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Psyche

Glück hält gesund

12.10.2015  10:57 Uhr

Von Inga Richter / Gefühle sind untrennbar mit dem Nerven- und Immunsystem verbunden. Eine positive Lebenseinstellung kann Erkrankungen verhindern, sie lindern oder gar heilen. Negatives Denken und Stress bewirken das Gegenteil. Das Fachgebiet der Psychoneuroimmunologie deckt mehr und mehr auf, welchen Einfluss Gefühle auf den Körper haben und wie sich körperliche Erkrankungen auf die Psyche auswirken.

In den vergangenen zwei Wochen: Waren Sie die ganze Zeit froh und guter Laune? Oder zu keinem Zeitpunkt? Wie oft fühlten Sie sich ruhig und entspannt, energisch und aktiv, frisch und ausgeruht? War der Alltag ständig gefüllt mit interessanten Dingen oder nicht ein einziges Mal? Bei diesem Frage­bogen der Weltgesundheitsorganisation WHO zum Wohlbefinden aus dem Jahr 1998 lässt sich eine Punktzahl zwischen 0 und 25 ermitteln. Bei einem Wert unter 14 ist die Lebensqualität als kritisch zu betrachten.

Natürlich kann eine solche Punkteskala nicht aufzeigen, ab wann sich mangelndes Wohlbefinden negativ auf körperliche Funktionen auswirkt. Allerdings besteht inzwischen kein Zweifel mehr daran, dass Menschen, die sich seltener gut fühlen, wahrscheinlicher krank werden. »Die Psyche ist von fundamentaler Bedeutung«, sagt Professor Dr. Christian Schubert, Leiter des Labors für Psychoneuroimmunologie an der Universitätsklinik für Medizinische Psychologie und Psychotherapie Innsbruck. »Kein Reiz, der nicht in körperliche Reaktionen übersetzt werden kann.«

Zwischen Hormon-, Nerven- und Immunsystem herrscht ein reger Informationsaustausch, der durch eine gemeinsame biochemische Sprache erfolgt. An Nervenzellen befinden sich Rezeptoren, welche Signale von Botenstoffen, zum Beispiel Zytokinen, entziffern und diese in nervale Aktivitäten umwandeln. Umgekehrt senden vom Nervensystem freigesetzte Neurotransmitter Botschaften an das Immunsystem. »Wir wissen, dass das Nervensystem eng mit der Psyche verbunden ist«, so Schubert. »Menschen mit hohem Wohlbefinden und wenigen depressiven oder ängstlichen Gefühlen altern deutlich langsamer und haben eine höhere Lebenserwartung.« Optimistisch denkende Patienten dürften beispielsweise die Folgen eines Infarktes oder einer Krebsbehandlung besser überstehen als solche, die sich große Sorgen machen. »Durch Serumanalysen kann man bei diesen Patienten feststellen, dass die Konzentration der Entzündungsparameter geringer ist.« Ängste um die Gesundheit, aber auch Arbeits- und Termindruck oder Streitigkeiten versetzen den Körper hingegen in eine Art Alarmzustand.

Dann fließt das Blut mit hohem Druck durch die Adern und verlangt dem Herzen eine höhere Schlagfrequenz ab. Der Blutzuckerspiegel steigt. Bei akutem Stress wird zunächst das angeborene humorale Immunsystem aktiviert, welches zum Schutz gegen Krankheitserreger oder Giftstoffe Entzündungen entfacht. Im Normalfall ist das Hormon Cortisol dafür zuständig, das Immunsystem wieder ins Lot zu bringen und die hervorgerufenen Entzündungen abklingen zu lassen. Doch hat sich dieses ausgefeilte System im Laufe der Evolution entwickelt, um den Menschen kurzfristig in Anspannung zu versetzen. »Eine dauerhaft erhöhte, stressbedingte Cortisolfreisetzung schwächt die zelluläre Immunantwort und steigert die humorale Immunantwort«, so Schubert. »Dies ebnet viralen Infektionen und Krebs sowie Allergien den Weg.« Folglich wirken auch Im­pfungen nur bedingt, Wunden heilen langsamer und die Gefahr von Herzinfarkt oder Schlaganfall erhöht sich.

