Hautkrebs: Früh erkannt – Gefahr gebannt |
Gegenüber den meisten anderen Tumoren hat Hautkrebs einen Vorteil: Man kann ihn sehen. Er versteckt sich nicht in inneren Organen, bis er Beschwerden bereitet, sondern wächst direkt an der Körperoberfläche. Die Diagnose kann deshalb oft schon in einem relativ frühen Krankheitsstadium gestellt werden. Das verbessert die Heilungschancen enorm.
Der bekannteste und bösartigste Hauttumor ist das maligne Melanom, der schwarze Hautkrebs. Seinem Namen entsprechend erscheint er meist als dunkle, bräunliche bis bläulich-schwarze, oft asymmetrische Hautveränderung. Melanome entwickeln sich manchmal aus gutartigen Leberflecken, können sich aber auch neu bilden. Zu 80 Prozent treten sie an normalerweise bekleideten Hautstellen auf.
Wird ein malignes Melanom im Frühstadium entdeckt, sind die Heilungsaussichten sehr gut. Leider neigt dieser Tumor aber dazu, sehr schnell Tochtergeschwulste (Metastasen) zu bilden und sich dadurch im ganzen Körper auszubreiten.
Im Jahr 2011 erkrankten nach Angaben des Robert-Koch-Instituts mehr als 20 000 Menschen in Deutschland am schwarzen Hautkrebs, 2900 starben daran (aktuellere Zahlen gibt es noch nicht, Hochrechnungen gehen aber von derzeit etwa 30 000 Neuerkrankungen pro Jahr aus). Von allen Krebsarten hat das Melanom seit den 1970er-Jahren die prozentual höchste Zuwachsrate: Etwa alle zehn Jahre verdoppelt sich die Zahl der Patienten. Gleichzeitig sinkt das Erkrankungsalter. Im Mittel liegt es für Frauen derzeit bei 58 Jahren; Männer erkranken im Schnitt acht Jahre später.
Bei der Selbstuntersuchung der Haut gelten folgende Warnzeichen als Hinweis auf ein verdächtiges Pigmentmal, das der Hautarzt genauer untersuchen sollte:
A wie Asymmetrie: unregelmäßige Form, nicht gleichmäßig rund oder oval
B wie Begrenzung: unscharfe, gezackte oder raue Ränder
C wie Colour (= Farbe): unterschiedliche Färbungen innerhalb eines Mals
D wie Durchmesser: größer als 5 mm
E wie Evolution/Entwicklung: Veränderung innerhalb der letzten drei Monate in Größe, Dicke, Form oder Farbe, beginnendes Jucken, Brennen oder sogar Bluten
Gefährliche UV-Strahlung
Grund für die steigenden Erkrankungsraten ist das veränderte Freizeitverhalten und der bedingungslose Wunsch nach Sonnenbräune. UV-Strahlen bräunen nicht nur – sie verursachen immer auch Schäden im Erbmaterial der Hautzellen. Im Normalfall kann der Körper diese reparieren, oder die betroffenen Zellen gehen zugrunde. Werden die DNA-Schäden aber nicht vollständig behoben, können diese Zellen entarten und zu Ausgangszellen eines Tumors werden.
Sonnenbrand bei Kindern vermeiden
Besonders Sonnenbrände in der Kindheit und Jugend steigern das spätere Melanomrisiko erheblich. Experten gehen davon aus, dass es am höchsten ist bei Menschen mit blonden oder rötlichen Haaren und heller, sonnenempfindlicher Haut, die zu Sommersprossen neigen und im Lauf der Jahre viele Pigmentmale am ganzen Körper bekommen. Auch familiäre Veranlagung spielt eine Rolle. Solarienbesuche erhöhen das Risiko ebenfalls.
Weniger bösartig, aber erheblich verbreiteter als das maligne Melanom ist der epitheliale Hautkrebs, oft auch als heller oder weißer Hautkrebs bezeichnet. Häufigste Form ist das Basalzellkarzinom (Basaliom): Rund 160 000 Menschen in Deutschland erkranken jährlich daran. Dieser Tumor bildet zwar in der Regel keine Metastasen, wächst aber immer weiter in die Tiefe und kann dadurch auch Knochen und anderes benachbartes Gewebe zerstören. Meist beginnt er als kleiner porzellanfarbener Knoten, durchzogen von winzigen Blutgefäßen. Später bildet sich in der Mitte eine Mulde, die gelegentlich nässt oder blutet.
