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Neue Leitlinie

Aktuelle Empfehlungen bei Spannungskopfschmerzen

23.11.2015  12:26 Uhr

Von Ulrike Viegener / Nur selten wenden sich Menschen mit Kopfschmerzen an ihren Arzt. Die meisten behandeln ihre Beschwerden mit freiverkäuflichen Analgetika selbst. Dass Kopfschmerzen zu häufig bagatellisiert werden, mahnen die Autoren der neuen Praxis-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin an. Mit der umfangreichen Broschüre verfolgen sie unter anderem das Ziel, mehr Patienten zu einer effektiven Therapie zu verhelfen.

Im Vorwort der neuen Praxis-Leitlinie »Primäre Kopfschmerzerkrankungen« der Deutschen Gesellschaft für Schmerz­­medizin (DGS) heißt es: »Kopfschmerzen sind die häufigste und am häufigsten bagatellisierte Gesundheitsstörung in den Industrienationen der westlichen Welt.« Für viele Menschen gehören Kopfschmerzen zum Alltag. 70 bis 90 Prozent aller Erwachsenen sind in unterschiedlichem Ausmaß betroffen, und auch Kinder und Jugendliche leiden zunehmend unter Kopfschmerzen.

Dabei erhalten längst nicht alle Kopfschmerzpatienten die Hilfe, die medizinisch möglich wäre. Das liegt ­einerseits daran, dass moderne Behandlungskonzepte nicht hinlänglich bekannt sind. Andererseits werden Kopfschmerzen und das damit verbundene Leiden oft nicht ernst genommen. Dabei könnten die Patienten von der Vielzahl moderner und innovativer Medikamente profitieren. Denn in den vergangenen Jahren sind bei der differenzierten Behandlung von Kopf­schmerzen enorme Fortschritte erzielt worden, betonen die beiden verant­wort­lichen Autoren der neuen Leitlinie, Prof. Dr. Dipl.-Psych. Hartmut Göbel und Dr. Axel Heinze, betonen.

Experten unterscheiden aktuell mehr als 350 verschiedene Kopfschmerzformen, die sich präzise diagnostizieren lassen. Bei den sogenannten primären Kopfschmerzarten sind die Kopfschmerzen selbst die Krankheit und nicht das Symptom einer anderen Erkrankung. Die wichtigsten primären Kopfschmerzen sind Migräne, Spannungskopfschmerzen, Cluster-Kopfschmerzen und Kopfschmerzen infolge eines Medikamentenübergebrauchs. Zahlenmäßig stehen Spannungskopfschmerz und Migräne – mit jeweils diversen Subtypen – im Vordergrund.

Um welchen Typ es sich im individuellen Fall handelt, lässt sich bei primären Kopfschmerzerkrankungen durch gezieltes Befragen der Patienten herausfinden. Die Apotheke ist zwar nicht der Ort für eine ausführliche Differen­tialdiagnose, aber einige wenige Fragen sollten PTA oder Apotheker stellen, wenn ein Kunde nach einem Medikament gegen Kopfschmerzen verlangt (siehe Schnelltest). Es geht darum, die Weichen frühzeitig richtig zu stellen.

Nur nach der gezielten Befragung ist die Entscheidung möglich, ob eine Selbstmedikation gerechtfertigt erscheint oder ob dem Betroffenen der Arztbesuch nahe gelegt werden sollte.

Typisch Spannungskopfschmerz

Kopfschmerzen vom Spannungstyp liegen vor, wenn mindestens zwei der folgenden Charakteristika erfüllt sind:

  • Sie sind beidseitig lokalisiert.
  • Die Betroffenen empfinden die Schmerzen als drückend oder beengend, nicht jedoch als pulsierend.
  • Die Schmerzintensität ist leicht bis mittelschwer.
  • Alltagsaktivitäten wie Treppen­steigen führen nicht zur Schmerz­verstärkung.

Außerdem sind die Spannungskopfschmerzen – im Unterschied zur Migräne – nicht von Übelkeit und Erbrechen begleitet. Gesteigerte Licht- oder Geräuschempfindlichkeit dagegen gehen auch mit Spannungskopfschmerzen einher, wobei Photophobie und Phonophobie hier nie gemeinsam auftreten.

Je nach Häufigkeit und Dauer unterteilen Experten die Spannungskopfschmerzen zudem in episodische und chronische Formen. Als episodisch stufen sie Spannungskopfschmerzen dann ein, wenn mindestens 10 Kopfschmerz­episoden an bis zu 14 Tagen im Monat und an weniger als 180 Tagen im Jahr auftreten und die Attacken zwischen 30 Minuten und 7 Tagen dauern. Chronische Spannungskopfschmerzen bestehen dagegen länger als drei Monate an mindestens 15 Tagen pro Monat und an mehr als 180 Tagen pro Jahr.

