Bauchschmerzen bei Kindern |
Verena Schmidt |
21.11.2023 11:30 Uhr |
Haben kleine Kinder Bauchschmerzen, gleicht die Suche nach der Ursache manchmal Detektivarbeit. Häufig sind etwa Blähungen, Verstopfung oder Reizmagen, aber auch starke Gefühle können Kindern schnell auf den Magen schlagen. / Foto: Adobe Stock/New Africa
Kleine Kinder können Schmerzen meist noch nicht genau lokalisieren. Tut ihnen etwas weh, projizieren sie dies häufig auf den Bauch. »Mama, ich habe Bauschmerzen«, heißt es dann, obwohl der Schmerz eigentlich ganz woanders sitzt. Dazu kommt, dass Kinder auf Infektionskrankheiten im Gegensatz zu Erwachsenen häufiger mit Bauchschmerzen reagieren. Das Immunsystem, das aktiviert wird und die Erreger bekämpft, liegt bei ihnen noch zu 90 Prozent im Bauchraum. Bei Erwachsenen sind es dann »nur« noch 70 Prozent.
Leichtere akute Bauchschmerzen bei Kindern sind oft harmlos und schnell wieder vergessen. Gar nicht selten sind es dann Stress, etwa durch Leistungsdruck in der Schule oder Probleme in der Familie, Angst, Ärger oder auch freudige Aufregung, die den Kindern auf den Magen schlagen. Starke Emotionen können die Darmbewegungen verstärken – der Bauch schmerzt, manchmal kommt weicher Stuhl und häufiger Stuhldrang dazu. Beruhigung, Ablenkung oder auch Entspannungstechniken schaffen meist schnell Abhilfe.
Typisch für das Säuglingsalter sind die sogenannten »Dreimonatskoliken«, heute eher als Regulationsstörungen bezeichnet. Die wiederkehrenden Bauchschmerzen und Blähungen in den ersten drei bis vier Lebensmonaten plagen die Babys oft jeden Tag oder in der Nacht zur gleichen Zeit und führen mitunter zu heftigen Schreianfällen. Ob die Beschwerden durch eine gesteigerte Luftmenge in Magen und Darm entstehen oder ob andersherum die Luft erst durch das Schreien aufgenommen wird und die Beschwerden verursacht, ist nicht ganz klar.
Bauchmassagen mit ätherischen Ölen (zum Beispiel mit Bäuchlein-Salbe Babynos®, Weleda Bäuchlein-Massageöl), Tropfen mit entschäumenden Mitteln wie Simeticon (wie Espumisan®, Lefax® Pump-Liquid, Sab simplex®, Velgastin®), homöopathische Kümmelzäpfchen (Carum Carvi) oder Globuli mit Wermut, Enzian, Wacholder und Kamille (Flatulini®) können die Beschwerden zumindest bei einigen Säuglingen lindern. Mit nützlichen Bakterien wie Lactobacillus reuteri (BiGaia® Tropfen) kann zudem die Darmbalance von Säuglingen verbessert werden. Darüber hinaus empfiehlt der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), verschiedene Beruhigungsmaßnahmen: etwa Herumtragen, viel Körperkontakt oder Lieder singen.
Neigen Kinder auch im Klein- oder Schulkindalter zu Blähungen, können oft folgende Maßnahmen Linderung verschaffen:
Lindernd wirkt auch eine Wärmflasche oder Körnerkissen sowie Fenchel-, Anis- und Kümmeltee. Kautabletten mit den entschäumenden Wirkstoffen Dimeticon beziehungsweise Simeticon (wie Espumisan®, Lefax®, Sab simplex®) sind ab sechs Jahren geeignet.
Klagt das Kind über Bauchweh und Schmerzen beim Stuhlgang sowie geht selten und ungern zur Toilette, kann eine Verstopfung hinter den Beschwerden stecken. Hier kann es helfen, mehr Ballaststoffe in die Ernährung zu integrieren, also mehr Vollkornprodukte, Obst und Gemüse. Das Kind sollte ausreichend trinken und sich eventuell mehr bewegen. Manchen Kindern helfen mitunter auch Bauchmassagen oder entspannende Bäder. Als Hausmittel dienen eingeweichtes Trockenobst, Leinsamen, Weizenkleie und der regelmäßige Verzehr von Naturjoghurt.
Experten betonen: Eine Verstopfung im Kindesalter sollte möglichst rasch behandelt werden, um eine Chronifizierung zu vermeiden. Mittel der Wahl bei Kindern ist Macrogol, das etwa als Pulver zum Auflösen oder Lösung (wie Juniorlax®, Kinderlax®, Laxbene® junior, Movicol® Junior Schoko) verfügbar ist. Macrogol hat ein hohes Wasserbindungsvermögen und zieht viel Flüssigkeit in den Darm. Das macht den Stuhl weicher und steigert die Darmbewegung.
