Lästigen Parasiten den Garaus machen |
26.10.2015 09:46 Uhr |
Von Annette van Gessel / Mit Beginn der kalten Jahreszeit haben neben den Erkältungsviren jetzt auch oft Läuse Saison: Beim Spielen der Kinder wechseln sie ihren Wirt und breiten sich schnell in der ganzen Gruppe aus – ob im Kindergarten oder in der Schule. Fachkundige Beratung in der Apotheke kann dazu beitragen, dass Eltern die richtigen Maßnahmen ergreifen.
Oft vergehen einige Tage bis der Läusebefall bemerkt wird. Während dieser Zeit wächst die Zahl der Infizierten ständig an. So kann sich Läusebefall ausgehend von einem einzigen Kind schon innerhalb weniger Tage in einer ganzen Schulklasse oder einem Kindergarten ausbreiten. Daher ist schnelles Handeln gefordert, wenn Eltern die Läuse entdeckt haben. Der Gesetzgeber schreibt vor, dass Erziehungsberechtigte die Einrichtung, die ihr Kind besucht, unverzüglich über den Kopflausbefall informieren müssen.
Kinder mit Kopfläusen dürfen so lange nicht in den Kindergarten oder die Schule gehen, bis sie von den Läusen befreit sind, das heißt, bis sie sachgerecht mit einem zugelassenen Läusemittel behandelt wurden. Fragen die Eltern zuerst in der Apotheke um Rat, gilt es, sie über einige Vorurteile aufzuklären und ihnen ihre Verunsicherung zu nehmen.
Eine Befürchtung mancher Eltern können PTA oder Apotheker gleich entkräften: Läuse sind zwar unangenehm und lästig, aber nicht gefährlich, denn sie übertragen heutzutage keine Krankheiten mehr. Im Mittelalter haben sie vermutlich bei der Ausbreitung der Pest eine Rolle gespielt.
Außerdem müssen sich die Eltern keine Vorwürfe machen. Läuse sind kein Zeichen dafür, dass in ihrem Haushalt die Hygiene zu wünschen übrig lässt. Läuse bevorzugen keine schmutzigen Köpfe oder ungewaschenen Haare. Kopfläuse verbreiten sich trotz sorgfältiger Körperpflege. Selbst tägliches Haarewaschen mit einem normalen Shampoo schützt nicht vor der Ansteckung und vernichtet weder Läuse noch deren Eier.
Kopfjucken verdächtig
Kopfläuse sind nicht einfach zu entdecken. Sie sind grau bis durchsichtig und nach einer Blutmahlzeit bräunlich bis rötlich gefärbt. Meist werden die Eltern aufmerksam, wenn sich ihr Kind ständig am Kopf juckt. Der Speichel der zwei bis drei Millimeter großen Tiere verursacht starken Juckreiz. Daher kratzen sich manche Kinder die Kopfhaut blutig, sodass sie sich entzündet. Diese geröteten Stellen entdecken Eltern am leichtesten hinter den Ohren oder im Nacken. Kopfläuse ernähren sich vom Blut ihres Wirts und leben etwa einen Monat. In dieser Zeit legen die Weibchen bis zu 10 Eier am Tag, insgesamt sind es meist 90 bis 140 klebrige Eier im Laufe ihrer Lebenszeit. Diese heften sie mit einem wasserunlöslichen Kleber in Kopfhautnähe an die Haare. Nach acht bis zehn Tagen schlüpfen daraus die Larven, die neun bis elf Tage später geschlechtsreif werden. Im Unterschied zu den Läusen erkennt man die weißen Nissen, die 0,8 Millimeter langen leeren Eihüllen, im Haar meist leicht. Erwachsene Läuse können zwei Tage ohne Blutmahlzeit überleben.
Der spezielle Läusekamm alleine reicht nicht aus, um Läuse, Nissen und Larven zu entfernen. Das Spektrum der Präparate reicht von chemischen Substanzen wie in Infectopedicul oder Jacutin Pedicul Spray über Dimeticone wie in Nyda und mosquito dimeticon Läuse Haar-Fluid bis zu Produkten mit Extrakten aus Kokos oder Neem, pflanzlichen Fettsäuren oder ätherischen Ölen. Das Wirkprinzip der jeweiligen Präparate basiert entweder auf einem neurotoxischen Effekt gegenüber Läusen oder auf einem physikalischen Mechanismus. Der häufige Einsatz der klassischen Pedikulozide hat in einigen europäischen Ländern, unter anderem in Frankreich, Großbritannien und Tschechien, dazu geführt, dass sich Doppel- und Kreuzresistenzen entwickelt haben. Daher sehen Experten die entsprechenden Präparate nicht mehr als Mittel der ersten Wahl an.
