wie für Calcium – Hinweise ergeben, dass hohe Vitamin-D-Spiegel die Sterblichkeit erhöhen könnten.

Kunden, die ein Vitamin-D-Präparat kaufen möchten, sollten PTA oder Apotheker ausdrücklich darauf hinweisen, die Dosierempfehlungen einzuhalten. Auch das »Sonnenhormon« Vitamin D erfreut sich großer Beliebtheit, und deshalb sollte eine Anwendung nach dem Gießkannen-Prinzip vermieden werden. /

Wer ist besonders gefährdet?

  • Im Alter nimmt die Knochenqualität ab, und das Osteoporoserisiko steigt. Ab dem 50. Lebensjahr ist mit einem deutlichen Risikoanstieg zu rechnen, bei Frauen häufiger und früher als bei Männern.
  • Rauchen treibt das Osteoporose­risiko in die Höhe. Dasselbe gilt für übermäßigen Alkoholkonsum. Das bedeutet für Frauen bereits mehr als 20 g Alkohol pro Tag, entsprechend 0,5 l Bier oder 0,25 l Wein täglich.
  • Eine unzureichende Versorgung mit Calcium und Vitamin D über die Ernährung erhöht das Osteoporose­risiko.
  • Untergewicht (Body Mass Index unter 20) ist mit einer erniedrigten Knochendichte und vermehrten osteo­porose-typischen Knochen­brüchen verbunden.
  • Mangelnde Bewegung ist ebenfalls ein Risikofaktor.
  • Verschiedene Erkrankungen – zum Beispiel Hyperthyreose, Morbus Crohn, rheumatoide Arthritis – gehen mit einem erhöhten Osteoporoserisiko einher.
  • Und auch verschiedene Medikamente begünstigen Osteoporose, zum Beispiel Corticoide, Heparine, Protonenpumpen-Hemmer, Glitazone und Aromatase-Hemmer.
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