Pfefferminzöl bei akutem Schmerz

Kopfschmerzen vom Spannungstyp mit nur leichter Intensität erfordern nicht grundsätzlich den Einsatz von Analge­tika, so die Leitlinie. Laut Leitlinie ist die kutane Applikation von Pfefferminzöl (Oleum menthae piperitae) in 10-prozentiger ethanolischer Lösung wirksam zur Behandlung des episodischen Kopfschmerzes vom Spannungstyp. Die Wirkung ist der Einnahme von Paracetamol 1000 mg oder Acetylsalicylsäure 1000 mg ebenbürtig.

Bei Spannungskopfschmerzen sind folgende Dosierungen der bekannten Analgetika nachweislich wirksam: Acetylsalicylsäure in einer Dosis von 500 bis 1000 mg, Ibuprofen in Dosierungen ab 400 mg, Naproxen 500 mg und Paracetamol in einer Dosis von 1000 mg.

Analgetikagebrauch im Blick

Grundsätzlich sollten rezeptfreie orale Analgetika bei Kopfschmerzen so sparsam wie möglich zum Einsatz kommen Der Grund: Bei unkontrollierter Anwendung besteht das Risiko, dass sich die Kopfschmerzproblematik weiter verschärft. Infolge der zu häufigen Einnahme von Analgetika kann es zu einem kontinuierlichen Anstieg der Attackenfrequenz kommen, was wiederum zu steigendem Verbrauch an Akutmedikamenten führt – ein Teufelskreis!

Die Kombination verschiedener Analge­tika beziehungsweise der Einsatz von Fixkombinationen erhöht laut der Leitlinie das Risiko, dass sich ein Medikamenten-Übergebrauch-Kopfschmerz entwickelt. Deshalb gilt die Regel: Patienten sollten Analgetikakombinationen nicht öfter als an 10 Tagen und Monopräparate nicht öfter als an 15 Tagen im Monat einnehmen. Dies sollten PTA oder Apotheker im Beratungsgespräch immer thematisieren. Analgetikamissbrauch erfordert einen Entzug unter ärztlicher Kontrolle.

Prophylaxe mit Amitriptylin

Wegen der möglichen Verschärfung der Beschwerden durch Übergebrauch von Analgetika kommt der Prophylaxe bei Patienten mit chronischen Kopfschmerzen ein hoher Stellenwert zu. Das Mittel der Wahl ist Amitriptylin (25 bis 75 mg). Für andere trizyklische Antidepressiva liegen keine aussagekräftigen Studien vor.

Die Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer Citalopram und Sertralin sind in dieser Indikation nachweislich weniger wirksam als Amitriptylin. Ausweichmedikamente, die manchmal off label eingesetzt werden, sind Mirtazapin und Tizanidin, wobei Tizanidin die Wirkung von Amitriptylin verstärken kann.

In die Prophylaxe muss der Arzt mit einer niedrigen Arzneistoffdosis einsteigen und die Dosis dann langsam steigern, denn die Nebenwirkungen führen nicht selten zum Abbruch der Prophylaxe. Meist bessern sich die Kopfschmerzen bereits im ersten Monat, die abschließende Beurteilung der Wirksamkeit sollte aber frühestens acht Wochen nach Erreichen der Zieldosis erfolgen. Wenn sich die Kopfschmerzen anhaltend gebessert haben, sollte der Arzt einen Auslassversuch erwägen.

Nicht-medikamentöse Maßnahmen

Die medikamentöse Therapie sollte immer durch nicht-medikamentöse Maßnahmen flankiert werden, empfehlen die Autoren der Leitlinie. Akupunktur bringt einem Teil der Patienten Linderung, und auch physiotherapeutische Verfahren kommen je nach Beschwerdebild zur Anwendung. Ganz wichtig ist das aktive Schmerzmanagement durch den Patienten selbst.

Bei Spannungskopfschmerzen haben sich Entspannungsmethoden und verhaltenstherapeutische Verfahren wie Biofeedback bewährt. Auch Ausdauersport­arten wie Radfahren sind nachweislich geeignet, Spannungskopfschmerzen zu verhindern. Betroffene sollten sich deshalb regelmäßig bewegen, am besten an der frischen Luft. Zum Einstieg für Bewegungsmuffel ist allein schon ein strammer Spaziergang mehrmals in der Woche empfehlenswert. /

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