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Hustenmedikamente

Nur wenige mit Evidenz

30.10.2018  12:14 Uhr

Von Isabel Weinert, München / Für die Behandlung des akuten Hustens gibt es eine ganze Reihe von Arzneimitteln, die Evidenz reicht jedoch häufig nicht für eine rationale Empfehlung. Gegen chronischen Husten existiert bis dato kein zugelassenes Medikament. Professor Dr. Manfred Schubert-Zsilavecz zeigte den Stand der Forschung in der Gruppe der Hustenmedikamente im Rahmen der diesjährigen Expopharm in München auf.

Zu Beginn seines Vortrages wies der Pharmazeut darauf hin, dass Husten auch von Arzneimitteln verursacht werden kann. »Dieses Problem dürfen wir nicht unterschätzen«, so der Professor für Pharmazeutische Chemie an der Uni Frankfurt. Zu diesen Mitteln gehören neben ACE-Hemmern auch A2R-Blocker, Betablocker, NSAIDs und Calciumkanalblocker.

Betrachte man die Arzneimittel-Entwicklungen der vergangenen Jahre, so falle auf, dass es zwar eine ganze Reihe neuer Arzneimittel gebe, darunter jedoch keine Antitussiva, obwohl der Bedarf gerade bei chronischem Husten hoch sei.

Bei akutem Husten kommen Opioid­-Antitussiva zum Einsatz. Schubert-Zsilavecz­ nannte Codein und Dihydrocodein als bedeutendste Vertreter dieser Gruppe. Deren Neben­wirkungen, Atemdepression, Ab­hängigkeitspo­tezial und Hemmung der mukoziliären Clearance, sprechen gegen einen längerfristigen Einsatz. Noscapin ist das führende nichtopioide Antitussivum. Bei Pent­oxyverin, einem weiteren Antitussivum, ist die Wirksamkeit nicht zweifelsfrei belegt.

»Es stellt sich die Frage, was Experten zur klinischen Evidenz von Opioid-Antitussiva sagen«, leitete Schubert-Zsilavecz zum nächsten Aspekt über. »Die Studienlage bei den klassischen Opioid-Antitussiva ist sehr übersichtlich«, so der Experte. Eine Reihe älterer Studien zeige positive Bewertungen, eine Zusammenschau von Cochrane jedoch­ führt zu dem Ergebnis, dass die Wirkung der Medikamente derjenigen von Placebo nicht überlegen sei. Schubert­-Zsilavecz fasste zusammen: »Wir haben bei den Opioid-Antitussiva Hinweise, dass sie wirken, aber im Vergleich zu anderen Arzneistoffklassen ist die Datenlage übersichtlich«.

Leichte Effekte bei chronischem Husten

»Betrachtet man die Datenlage zu chemisch­-synthetischen Expektoran­zien, so zeigen eine ganze Reihe von Studien­ keine Überlegenheit gegenüber Placebo beziehungsweise der Zufuhr von Flüssigkeit«, erklärte Schubert-Zsilavecz­. In einem Cochrane-Review aus 34 Studien bei Patienten mit chronischer Bronchitis und COPD zeigten sich leichte Effekte wie eine geringfügige Verminderung akuter Exazerbationen. Diese gingen jedoch maximal mit einer leichten Verbesserung der Leben­squalität einher. In Summe weist auch die Gruppe der chemisch-synthetischen Expektoranzien eine nicht ganz opti­male Datenlage auf, konstatierte der Pharmazeut­.

In der dritten Gruppe, den pflanz­lichen Expektoranzien, herrsche Unüber­sichtlichkeit. »Es bedarf der Expertise und Recherche, um herauszufinden, was zu empfehlen ist.« Wenig­ oder keine Evidenz bedeute zwar nicht, dass die entsprechenden Arzneistoffe nicht wirkten, es fehle dann jedoch die Grundlage für eine rationale Empfehlung. Im Einzelnen nannte Schubert-Zsilavecz Präparate, die Eukalyptusöl enthalten. »Hier liegen­ Produkt-spezifische Daten vor, die einen indikationsgemäßen Einsatz dieser Arzneimittel nach den Kriterien­ der EBM rechtfertigen.« Zur klinischen Wirksamkeit von Efeu-Zubereitungen wurde eine Vielzahl von Daten veröffentlicht. Diese beleg­ten die Wirksamkeit von Efeu-­Extrakten bei akuten und chronischen Bronchitiden, allerdings hatten einige Studien Mängel im Design. Für den zweifelsfreien Beleg der Wirksamkeit seien belastbare Unter­suchungen gefordert, so Schubert-Zsilavecz. Für den ethanolischen Extrakt EPs 7630 aus Pelargonium sidoides liegen Daten aus acht klinischen Studien vor, die den indikationsge­mäßen Einsatz des Arzneistoffes rechtfertigen. »Für die Phytopharmaka bleibt festzuhalten, dass es bei der Indikation Husten nur wenige mit guter­ Datenlage gibt«, resümierte der Experte.

Im Bereich des chronischen Hustens gab es in den vergangenen Jahren eine Reihe von Versuchen, die darauf abzielten, bekannte­, bis dato nicht gegen Husten eingesetzte Arzneistoffe auf ihre antitussive Wirksamkeit hin zu untersuchen. Dazu gehörten Studien mit kleinen Fallzahlen zu Gabapentin, Pregabalin, Amitriptylin­ oder Morphin­. »Bei allen Arzneistoffen sind Nebenwirkungen häufig und sie müssen off-label­ verordnet werden«, erklärte Schubert-Zsilavecz. Das gelte auch für Codein und Noscapin, die für die Indikation chronischer Husten bislang nicht untersucht wurden. »Ich halte fest, dass es hier immer noch einen großen Forschungsbedarf gibt«, so der Experte.

Allerdings gab es zur Pathophysio­logie des chronischen Hustens in den letzten­ Jahren einige neue Erkennt­nisse, die zur Entwicklung potenzieller Arzneistoffe führten. Schubert-Zsilavecz­ nannte unter anderem P2X2/3-Antagonisten und stufte sie als erfolgversprechend ein. Ihre Wirkung­ beruht darauf, dass sie die Hustenreizschwelle anheben, die durch im Lungengewebe pathophysiologisch erhöhte­ ATP-Konzentrationen gesenkt ist. Damit wirken sie also nicht zentral, sondern peripher. Der P2X2/3-Antagonist Cefapixant befindet sich in der späten Phase­ der klinischen Zu­lassung. »Eine Phase-II-Studie zeigte, dass der Arzneistoff in der Lage ist, bei Patienten mit chronischem Husten die Zahl der Husten­attacken zu senken«, so Schubert­-Zsilavecz. Allerdings traten dabei auch unerwünschte Wirkungen auf wie Geschmacksstörungen. Aus diesem Grund wurde das Dosierungsschema vollständig geändert, und man hofft, mit deutlichen ge­ringeren Dosen den antitussiven Effekt zu erhalten und die unerwünschten Wirkungen aus­zuschalten. /

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