Basalzellkarzinome können am ganzen Körper auftreten, bevorzugt aber an Stellen, die häufig der Sonne ausgesetzt sind – also etwa Nase, Ohren, Handrücken oder Nacken. Anders als beim malignen Melanom scheinen für die Entstehung nicht kurze, intensive UV-Bestrahlungen und Sonnenbrände ausschlaggebend zu sein, sondern die über viele Jahre aufgenommene UV-Gesamtmenge. Weil der Tumor mehrere Jahrzehnte braucht, um sich zu entwickeln, liegt das Erkrankungsalter meist zwischen dem 60. und 70. Lebensjahr. Zunehmend sind aber auch jüngere Menschen betroffen.
Hat sich der Tumor noch nicht in tieferes Gewebe ausgebreitet, ist die chirurgische Entfernung meist einfach. Die Wahrscheinlichkeit, von einem Basalzellkarzinom vollständig geheilt zu werden, liegt bei über 90 Prozent.
Krebsvorstufe Keratose
Die zweite Form des weißen Hautkrebses, das Plattenepithelkarzinom (auch Stachelzellkrebs genannt), entsteht fast ausschließlich auf den sogenannten Sonnenterrassen wie Nase, Schläfen und Kinn.
Ohne Sonnenlicht können wir nicht leben: Der Körper braucht es, um Vitamin D zu bilden. Nach Angaben der Deutschen Krebshilfe und anderer Fachverbände reicht es dafür aber, Gesicht und Hände alle zwei Tage zehn bis 15 Minuten lang der Mittagssonne auszusetzen. Einige Studien deuten zudem darauf hin, dass eine moderate Sonnenexposition und hohe Vitamin-D-Spiegel möglicherweise vor bestimmten Krebsarten schützen könnten. Bei einem Vitamin-D-Mangel empfehlen Hautärzte, diesen mit Tabletten auszugleichen, statt sich übermäßig der Sonne auszusetzen und damit sein Hautkrebsrisiko zu erhöhen.
Seine Vorstufe ist die aktinische Keratose: schuppige, oft rötliche oder bräunliche Hautareale, die sich wie Schmirgelpapier anfühlen. Sie lassen sich sehr gut äußerlich behandeln, zum Beispiel mit Salben, flüssigem Stickstoff oder durch eine spezielle Lichttherapie. Wächst diese gutartige Vorstufe weiter, bilden sich mit der Zeit gelbliche Verhornungen, aus denen sich ein Plattenepithelkarzinom in Form eines Knotens entwickeln kann. Dieser wird relativ schnell größer, bricht oft in der Mitte auf und nässt dann. Erst nach längerem Wachstum beginnt er zu metastasieren – zunächst nur in die benachbarten Lymphknoten, später auch in andere Organe. Bis zu einer Tumordicke von etwa zwei Millimetern beträgt die Heilungschance aber nahezu 100 Prozent. Am häufigsten erkranken Männer nach dem 70. Lebensjahr. Frauen sind vom Plattenepithelkarzinom etwas seltener betroffen. Oft tritt nach der Erstdiagnose noch ein weiterer Tumor auf.
37 000 Stachelzellkrebs-Neuerkrankungen registrierte das RKI 2010. Gefährdet sind – noch mehr als beim Basalzellkrebs – besonders solche Menschen, die sich berufsmäßig oder in der Freizeit häufig im Freien aufhalten. Für bestimmte Berufsgruppen, wie Landwirte, Bauarbeiter oder Briefträger, werden das Plattenepithelkarzinom und die flächige aktinische Keratose seit Anfang dieses Jahres deshalb als Berufskrankheit anerkannt.
Andere Hautkrebsformen, wie zum Beispiel das sogenannte Merkelzellkarzinom, kommen in Deutschland sehr selten vor.
Alle zwei Jahre zum Screening
Sowohl für schwarzen als auch für hellen Hautkrebs gilt: Je eher er entdeckt wird, desto höher ist die Aussicht auf Heilung – im Frühstadium nahezu 100 Prozent. Seit 2008 hat deshalb jeder gesetzlich Krankenversicherte in Deutschland alle zwei Jahre Anspruch auf ein Hautkrebs-Screening. Dieses Angebot wird bislang allerdings nur von etwa einem Drittel der Berechtigten genutzt.
Die standardisierte Untersuchung kann ein speziell zertifizierter Hausarzt oder Hautarzt durchführen. Er inspiziert dafür mit bloßem Auge unter hellem Licht die gesamte Hautoberfläche inklusive Kopfhaut, Augen, Mundschleimhaut, äußere Genitalien und Afterregion. Falls der Hausarzt das Screening durchführt, wird er den Patienten bei einer auffälligen Hautveränderung zur Abklärung an einen Dermatologen überweisen. Nur in zwei von zehn Fällen stuft dieser den Befund ebenfalls als verdächtig ein. Dann schneidet er unter örtlicher Betäubung die betreffende Stelle in der Regel vollständig heraus und schickt sie zur mikroskopischen Untersuchung ins Labor. Melanomzellen finden sich dabei in etwa jeder fünften Probe. In diesem Fall schließen sich weitergehende Untersuchungen an, die klären sollen, ob sich bereits Metastasen gebildet haben.
Die meisten Experten sind sich einig, dass die Vorteile der Krebsfrüherkennung die potenziellen Nachteile des flächendeckenden Screenings – wie die Verunsicherung durch einen Krebsverdacht, der sich im Nachhinein als falsch erweist – bei Weitem überwiegen. »Ein Screening ist kein diagnostisches Vorgehen«, betont Professor Dr. Eckhard Breitbart, Zweiter Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Prävention (ADP): »Es dient zur Einteilung der Bevölkerung in zwei Gruppen: solche mit hoher Krankheitswahrscheinlichkeit und solche mit niedriger.«
Extra-Leistungen
Einige Hautärzte argumentieren, die Hautinspektion mit dem bloßen Auge sei zu ungenau, und bieten verschiedene Zusatzleistungen an – etwa die sogenannte Dermatoskopie (Auflichtmikroskopie), eine computergestützte Bildanalyse oder die Ganzkörperfotografie. Die muss der Patient dann allerdings aus eigener Tasche zahlen. Laut der S3-Leitlinie »Prävention von Hautkrebs« und ihrem federführenden Autor Breitbart sind diese Maßnahmen im Rahmen des Screenings weder gerechtfertigt noch zweckdienlich. Einzig die Dermatoskopie hat sich wissenschaftlich als sinnvolle Ergänzung erwiesen – aber nur, wenn es darum geht, eine verdächtige Hautstelle genauer zu begutachten, bevor eine Gewebeprobe entnommen wird. Mit einem Auflichtmikroskop kann der Hautarzt die Hautstrukturen bis in tiefere Schichten hinein vergrößert betrachten und so gutartige und bösartige Veränderungen leichter unterscheiden. In der Hand geschulter Klinikärzte verbesserte das in Studien die Diagnosegenauigkeit um 18 Prozent. Unnötige Operationen können so unter Umständen vermieden werden. Auch Menschen mit einem besonders hohen Hautkrebsrisiko – mit vielen unregelmäßigen Pigmentflecken und mehreren Melanomfällen in der Familie – profitieren nach Einschätzung der Leitlinienkommission von einer regelmäßigen Verlaufskontrolle mit dem Dermatoskop. Die Krankenkassen bezahlen diese Zusatzleistung in der Regel trotzdem nicht. Risikopersonen können ihre Haut aber auch außerhalb des Screeningrhythmus häufiger vom Hautarzt untersuchen lassen.
Wichtigstes Hilfsmittel bei der Früherkennung von Hautkrebs ist nach Erfahrung von Breitbart die Eigenwahrnehmung des Patienten: »Wenn jemand sagt, die Stelle kommt mir komisch vor, liegt er fast immer richtig.« Das setze allerdings voraus, dass er ein Bewusstsein für die Situation seiner Haut habe und sie genau beobachte (siehe Kasten).
Weniger schwere Operationen
Seit der Einführung des Screenings stieg die Zahl der Hautkrebsdiagnosen in Deutschland um etwa 25 Prozent. Vor allem Frühformen werden häufiger erkannt. Der wissenschaftliche Beweis, ob durch das Screening tatsächlich die Hautkrebs-Sterblichkeit sinkt, fehlt aber bislang. Auch der im Mai veröffentlichte Evaluationsbericht des Gemeinsamen Bundesausschusses konnte keinen Einfluss auf die Zahl der Todesfälle feststellen. Kritiker verbreiteten daher, das Screening sei »teuer und nutzlos«. Allerdings wurden bisher nur Daten aus den Jahren 2009 und 2010 untersucht – also kurz nach Einführung des bundesweiten Screenings. »Der Erfolg oder Misserfolg von Früherkennung anhand epidemiologischer Daten lässt sich oft erst nach einem oder zwei Jahrzehnten erkennen«, betont der Berufsverband der Deutschen Dermatologen. Ziel des Screenings sei neben der Senkung der Sterblichkeit »in weitaus mehr Fällen die Vorverlegung des Diagnosezeitpunktes«. Ausgedehnte, schwer belastende Operationen und Folgebehandlungen könnten so bei vielen Patienten vermieden werden. /