Diabetes: Fahrplan für die Schwangerschaft |
Isabel Weinert |
14.12.2015 10:48 Uhr |
Entwickelt sich ein Diabetes während einer Schwangerschaft, handelt es sich in der Regel um einen Gestationsdiabetes. Deutlich seltener manifestiert sich ein Typ-1-Diabetes während einer Schwangerschaft. Ist dies der Fall, dann handelt es sich um zeitlich zufällig überschneidende Ereignisse.
Die Ursache für einen Gestationsdiabetes ist ähnlich wie diejenige für einen Typ-2-Diabetes: Die Zellen reagieren zunehmend schlechter auf Insulin (Insulinresistenz), die Bauchspeicheldrüse vermag den steigenden Insulinbedarf immer weniger zu kompensieren. In diese Situation führen auch Hormone, die Insulin entgegenwirken. Das macht sich besonders ab der 23. Schwangerschaftswoche (SSW) bemerkbar.
Bei Risiken früher testen
Im Jahr 2013 wurde im Schnitt bei 4,4 von 100 Frauen ein Gestationsdiabetes festgestellt. Um eine rechtzeitige Therapie zu ermöglichen, wird der Blutzuckerwert von Schwangeren mit einem erhöhten Risiko für Gestationsdiabetes (siehe Kasten) bereits vor der 24. Schwangerschaftswoche getestet, entweder spontan während eines ohnehin anberaumten Besuchs beim Frauenarzt oder speziell, um die Nüchternglucose zu bestimmen. Liegt der Spontanwert höher oder gleich 200 mg/dl beziehungsweise der Nüchternwert über 92 mg/dl, steht eine Zweitmessung an. Das gilt beim Spontanwert auch für ein Ergebnis zwischen 140 und 199 mg/dl.
Alle anderen Schwangeren werden zwischen der 24. und der 28. Schwangerschaftswoche auf Diabetes untersucht, und zwar mittels eines vereinfachten oralen Glucosetoleranztests (OGTT) auf nüchternen Magen, das heißt, wenigstens acht Stunden nach der letzten Mahlzeit. Dazu trinkt die werdende Mutter 50 g Glucose in 200 ml Wasser gelöst. Eine Stunde später wird der Blutzuckerwert bestimmt. Liegt er höher als 135 mg/dl, steht der Standard-OGTT an, mit 75 mg Glucose in 200 ml Wasser und Test der Zuckerwerte vor, eine und zwei Stunden nach Trinken der Glucoselösung. Von einem Gestationsdiabetes geht der Arzt aus, wenn der Nüchternwert 92 mg/dl oder mehr beträgt, eine Stunde nach dem Glucosegetränk 180 mg/dl oder mehr gemessen werden oder der Blutzucker nach zwei Stunden immer noch bei mindestens 153 mg/dl liegt. Der Zweittest sollte bereits bei einem Diabetologen stattfinden.
Gut zu beeinflussen
Auf die Diagnose Gestationsdiabetes reagieren werdende Mütter oft geschockt. Es hilft dann zu erklären, dass die Therapie vergleichsweise einfach ist: In etwa 80 Prozent der Fälle genügen eine veränderte Ernährung plus regelmäßige Bewegung, um den Blutzucker wieder in den optimalen Bereich zu senken.
Doch wie ernährt sich eine Schwangere ausgewogen? Fest steht: Für zwei sollte keine Schwangere essen, solche mit Diabetes schon einmal gar nicht. Es kommt vielmehr auf die Wahl der richtigen Lebensmittel an. Unter den Kohlenhydraten fahren Frauen mit Gestationsdiabetes am besten mit allem, was aus Vollkorn hergestellt wurde und keinen Zucker enthält, sowie mit Hülsenfrüchten und Gemüse. Solche Lebensmittel verhindern steile Blutzuckeranstiege, wofür auch die enthaltenen Ballaststoffe sorgen. Zudem tragen sie dazu bei, lästiger Verstopfung Einhalt zu gebieten. Obst darf es in Maßen sein, in großen Mengen nicht, denn Früchte können den Blutzucker teilweise schnell nach oben schießen lassen.
Folgende Faktoren erhöhen das Risiko einer Schwangeren für einen Gestationsdiabetes; modifiziert nach: Praxisleitlinie der Deutschen Diabetischen Gesellschaft zum Gestationsdiabetes
Alles, was Zucker enthält oder Honig, sollte während der Schwangerschaft auf der Tabuliste stehen. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft empfiehlt in ihren Leitlinien drei Haupt- und drei Zwischenmahlzeiten, gleichmäßig über den Tag verteilt. Das Frühstück sollte die wenigsten Kohlenhydrate enthalten, denn die Insulinempfindlichkeit ist morgens physiologischerweise am schlechtesten.
Wer bereits vor der Schwangerschaft übergewichtig war, sollte währenddessen zwar auf keinen Fall eine Reduktionsdiät machen, die Kalorienzufuhr aber möglichst so gestalten, dass das Gewicht nicht deutlich ansteigt. Frauen mit einem BMI von größer/gleich 30 genügen 20 bis 24 Kilokalorien pro Kilogramm Körpergewicht. Eine Schulung nebst individueller Ernährungsberatung bei einem Diabetologen bringt Sicherheit im Umgang mit der richtigen Kalorienmenge.
Baustein Bewegung
Der zweite wesentliche Faktor für gute Blutzuckerwerte trotz Gestationsdiabetes heißt Bewegung, sofern aus gynäkologischer Sicht, etwa wegen drohender Frühgeburt, nichts dagegen spricht. Mindestens dreimal pro Woche zügiges Gehen schaffen die meisten Schwangeren, aber es eignet sich nach Beratung mit dem Arzt auch ein Ausdauer- und Krafttraining auf niedrigem bis mittlerem Niveau.
Schlagen die genannten Maßnahmen binnen zwei Wochen nicht ausreichend an und liegen die Blutzuckerwerte morgens über 95 mg/dl und eine Stunde nach einer Mahlzeit über 140 mg/dl, kommt Insulin zum Einsatz. Vielen Betroffenen genügt es dann, ein schnell wirksames Insulin zu den Mahlzeiten zu spritzen, nur in einigen Fällen braucht es zusätzlich ein Basalinsulin, das den Grundbedarf an Insulin deckt.