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Legionellose

Gefahr im Luft-Wasser-Gemisch

01.11.2017  10:51 Uhr

Von Nicole Schuster / Wenn Wasser lange in den Rohren steht, kann sich Legionella pneumophila unkontrolliert vermehren. Beim Einatmen kontaminierter Aerosole droht vor allem Immun­geschwächten und chronisch Kranken eine lebensgefährliche Lungenentzündung. Die Krankheit muss mit Antibiotika und oft stationär behandelt werden. Eine gute Wasserhygiene beugt vor.

Die durch Legionellen verursachte Pneumonie ist auch als Legionärskrankheit bekannt. Ihr Name geht auf einen großen Krankheitsausbruch unter Mitgliedern der amerikanischen Legion während eines Veteranentreffens in Philadelphia im Jahr 1976 zurück. Von den 4400 Teilnehmern erkrankten damals 182 und 29 starben. Als Infektionsquelle stellte sich die Klimaanlage des Hotels heraus. Dieser Verbreitungsweg ist typisch für Legionellen, die beim Menschen verschiedene Krankheitsbilder hervorrufen können. Während das Pontiac-Fieber ein eher harmloser Infekt ist, stellt die Legionellen-Pneumonie einen lebensgefährlichen Verlauf dar.

Es sind vor allem Erwachsene betroffen, Männer häufiger als Frauen. Die meisten Patienten sind über 50 Jahre alt. Von der seit 2001 meldepflichtigen Krankheit werden in Deutschland jährlich offiziell um die 600 Krankheitsfälle registriert. Allerdings handelt es sich dabei wohl nur um einen Bruchteil der tatsächlichen Erkrankungen, da die Infektion oft unerkannt bleibt. Experten gehen daher von etwa 15 000 bis 30 000 tatsächlichen Fällen aus.

Infektionen mit Legionellen treten weltweit vereinzelt oder im Rahmen von epidemischen Ausbrüchen auf. Es lässt sich ein saisonaler Anstieg in den Sommer- und Herbstmonaten feststellen. In dieser Zeit reisen zum einen viele Menschen, zum anderen liegt dann ein feuchtwarmes Klima mit höheren Wassertemperaturen vor, das eine Vermehrung der im warmen Süßwasser lebenden Erreger begünstigt.

Gefahr beim Duschen überschätzt

Bei den Erregern handelt es sich um gramnegative, nicht sporenbildende Aerobier aus der Familie der Legionel­laceae. Wissenschaftler unterscheiden knapp 57 Arten, die mindestens 79 verschiedene Serogruppen umfassen. Für etwa 90 Prozent der Erkrankungen ist Legionella pneumophila verantwortlich. Die Art umfasst insgesamt 16 Serogruppen, von denen sich die für menschliche Infektionen wichtigste Serogruppe 1 in 10 monoklonale Subtypen aufgliedern lässt. Der normale Lebensraum der Bakterien sind Ober­flächen­gewässer und Grundwasser, selten siedeln sie sich auch in künst­lichen Wassersystemen an, etwa großen Warmwasseranlagen mit umfangreichen Rohrsystemen. Bei Temperaturen zwischen 25 Grad Celsius und 45 Grad Celsius können sie sich vor allem in stagnierendem Wasser ideal vermehren. Erst bei über 60 Grad Celsius sterben sie ab.

Infektionsquellen lauern überall dort, wo sich Legionellen unkontrolliert ausbreiten und mit Aerosolen in die Luft gelangen können. Nicht korrekt gewartet können also Groß­klimaanlagen, Schwimmbäder, Whirlpools, Luftbefeuchter oder Installationen zur Warmwasserverteilung zur Gefahr werden. Da die Aerosolbildung beim Duschen meist eher gering ist, schätzen Experten, dass hier das Infektionsrisiko nicht viel höher als beim Kontakt mit Leitungswasser aus einem Wasserhahn ist. Das Trinken von kontaminiertem Wasser bleibt für eine gesunde Person in der Regel ohne Folgen. Bei abwehrgeschwächten Patienten oder infolge einer Aspiration bei Schluckstörungen ist eine Gesundheitsgefährdung jedoch möglich.

Legionellen vermehren sich in Einzellern wie Amöben. Im menschlichen Körper werden sie von Makrophagen aufgenommen, entgehen aber der Abtötung und pflanzen sich in ihnen fort. Anschließend zerstören sie die Fresszellen.

Verschiedene Verlaufsformen möglich

Eine Legionellose kann asymptomatisch oder nur mit leichten Symptomen verlaufen. Bei einem milden Verlauf liegt das Pontiac-Fieber vor. Es entwickelt sich nach einer Inkubationszeit von durchschnittlich drei Tagen. Die Krankheit verläuft mit grippeähnlichen Erscheinungen wie Fieber, Halsschmerzen, Schwindel, Kopf- und Gliederschmerzen. Die Lunge ist von der Infektion nicht betroffen. Die Patienten erholen sich meistens durch eine Antibiotika-Gabe innerhalb von Tagen.

»Bei Patienten, die ein geschwächtes Immunsystem oder Vorerkrankungen der Atemwege haben oder die eine Chemo- oder Kortisontherapie durchmachen, verläuft die Infektion oft schwerer und greift auf die Lunge über«, sagt Oberarzt Dr. med. Jan Liese, Facharzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie sowie Beauftragter für Krankenhaushygiene am Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene des Universitätsklinikums Tübingen im Gespräch mit dem PTA-Forum. Weitere Risikofaktoren, die zur Manifestation als gefährliche Legionärskrankheit führen können, sind chronische Krankheiten wie Diabetes, Alkohol und Rauchen. Wie schwer der Verlauf ist, hängt auch vom Alter des Patienten ab. Es gilt: Je älter die infizierte Person, desto häufiger entwickelt sich eine Pneumonie. Auch die Art und Menge der aufgenommenen Erreger spielt eine Rolle. Kinder als Patienten sind indes kaum bekannt. »Das liegt daran, dass bei ihnen die Expositionsgefahr geringer ist als bei Erwachsenen. Zudem denken Ärzte bei Kindern selten an eine Infektion mit Legionellen als Auslöser«, so Liese. Er geht daher von einer gewissen Dunkelziffer beim Nachwuchs aus.

