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Polyneuropathie

Wenn Nerven nerven

Taubheit, Kribbeln, Schmerzen: Das können die ersten Anzeichen von Nerven­schädigungen sein. Die Ursachen solcher Polyneuropathien sind vielfältig, eine kausale Therapie gibt es nicht. Unbe­handelt können irreversible Schäden auftreten.
Caroline Wendt
08.09.2017  11:55 Uhr

Bei einer Polyneuropathie werden zen­trale oder periphere Nerven geschädigt. Es können sowohl motorische als auch sensorische Nerven betro­ffen sein. Die Erkrankung äußert sich mit unterschiedlichen Sympto­men, die besonders zu Anfang sehr unspezifisch sein können. Daher wird eine Polyneuropathie oftmals nicht sofort erkannt.

Bei der peripheren Polyneuropathie sind meist die Nervenbahnen in Beinen und Armen betroffen. Es kommt zunächst zu Sensibi­litätsstörungen: Die Patienten klagen über Taubheit, Kribbeln (Ameisen­laufen) oder Brennen. Wenn sensorische Nerven betroffen sind, wird Druck nicht richtig wahrgenommen, was im weiteren Verlauf der Krankheit zu gefährlichen Druckstellen – wie beim diabetischen Fußsyndrom – führen­ kann. Einige Betroffene geben an, wie auf Watte zu laufen, was in einer­ Gangunsicherheit resultiert. Oft leiden Poly­neuropathie-Patienten auch vor allem nachts unter Muskelkrämpfen. Neben einer verminderten Empfindlichkeit kann es aber auch zu einer erhöhten Empfindlichkeit oder zu Fehlem­pfindungen kommen, beispielsweise kann das Wärme-­ oder Kälteempfinden gestört sein. Auch erhöhte Druckempfindlichkeit und Schmerzen kann die Nervenschädigung verursachen.

Diabetes und Alkohol

Die häufigste Ursache einer Poly­neuropathie ist die Stoffwechsel­erkrankung Diabetes mellitus. Fast jeder zweite Diabetiker, sowohl Typ 1 als auch Typ 2, entwickelt im Laufe seiner Erkrankung Störungen an den Nervenbahnen. Warum genau es dazu kommt, ist noch nicht vollständig geklärt. Vermutlich sind der erhöhte Blutzuckerspiegel und die Zucker-Abbauprodukte im Blut direkt­ für die Schäden an den Nerven verantwortlich. Häufig leiden beson­ders schlecht eingestellte Diabetiker früh und schwer unter den Folgeschäden.

Der zweithäufigste Grund für eine Polyneuropathie ist übermäßiger Alkoholkonsum, denn Alkohol wirkt direkt toxisch auf die Nervenbahnen. Dazu kommt, dass nach jahrelangem chronischem Alkoholabusus häufig ein Mangel­ an Vitamin B1 und B6 vorliegt. Das Fehlen dieser Vitamine wird ebenfalls als Auslöser von Nervenschäden diskutiert, ebenso ein Mangel der Vitamine B2, B12 und E. Daneben können auch Leber- oder Nierenerkrankungen, Schilddrüsenfunktionsstörungen, Borreliose und Immun­erkrankungen wie das Guillain-Barré-Syndrom zu Schäden an den Nerven­ führen. Insgesamt sind mehr als 500 verschiedene Ursachen bekannt.

Symptome der Polyneuropathie

  • Parästhesien (Ameisenlaufen): Kribbeln und Brennen
  • Sensibilitätsstörungen: Schmerzen, Taubheit, Berührungen oder Druck werden vermindert wahrgenommen, Laufen »wie auf Watte«
  • Fehlempfindungen: Schmerzen oder gestörtes Kalt/Warmempfinden
  • Muskelkrämpfe
  • Motorische Ausfälle, Muskelschwäche

Medikamente als Auslöser

Auch Medikamente können Neuropathien verursachen. Sie können beispielsweise als Neben­wirkung einer Therapie mit Zytos­tatika wie Cisplatin, einigen Antibiotika, darunter Metronidazol und Nitro­furantoin, oder HIV-Therapeutika auftreten. Statine allerdings, die in der Vergangenheit auch im Verdacht standen­, Nervenschäden zu verur­sachen, sind aktuellen Studien zufolge nicht für das Auftreten von Neuropathien verantwortlich.

Beschreiben Patienten in der Apotheke Symptome, die auf eine Poly­neuropathie hinweisen, sollten PTA und Apothe­ker ihnen raten, einen Arzt aufzusuchen. Dieser wird zunächst ein ausführliches Anamnesegespräch führen, um die Hinter­gründe zu erfahren. Besteht bereits eine Diabetes-Erkrankung? Wurde der Patient vor Kurzem von einer Zecke gebissen? Welche Medi­kamente nimmt der Patient zurzeit ein? Trinkt er übermäßig viel Alkohol? Außerdem geben Bluttests Auskunft über Blutzuckerwert, Vitaminstatus sowie Leber-, Nieren­- und Schilddrüsenwerte. Dazu wird die Be­rührungs- und Temperaturempfindlichkeit untersucht. Mit einer Stimmgabel kann der Arzt zum Beispiel über die Vibrationsempfindlichkeit die Tiefensensibilität im Fuß oder Bein prüfen. Auch testet er Muskelkraft, Reaktionen und Reflexe.

Folgeschäden verhindern

Ist die Polyneuropathie die Folge einer anderen Grunderkrankung, muss diese unbedingt behandelt werden, um ein weiteres Fortschreiten der Krankheit zu verhindern. Diabetiker müssen auf eine gute Blutzuckereinstellung achten, bei einer Entzündung können Glucocorticoide oder Immunsuppressiva helfen. Alkoholkonsum sollte möglichst vermieden werden.

Die Symptome einer Polyneuropathie zu behandeln, ist nicht leicht. Viele Patienten müssen Verschiedenes ausprobieren, bis sie das für sie richtige Arzneimittel gefunden haben. Ziel einer­ Behandlung soll laut der Leitlinie »Pharmakologisch nicht interventionelle Therapie chronisch neuropathischer Schmerzen« der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) eine Schmerzreduktion um 30 bis 50 Prozent sein. Auch sollen die Schlaf- und Lebensqualität verbessert werden.

Mittel der Wahl

Nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen, Di­clofenac oder Acetylsalicylsäure sind bei neuro­pathischen Schmerzen kaum wirksam und werden in der Leitlinie, die noch bis Ende September gültig ist und zurzeit über­arbeitet wird, nicht empfohlen. Auch Paracetamol oder Metamizol zeigen­ nur begrenzt Wirkung. Mittel der ersten Wahl zur symptomatischen Therapie sind trizyklische Anti­depressiva wie Amitriptylin, selek­tive Sero­tonin-Noradrenalin-Wiederauf­nah­me­hemmer (SSNRI) wie Duloxetin oder Venlafaxin und Antikonvulsiva wie Pregabalin oder Gabapentin. Ebenfalls Mittel­ der ersten Wahl bei neuropathischen Schmerzen sind Wirkstoffpflaster mit Capsaicin oder Lidocain. Diese werden bei starken Schmerzen verordnet oder wenn ein schneller Wirk­eintritt erforderlich ist. Ebenfalls bei starken Schmerzen können Opioide eingesetzt werden. Da es unter ihnen zu einer Toleranzentwicklung kommen kann, sind sie allerdings nicht Mittel der ersten Wahl.

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