Organkulturen ersetzen Tierversuche |
07.09.2015 09:37 Uhr |
Von Elke Wolf / Netzhäute geschlachteter Rinder und Schweine könnten in Zukunft viele Tierversuche in der Augenheilkunde überflüssig machen, teilt die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG) mit. An der Universitäts-Augenklinik Tübingen läuft derzeit ein Forschungsprojekt, das solche Alternativen weiterentwickelt.
In der Medizinforschung werden neue Arzneistoffe zunächst immer auf Zellkulturen getestet. Dann folgen Tierversuche. Zu diesem Zweck werden nach Angaben der DOG in der Augenheilkunde weltweit jährlich 250 000 Labortiere benötigt. Diese könnten in naher Zukunft durch alternative Methoden ersetzt werden, hofft Dr. Kai Januschowski, der an dem Projekt in Tübingen federführend forscht.
Dabei ist ein Modell besonders vielversprechend, das mit den Netzhäuten geschlachteter Rinder und Schweine arbeitet. »Normalerweise würden die Augen von Schlachttieren entsorgt«, erklärt Januschowski. »Innerhalb von 20 Minuten nach dem Schlachten können wir die Netzhäute unter abgedunkelten Bedingungen so entnehmen, dass sie funktionstüchtig bleiben.« Anschließend lagert das empfindliche Gewebe in einer speziellen Dunkelkammer in einer Nährlösung. Derart erhalten, können die Forscher die Retina mit Lichtblitzen reizen, um Wirkung und Verträglichkeit neuer Substanzen zu testen. »Dabei nutzen wir die elektronischen Antworten auf den Lichtimpuls, sie zeigen uns die Reizverarbeitung und damit die Reaktion«, so der Ophthalmologe.
Die Tübinger Wissenschaftler sind von den Vorteilen dieses Tierersatzmodells überzeugt, zumal Rinder- oder Schweineaugen dem menschlichen Auge in Größe und Aufbau deutlich ähnlicher sind als die von Kaninchen oder Maus. »Insgesamt erhalten wir mit der retinalen Organkultur sogar wissenschaftlich bessere und genauere Antworten als im herkömmlichen Tierversuch«, resümiert Januschowski. Das Labortier werde damit vollständig ersetzt. /
Quelle: Pressemitteilung Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG)