Bärlauch und seine giftigen Doppelgänger |
Katja Egermeier |
25.03.2024 16:00 Uhr |
Erhöhte Verwechslungsgefahr! Hier stehen giftige Maiglöckchen direkt neben genießbarem Bärlauch. Die Blätter beider Pflanzen sehen sich nicht nur ähnlich, sie wachsen dazu noch an den gleichen Stellen. / Foto: Getty Images/helovi
Auch wenn der knoblauchartige Geruch als typisches Erkennungsmerkmal des Bärlauchs gilt, werde die Pflanze von Sammlern immer wieder mit giftigen Doppelgängern verwechselt, warnt Professor Andreas Hensel, Präsident des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR). Bärlauch, wegen seines Geruchs auch Waldknoblauch genannt, treibt im zeitigen Frühjahr zwei saftig grüne, lanzettförmige Blätter, die den jungen Blätter des giftigen Maiglöckchens und der sehr giftigen Herbstzeitlosen ähneln. Diese sprießen zur gleichen Jahreszeit und Maiglöckchen zudem an den gleichen Stellen. Langjährige Dokumentationen der Giftinformationszentren (GIZ) und des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) hätten gezeigt, dass Verwechslungen immer wieder zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen mit zum Teil schwerwiegenden Folgen führen.
Sammlern wird geraten, zur Unterscheidung ein Blattstück zwischen den Fingern zu zerreiben und auf den Geruch zu achten. Zeige sich dabei nicht das für Bärlauch typische Knoblaucharoma, solle man das Kraut lieber liegen lassen und sich sofort gründlich die Hände waschen, so das BfR.
Doch auch der Geruchstest sei nicht sicher, denn beim Sammeln könnten schnell die eigenen Finger nach Knoblauch riechen. Wer die Blätter dennoch sammeln will, sollte also eine gute Pflanzenkenntnis besitzen: So ist beispielsweise nur die Blattoberseite des Bärlauchs glänzend, die Unterseite dagegen matt. Der Blattstiel ist dünn und wächst einzeln aus dem Boden. Und sobald die sternenförmigen Einzelblüten des Bärlauchs aufgehen, sei eine Verwechslung mit den giftigen Pflanzen kaum noch möglich, so das BfR. Mit der Blüte verlören die Blätter jedoch deutlich an Aroma.
Wer sich bei der Bestimmung unsicher ist, sollte das Sammeln und den anschließenden Verzehr aber besser sein lassen. Ganz verzichten müssten unerfahrene Botaniker jedoch nicht, denn es gebe auch Bärlauch aus kontrolliertem Anbau im Supermarkt oder beim Gemüsehändler. Auch der Kauf von Pflanzen im Fachhandel und der Selbstanbau auf der Fensterbank oder im Garten seien sehr leicht möglich.
Foto: Getty Images/Francois-Edmond; ksushsh; emer1940 (Montage PTA-Forum)
Bärlauch | Maiglöckchen | Herbstzeitlose | |
---|---|---|---|
Giftigkeit | genießbar | giftig | stark giftig (5g tödlich) |
Symptome | – | Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen | Magenkrämpfe, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, später Störungen der Leber- und Nierenfunktion, der Blutgerinnung, des Knochenmarks sowie des Herz-Kreislauf-Systems bis zum Multiorganversagen |
Blätter | oval, breit, mit langem dünnen Stiel, ein Blatt pro Stiel, Blattoberseite glänzend, Blattunterseite matt | zwei Blätter pro Stiel, Blattober- und -unterseite glänzend | kaum Blattstiel erkennbar, drei Blätter, Blattober- und -unterseite glänzend |
Blattausttrieb | Februar, März | ab Mitte April | März |
Blüten | sternförmig, weiß | aneinandergereihte Glöckchen, weiß | rosa |
Geruch der Blätter | knoblauchartig | kein markanter Geruch | kein markanter Geruch |
Geschmack | milde Knoblauchnote mit leichter Schärfe | nicht bekannt | bitter |
Dem BfR zufolge gibt es in jedem Jahr vor allem im April und Mai Vergiftungsfälle, die vereinzelt sogar tödlich ausgehen. Schmeckt die selbst gesammelte Bärlauch-Mahlzeit also anders als gewohnt (bei Herbstzeitlosen beispielsweise bitter), dann gelte: Niemals weiteressen! Treten Beschwerden auf (meist innerhalb der ersten Stunden nach dem Essen), solle man sich umgehend an einen Giftnotruf wenden und Kontakt zum Hausarzt aufnehmen. Es empfehle sich zudem, Reste der Mahlzeit für eine spätere Untersuchung im Labor aufzuheben.
Der Verzehr von Blättern der Herbstzeitlosen kann laut Giftnotruf München gravierende Folgen haben. Colchicin, wie es in den Blättern, Zwiebeln, Blüten und Samen der Herbstzeitlosen enthalten sei, könne bereits in geringen Mengen tödlich sein. Typische Symptome seien Magenkrämpfe, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall, die bereits früh nach dem Verzehr auftreten. Im weiteren Verlauf können Störungen der Leber- und Nierenfunktion, der Blutgerinnung und des Knochenmarks sowie Herz-Kreislauf-Störungen hinzukommen. Die Folgen könnten bis hin zu einem Multiorganversagen reichen, meist innerhalb von 24 bis 36 Stunden nach der Mahlzeit.
Auch der Verzehr von Blüten, Früchten oder Blättern von Maiglöckchen kann starke Vergiftungserscheinungen auslösen. Typisch seien Herz- und Pulsrasen, Schwindel, Übelkeit, Durchfall und verlangsamte Atmung. Bei schweren Vergiftungen könne es zu einem Herzstillstand kommen. Es komme in der Regel jedoch nur zu Übelkeit und Erbrechen.
Foto: Getty Images/ Anna Shepulova
Bärlauch darf offizell in geringen Mengen und für den persönlichen Bedarf gesammelt werden. Erntezeit ist Ende März bis Anfang Mai. Es gilt jedoch wie bei allen wild geernteten Pflanzen die sogenannte Handstrauß-Regel: Man darf nur so viel aus der Natur entnehmen, wie man mit der Hand umfassen kann. Es ist zudem empfehlenswert, nachhaltig zu ernten und beispielsweise jeweils nur ein Blatt pro Pflanze zu entnehmen.
Die gesamte Pflanze kann in der Küche verwertet werden – auch die Knospen, Samen, Blüten und Zwiebeln. Bärlauch verfeinert Salate, Suppen, Pastagerichte und Dips. In Ölen, Pestos, Kräuterbutter oder -salz lässt sich die kurze Bärlauch-Saison für den Sommer ein wenig konservieren. Die Blüten können als Knospen oder schon geöffnet zur gesunden und optisch ansprechenden essbaren Dekoration auf dem Teller verwendet werden. Die länglichen kleinen Wurzeln können wie Knoblauch verwendet werden – oder man lässt diese für das nächste Jahr einfach stehen.
Geernteter Bärlauch sollte am besten sofort verarbeitet werden. Eingewickelt in ein feuchtes Küchentuch hält Bärlauch etwa ein bis zwei Tage im Kühlschrank. Lange Lagerung schadet jedoch dem Aroma, ebenso wie Hitzeeinwirkung. Das Kraut daher beim Kochen stets erst am Ende des Garvorgangs hinzugeben. Übrigens: Bärlauch enthält etwas weniger schwefelhaltige Verbindungen als Knoblauch, sodass bei sparsamem Kücheneinsatz die Körperausdünstungen auch deutlich dezenter ausfallen.