Auslöser für Rückenschmerzen |
Das lumbale Facettensyndrom kann verschiedene Abschnitte des Rückens betreffen. / Foto: Adobe Stock/Voyagerix
Beim lumbalen Facettensyndrom handelt es sich um eine mögliche Ursache für chronische Rückenschmerzen. In Mitleidenschaft gezogen sind dabei die sogenannten Facettengelenke. Das sind die kleinen Gelenke zwischen den Wirbeln, die die Beweglichkeit und Stabilität der Wirbelsäule gewährleisten. Zwischen 10 und 41 Prozent der chronischen Rückenschmerzen sollen nach Schätzungen auf das Facettensyndrom zurückzuführen sein. Die Leitlinie »Spezifischer Kreuzschmerz«, die sich aktuell in Überarbeitung befindet, definierte es als lokalen lumbalen Kreuzschmerz, der ausstrahlen kann.
Die Krankheit entsteht durch degenerative Veränderungen, Entzündungen oder Verletzungen der Facettengelenke. Altersbedingter Gelenkverschleiß oder Bandscheibenschäden sind mögliche Ursachen. Eine Fehlbelastung der Facettengelenke, zum Beispiel verursacht durch unzureichende muskuläre Stabilisierung, kann ebenfalls zu einem Facettensyndrom führen. Eine andauernde Fehlbelastung beschleunigt degenerative Veränderungen. Neben Verschleiß und mechanischen Ursachen gibt es weitere Faktoren, die Veränderungen der Facettengelenke und daraus resultierende Schmerzen hervorrufen können. Dazu gehören entzündliche Arthritiden (wie rheumatoide Arthritis, Morbus Bechterew oder reaktive Arthritis), Zysten, akute und chronische Infektionen sowie Traumen. Meistens ist die Lendenwirbelsäule betroffen, da sie die größte Last trägt.
Patienten mit einem lumbalen Facettensyndrom klagen über tiefsitzende Rückenschmerzen, die sich oft auf die Gesäßregion und die Oberschenkel ausbreiten. Die Beschwerden werden durch Bewegung, besonders durch das Beugen und Strecken des Rückens, verstärkt, und können nach längerem Sitzen oder Stehen zunehmen. Mit Schmerzprovokationstests kann der Arzt das überprüfen. Schmerzen können bei Beteiligung der oberen lumbalen Facettengelenke in die Leiste, Hüfte oder den lateralen Oberschenkel ausstrahlen. Wenn die unteren lumbalen Facettengelenke betroffen sind, kann es bis in die laterale Wade schmerzen. Menschen, bei denen die Gelenke der Halswirbelsäule erkrankt sind, spüren Auswirkungen oft auch im Schulterbereich.
In Bauch- und Brustbereich können Schmerzen ausstrahlen, wenn die Brustwirbelsäule betroffen ist. Viele Patienten mit Facettensyndrom berichten über morgendliche Steifheit und eingeschränkte Beweglichkeit. Weitere mögliche Symptome sind Parästhesien, ein verstärktes Schmerzempfinden und Druckschmerz.
Anamnestische Hinweise wie morgendlicher Anlaufschmerz, Umlagerungsschmerz beim Umdrehen im Bett oder Steifheitsgefühle deuten auf eine Ursache in den Facettengelenken hin. Viele der Symptome treten allerdings auch bei nicht spezifischem Kreuzschmerz auf, der spontan abheilen kann. Oft wird mit weiteren diagnostischen Maßnahmen erst einmal abgewartet, wenn kein Hinweis auf eine ernste Ursache besteht, die eine sofortige Behandlung erfordert.
Die bildgebende Diagnostik kann Röntgenaufnahmen der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte, MRT- oder CT-Untersuchungen umfassen. Festgestellte Veränderungen der Wirbelgelenke müssen jedoch nicht mit der Stärke der Beschwerden korrelieren. Einige Patienten empfinden kaum Schmerzen, während andere mit den gleichen degenerativen Gelenkschäden über chronische Beschwerden klagen.
Diagnostische Facettenblockaden per Facetteninfiltration gelten als zuverlässigste Nachweismethode eines Facettensyndroms. Dazu wird unter bildgebender Kontrolle eine Injektionskanüle bis zu den kleinen Zwischenwirbelgelenken vorgeschoben, um dort Lokalanästhetika zu injizieren. Wenn die Schmerzen daraufhin verschwinden, liegt höchstwahrscheinlich ein Facettensyndrom vor.