Erregernachweis gibt Gewissheit

Diagnostisch ist eine durch Legionellen verursachte Erkrankung nicht leicht von Infektionen mit anderen Erregern zu unterscheiden. So äußert sich die Legionärskrankheit nach einer Inkubationszeit von zwei bis zehn Tage zunächst mit unspezifischen Symptomen wie Unwohlsein, Gliederschmerzen, Kopfschmerzen oder Reizhusten. Innerhalb von Stunden tritt eine Verschlechterung mit Beschwerden wie Brustschmerzen, bis über 40 °C hohem Fieber und Schüttelfrost ein. Patienten leiden mitunter auch unter Bauchschmerzen mit Durchfällen und Erbrechen. Ist auch das Zentralnervensystem (ZNS) betroffen, entwickelt sich eine Enzephalitis, die sich mit Benommenheit bis hin zu schwerer Verwirrtheit äußert.

Das Robert Koch-Institut (RKI) empfiehlt, bei Lungenentzündungen unklarer Ursache immer auch an eine Legionellen-Pneumonie zu denken. Für die Differenzialdiagnostik auf Legionellen stehen verschiedene Tests zur Verfügung, von denen der Urin-Antigentest am häufigsten angewendet wird. Vorteilhaft ist, dass der Nachweis der Erreger im Urin bereits 24 Stunden nach der Ansteckung positiv ist. Fällt der Test negativ aus, schließt das eine Infektion allerdings nicht aus. Die genauesten Ergebnisse liefert der kulturelle Nachweis. Das Anlegen einer Bakterienkultur aus Blut oder Gewebeproben der Lunge dauert allerdings mehrere Tage.

Frühzeitige Therapie wichtig

Patienten mit einer Legionellen-Pneumonie brauchen so rasch wie möglich eine medikamentöse Therapie, um lebensbedrohliche Komplikationen zu vermeiden. Einige Betroffene müssen sogar stationär behandelt werden. Um die Infektion zu bekämpfen, sind Antibiotika mit einer guten intrazellulären Aufnahme erforderlich, da sich die Erreger in den Makrophagen aufhalten. Mittel der Wahl ist das Fluorchinolon Levofloxacin in maximaler Dosierung. Immunkompetente Patienten sollten das Medikament fünf bis zehn Tage einnehmen, abwehrgeschwächte bis zu drei Wochen. Alternativen sind die neueren Makrolidantibiotika wie Azithromyzin und Clarithromyzin. Bei rechtzeitigem Therapiebeginn tritt oft schon nach wenigen Tagen eine Besserung ein. Die grippeähnlichen Symptome wie Fieber und Gliederschmerzen lassen sich mit nichtsteroidalen Antirheumatika wie Ibuprofen oder Para­cet­amol lindern.

Schwere Pneumonien enden in über jedem zehnten Fall trotz der Gabe von Antibiotika tödlich. Bei den überlebenden Patienten sind bleibende Schäden wie eine eingeschränkte Lungenfunktion oder eine Lungenfibrose nicht auszuschließen. Verlauf und Prognose hängen von Faktoren wie dem Allgemeinzustand des Betroffenen und dem Krankheitsstadium zum Zeitpunkt der Diagnose ab. Bei vor der Infektion gesunden Menschen liegt die Sterblichkeit bei etwa zehn Prozent, wohin­gegen 80 Prozent der Patienten sterben, die mit Herz- oder Lungenerkrankungen vorbelastet sind.

»Um eine Infektion zu vermeiden, sollte die Entstehung von kontaminiertem Wasser verhindert werden«, sagt Liese. In Deutschland mache dazu die Trinkwasserverordnung Vorgaben. »Zudem ist es ratsam, sich so wenig wie möglich der Exposition von Aerosolen auszusetzen.« Nach einer längeren Abwesenheit von zu Hause oder in Hotels vor der Benutzung der Dusche das Wasser einige Minuten lang heiß durchlaufen lassen. Die regelmäßige Reinigung von Inhalatoren und Luftbefeuchtern sollte selbstverständlich sein. Bei längerer Nichtbenutzung ist die trockene Lagerung der Geräte empfehlenswert. Grundsätzlich sollten Betreiber von Wasseranlagen eine Stagnation im System verhindern.

Ursache für Infektion ­­schnell ­finden

Nach dem Ausbruch der Krankheit ist es wichtig, schnell die Infektions­ursache zu finden, um die Ansteckung weiterer Personen zu verhindern. Um Wassersysteme zu dekontaminieren, kann eine Chlorung durchgeführt werden oder das Wasser vorübergehend auf über 70 °C erhitzt werden. Wer bereits einmal eine Infektion durchgemacht hat, darf sich danach nicht vor einer erneuten Ansteckung geschützt fühlen. Die Antikörper, die sich während der Erkrankung bilden, verschwinden nämlich wieder. Die Infektion mit Legionellen hinterlässt daher keine dauer­hafte Immunität. »Da eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung nicht bekannt ist, brauchen aber zumindest keine Quarantäne-Maßnahmen befolgt zu werden«, gibt Liese in diesem Punkt Entwarnung. /

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