Keine Resistenzbildung
Hingegen ist bei rein physikalisch wirkenden Mitteln keine Resistenzentwicklung zu erwarten. So verschließen beispielsweise Siliconöle wie Dimeticone innerhalb kurzer Zeit die Atemöffnungen der Läuse, Larven und Eier, sodass die Plagegeister ersticken. Diese Mittel sind zudem gut verträglich und gelten als sicher und untoxisch. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) beurteilt im Internet Dimeticon-Lösungen folgendermaßen: »Dimeticon 4 % Lösung ist vermutlich die wirksamste Möglichkeit, Läuse loszuwerden, ohne Insektizide einzusetzen. Ob schwächere Lösungen funktionieren, ist nicht bekannt. Es gibt auch stärkere Lösungen mit über 90 % Dimeticon. Diese wurden auch schon in einigen Studien erprobt und schienen nicht häufiger zu Nebenwirkungen zu führen.« Aufgrund ihres Wirkprinzips gehören diese Präparate zu den Medizinprodukten und nicht zu den Arzneimitteln.
Da weder mit chemischen noch mit physikalischen Behandlungsmethoden alle Eier zuverlässig abgetötet werden, empfehlen die Experten des Robert-Koch-Instituts für jedes Kopflausmittel eine zweite Behandlung nach neun Tagen plus/minus 24 Stunden. Das ist sinnvoll, denn bis zum siebten oder achten Tag schlüpfen noch Larven nach und ab dem elften Tag können junge Weibchen bereits neue Eier legen. Grundsätzlich sollte acht bis zehn Tage nach jeder Behandlung der Erfolg kontrolliert werden.
Um den Behandlungserfolg nicht zu gefährden, müssen sich die Eltern genau an die Gebrauchsinformation des jeweiligen Herstellers halten. Je nach Produkt unterscheidet sich beispielsweise die Einwirkzeit bis zum Auskämmen. Die klebrigen Nissen bleiben auch nach einer erfolgreichen Behandlung oft noch lange an den Haaren haften. Wenn sie sich mit dem Läusekamm nicht herauskämmen lassen, hilft nur, die Nissen mit den Fingernägeln einzeln herauszuziehen.
Hinsichtlich der sonstigen bisher empfohlenen Maßnahmen räumen Experten mit aktuellen Ratschlägen auf. Nach ihrer Ansicht ist eine Kopflaus, die einige Stunden außerhalb der Kopfhaut überlebt hat, derart geschwächt, dass sie anschließend auf keinem Kopf mehr Blut saugen kann.
Sie halten es daher für unsinnig, Pullover, Handtücher und Bettwäsche jeden Tag zu wechseln und diese bei mindestens 60 °C zu waschen. Auch Textilien und Gegenstände, die nicht heiß gewaschen werden können, 14 Tage lang in einen Plastiksack zu verschließen, bewerten sie als übertrieben. Laut aktueller Wissenslage machen sich Eltern auch vergebliche Mühe, wenn sie Polstermöbel, Fußböden und Autositze aufwendig desinfizieren. Manche behandeln sogar Hund oder Katze mit. Kopfläuse haben sich auf den Menschen spezialisiert und wechseln nicht den Wirt, so wandern auch Tierläuse nicht auf Menschenköpfe.
Sinnvolle Maßnahmen
Ganz wichtig ist es hingegen, mit den Müttern der Spielkameraden zu sprechen, um die Behandlung zu koordinieren. Sonst besteht die Gefahr, dass sich ein erfolgreich behandeltes Kind schon bald wieder mit Läusen infiziert. Bis sie keine einzige Laus mehr entdecken, brauchen Eltern und Kinder Geduld. Doch der Zeitaufwand lohnt sich – vorausgesetzt, infizierte Spielkameraden und Familienmitglieder werden ebenso konsequent behandelt. Die Kosten der Behandlung mit einem zugelassenen Läusemittel übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen bei Kindern bis zum 12. Lebensjahr. /