»Stress ist Entzündung und Entzündung ist Altern.« Stress und den Cortisolspiegel bei normal funktionierendem Stresssystem niedrig zu halten, bedeutet, das Immunsystem zu stärken. Dazu gibt es einige Möglichkeiten wie Entspannungsübungen, Bewegung, Schlafhygiene, Ernährungsumstellung und andere Verhaltensänderungen. Manches Mal aber reichten solche symptomorientierten Maßnahmen nicht aus. In diesen Fällen sitze die Verbindung mit der Psyche tiefer, so Schubert: »Ich bin überzeugt, dass man in Zukunft mit psychotherapeutischen Einsichten und mit Mitteln der Psychotherapie körperliche Erkrankungen heilen und verhindern kann.«

Nicht jeder Mensch kann allen Anforderungen und Pflichten zum Trotz ein durchweg fröhliches Leben führen. Manche bringen von Haus aus gute Stressbewältigungsfähigkeiten mit, erklärt der Arzt und Psychotherapeut. Sie überwinden schwierige Zeiten meist ohne längerwährende Einbuße an Lebensfreude, sind resilient. Andere stehen negativen Einflüssen machtlos gegenüber und erkennen die positiven Seiten des Lebens kaum mehr. »Es gibt eine gewisse Grundgesundheit, die in der Kindheit festgelegt wird.« Ausschlaggebend seien hier sichere Bindungen zu Bezugspersonen und zwischenmenschliche Wärme, wenige Konflikte und Spannungen.

Rezept zum Glück

Psychische Gesundheit bedeutet Wohlbefinden und dieses wird weitgehend mit dem Begriff Glück gleichgesetzt. Die Glücksforschung untersucht, warum manche Menschen sich wohler fühlen als andere, was Menschen überhaupt unter Glück verstehen und wie sich dieser Zustand dauerhaft erreichen lässt. Einen Schlüssel zum Glück gibt es nicht, sagt der Münchner Glücksforscher Bernd Hornung: »Ein gutes Rezept braucht mehrere Zutaten«. Die guten Zutaten müsse man so mischen, dass es am besten schmeckt. Ähnlich verhalte es sich mit einem glücklichen Leben. Ganz oben auf der Liste der Zutaten steht den Glücksforschern zufolge der Kontakt mit anderen Menschen, insbesondere mit Familie und Freunden.

Wie sehr sich zwischenmenschliche Nähe auf die körperliche Gesundheit auswirkt, ergab eine aktuelle Studie der Brigham Young University im US-Bundes­staat Utah mit mehr als 300 000 Menschen. Das Ergebnis: Einsamkeit schadet der Gesundheit genauso wie das Rauchen von 15 Zigaretten am Tag oder Alkoholmissbrauch. Ein Mangel an sozialen Kontakten wirkt sich sogar schädlicher aus als Bewegungsmangel und Übergewicht. Die Gründe für die wachsende Anzahl einsamer Menschen sehen die Forscher in der Evolution des Internets und der damit einhergehenden Kommunikation über weite Entfernungen. Nachrichten zu tippen ersetze keine emotionale Nähe. Mitverantwortlich scheinen auch hierfür gewisse Botenstoffe zu sein. Viele Studien belegen, dass Berührungen, Umarmungen, Küsse und sogar liebevolle Gedanken an andere Menschen zu einer erhöhten Ausschüttung von Oxytocin führen. Das »Kuschelhormon« fördert die Bindung zwischen Mutter und Kind während der Geburt und beim Stillen, verstärkt das Gefühl von Treue und Verbundenheit, dämpft Aggressionen und Ängste. Außerdem reduziert das Hormon Stress, senkt Bluthochdruck und Herzfrequenz. Bei Einsamkeit lässt die Oxytocinproduktion nach.