Die Behandlung des Facettensyndroms umfasst konservative Maßnahmen und operative Verfahren. Ziel ist es, möglichst viel Schmerzfreiheit zu erreichen, damit die Patienten in ihrem Alltag nicht allzu sehr eingeschränkt sind. In der Regel wird zuerst versucht, das Facettensyndrom mit konservativen Methoden zu behandeln. Als medikamentöse Therapie spielen nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) zur Schmerz- und Entzündungslinderung eine Rolle. Bei starken Schmerzen verschreiben Ärzte eventuell stärkere Medikamente bis hin zu Opioiden. Muskelentspannende Wirkstoffe (Muskelrelaxanzien) können ebenfalls hilfreich sein.
Wichtig ist es, Schmerzen nicht nur durch Schonung und Arzneimittel, sondern auch durch gezielte Bewegungsformen wie Physiotherapie zu lindern. Das soll die Rückenmuskulatur stärken und die Beweglichkeit verbessern, sodass die Wirbelsäule sowohl entlastet als auch stabilisiert wird. Weitere Behandlungsmethoden umfassen Ergotherapie, manuelle Therapie, Massagen und Rückenschule. Patienten lernen rückenschonende Bewegungstechniken und wie sie mit den Schmerzen umgehen können.
Eine weitere Möglichkeit ist die Facetteninfiltration. Dabei wird ein lokales Betäubungsmittel mit oder ohne Glucocorticoid in die Nähe des Facettengelenks oder direkt in das Gelenk injiziert. Patienten sind danach in der Regel monatelang beschwerdefrei. Eine langfristige Schmerzlinderung kann durch eine Facettendenervierung erreicht werden. Hier wird der schmerzleitende Nerv gezielt deaktiviert. Dazu kommen Methoden wie die Radiofrequenztherapie oder die Thermokoagulation mit einer Hitzesonde zum Einsatz. Alternativ können dazu auch Kältesonden (Kryosonden) oder Laserbehandlungen verwendet werden. Die Eingriffe führt der Arzt meistens minimal-invasiv durch.
Wenn die Beschwerden weiterhin bestehen bleiben, kann eine operative Behandlung in Betracht gezogen werden. Dabei wird ein Wirbelsäulenabschnitt versteift oder es werden Abstandhalter zwischen die Wirbelkörper implantiert. Die Wahl eines geeigneten Verfahrens erfolgt individuell. Die Wirksamkeit von alternativen Methoden wie Osteopathie, Akupunktur oder Blutegeltherapie ist umstritten und nicht eindeutig wissenschaftlich belegt.
Patienten sollten darüber informiert werden, dass Facettengelenkerkrankungen eine lebenslange und fortschreitende Krankheit sind. Eine vollständige Linderung der Schmerzen lässt sich oft erreichen, wenn Betroffene die Behandlungsempfehlungen konsequent befolgen. Dem Fortschreiten der Krankheit können sie durch einen gesunden Lebensstil, eine ausgewogene Ernährung und Bewegung vorbeugen.
Da es keine Heilung gibt, ist es wichtig, vorzubeugen, damit die degenerative Erkrankung gar nicht erst entsteht. Allerdings lässt sich auch mit einer gesundheitsbewussten Lebensweise nicht immer verhindern, dass sich ein Facettensyndrom entwickelt, da es sich auch um eine altersbedingte Verschleißerscheinung handeln kann. Eine genetische Veranlagung zu Arthrose, Arthritis oder Rheuma kann den Gelenkverschleiß zusätzlich begünstigen.
Das Apothekenteam kann präventiv raten, sich regelmäßig körperlich zu betätigen und rückenfreundliche Sportarten wie Schwimmen, Radfahren oder Nordic Walking zu wählen. Spezielle Übungen aus der Rückenschule können den Rücken stärken und die Wirbelsäule entlasten. Bei Übergewicht ermutigt das Apothekenteam Patienten nicht zuletzt für ihre Rückengesundheit Gewicht zu reduzieren, da überschüssige Kilos die Wirbelsäule zusätzlich belasten. Schwere körperliche Arbeit sollte vermieden werden, da sie den Rücken und die Wirbelsäule stark beansprucht. Lässt sich das Tragen schwerer Lasten nicht vermeiden, kann ein Stützgurt oder ein ähnliches Hilfsmittel zum Schutz der Wirbelsäule verwendet werden. Darauf sollten Berufstätige auch bei der Arbeit achten. Haben sie erst einmal ein Facettensyndrom entwickelt, kann das schlimmstenfalls in eine Berufsunfähigkeit münden.