Wege zum Wohlbefinden

  • Qualitativ hochwertige Beziehungen bieten Liebe, Austausch, Interesse, Anerkennung und damit verbunden Selbstwahrnehmung und Selbstwertgefühl.
  • Selbstbestimmtheit: Sich bewusst sein, was einem selbst wichtig ist. Entsprechende Entscheidungen treffen und die Konsequenzen tragen.
  • Sinn des Lebens für sich erkennen.
  • Selbstakzeptanz: Sich so annehmen, wie man ist.
  • Herausforderungen annehmen und bewältigen.
  • Mehr Muße: Glückswissenschaftler empfehlen, eine Balance zwischen Berufsdruck und Regeneration zu finden, sich öfter treiben zu lassen und in der Gegenwart zu leben.
  • Kein Perfektionismus: Wer perfekt sein will, ist meist von sich selbst enttäuscht und das macht unzufrieden. Hilfreich: Umdenken: »Ich schaffe das noch nicht« ist besser als »Ich schaffe das einfach nicht«.
  • Ein strukturierter Alltag kann Stress vorbeugen.


Quelle: Zusammengefasst aus verschiedenen Quellen; u.a. Happiness Kongress 2014 in Berlin

»Der entscheidende Botenstoff ist Dopamin in Verbindung mit den Endorphinen und Noradrenalin, das für die Stärke der Gefühle zuständig ist«, so Hornung. Dopamin und Noradrenalin steigern Antrieb und Motivation, Freude und Lust. Endorphine als körpereigene Morphine können ein Hochgefühl verursachen wie es Läufer nach einem langen Lauf empfinden, das sogenannte Runner’s High. Der Neurotransmitter Serotonin sorgt für Ausgeglichenheit und einen regelmäßigen Schlaf-Wach-Rhythmus. Ein Mangel wird mit Depressionen in Verbindung gebracht. Je häufiger am Tag wir uns freuen, wohlfühlen, Momente genießen, desto mehr heben die Wirkungen dieser Neurotransmitter mögliche negative Einflüsse auf.

Positive Gedanken steigern Zufriedenheit

Der Psychologe und Psychotherapeut Rolf Merkle setzt in seinen Ratgebern unter anderem auf die Macht der Gedanken: »Lebensfreude ist trainierbar«, schreibt er. Die Neuronen des für angenehme Gedanken zuständigen linken vorderen Stirnlappens ließen sich aktivieren, indem man sich zum Beispiel regelmäßig schöne Erfahrungen ins Gedächtnis ruft oder lustige Filme anschaut. »Mit der Zeit wird es immer leichter fallen, positive Gefühle ganz bewusst abzurufen.« Als Hilfsmittel empfiehlt Merkle, sich zunächst persönliche Glücksmomente aufzuschreiben. »Worauf Sie sich konzentrieren, bestimmt, wie Sie sich fühlen.« Wie andere Experten auch warnt er allerdings davor, sein Glück in kurzfristigen Spaßerlebnissen zu suchen. Beim Shoppen etwa, insbesondere wenn es sich um Schnäppchen handelt, durch Gewinnspiele und fettes oder süßes Essen wird eine große Menge Dopamin ausgeschüttet – ebenso wie beim Konsum von Koka­in, Zigaretten und Alkohol. Langsamer flutet das so­genannte Glückshormon an, wenn man Vorfreude für ein Ereignis entwickelt, dieses plant, durchführt und die positiven Aspekte in Erinnerung behält.

»Das Glück steckt zu 50 Prozent in den Genen«, so Hornung. Nur zu 10 Prozent würde es von unkontrollierbaren Lebens­umständen beeinflusst. »40 Prozent sind machbar.« Manche Studien brächten hervor, dass extrovertierte Menschen glücklicher leben, weil sie aufgeschlossen, kontakt­freudig und gesellig, gesprächig, unternehmungslustig und weltoffen sind. Andere Wissenschaftler haben wiederum herausgefunden, dass in sich gekehrte Menschen ihre Zufriedenheit anders und möglicherweise tiefer erleben. Hornung jedoch ist überzeugt: Glücklich mache unter anderem, höflich zu sein und Leute anzulächeln: »Das kann jedes Kind.« /

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