Für kleinere Kinder oder Säuglinge eignen sich auch Macrogol-Miniklistiere (wie Microlax®). Daneben gibt es auch Klistiere (Babylax®) und Zäpfchen (wie Glycilax® für Kinder, Nene-Lax®) mit dem Wirkstoff Glycerol, das die Gleitfähigkeit des Stuhls erhöht. Zäpfchen mit Hydrogencarbonat und Hydrogenphosphat (Lecicarbon® CO2-Laxans) setzen im Darm Kohlendioxid frei und aktivieren so die Darmbewegung. Die rektalen Mittel kommen meist bei akuter starker Verstopfung zum Einsatz, ebenso stimulierende Laxanzien wie Bisacodyl (wie Dulcolax® Dragées) oder Natriumpicosulfat (wie Laxoberal®, Dulcolax® NP Tropfen). Bisacodyl ist ab zwei Jahren zugelassen, Natriumpicosulfat ab vier Jahren.
Manche Kinder leiden immer wieder unter funktionellen Verdauungsstörungen. Bestehen die Beschwerden seit mehr als drei Monaten, treten mindestens einmal pro Woche auf und hat der Arzt keine organischen Ursachen gefunden, kann es sich um ein Reizmagen- beziehungsweise Reizdarmsyndrom handeln, auch funktionelle Dyspepsie genannt. Typisch für den Reizmagen sind Schmerzen im Oberbauch oder hinter dem Brustbein, Druck- und Völlegefühl, Sodbrennen, Übelkeit, Erbrechen und Appetitlosigkeit. Beim Reizdarmsyndrom, das oft zusätzlich vorliegt, kommen Symptome wie Blähungen, Stuhlgangunregelmäßigkeiten sowie Durchfall oder Obstipation hinzu.
Zur Linderung bei funktionellen und motilitätsbedingten Magen-Darm-Erkrankungen ist das Kombi-Präparat Iberogast® Classic ab vier Jahren zugelassen. Die Mischung aus Schleifenblume, Angelikawurzel, Kamillenblüten, Kümmelfrüchten, Mariendistelfrüchten, Melissen- und Pfefferminzblättern, Schöllkraut und Süßholzwurzel wird auch in der S3-Leitlinie zum Reizdarmsyndrom empfohlen. Auch reines hoch dosiertes Pfefferminzöl beziehungsweise die Kombination aus Pfefferminz- und Kümmelöl (wie Buscomint®, Digestopret®, Carmenthin®) bekommt dort eine Empfehlung, die Kapsel-Präparate sind allerdings erst ab zwölf Jahren zugelassen.
Leiden Kinder nach dem Essen unter Bauchschmerzen, Blähungen und Durchfall, kann auch eine Lebensmittelunverträglichkeit dahinterstecken. Übeltäter ist oftmals ein Zucker wie Fructose, Lactose oder Sorbit. Der Fruchtzucker Fructose findet sich natürlicherweise in Obst und Säften, aber auch in vielen verarbeiteten Produkten wie Softdrinks und Süßigkeiten. Sorbit (auch als Sorbitol oder Glucitol bezeichnet) wird als Zuckeraustauschstoff eingesetzt. Eine Unverträglichkeit von Lactose findet man ab dem Schulalter bei rund jedem fünften Kind: Bei den Betroffenen liegt das Enzym Lactase in zu geringer Menge oder gar nicht vor, sie können den Milchzucker nicht aufspalten und verwerten. Der unverdaute Zucker gelangt dann in tiefere Darmabschnitte und löst Blähungen, Durchfall und Bauchschmerzen aus.
Um auf eine Zuckerunverträglichkeit zu testen, empfehlen Experten, den Zucker für ein bis zwei Wochen aus dem Speiseplan des Kindes zu streichen und zu beobachten, ob eine Besserung eintritt. Längere Diäten ohne gesicherte Diagnose sollten vermieden werden, weil sie die Lebensqualität einschränken und eine Mangelernährung provozieren können. Eine weitere Diagnostik kann der Kinderarzt veranlassen. Bei der gesicherten Diagnose Fructose- oder Lactoseintoleranz können Eltern in Zusammenarbeit mit Ärzten und Ernährungsberatern die Ernährung des Kindes ohne großartige Einschränkungen so umstellen, dass die Beschwerden weitmöglichst gelindert werden.
Blasses Aussehen, starkes, andauerndes Schreien oder Weinen sowie ein stark gewölbter oder eingezogener Bauch können auf starke Bauchschmerzen hinweisen. Das Kind bewegt sich kaum und zieht die Beine an den Körper. Wenn sich diese Schmerzen nach einer Stunde nicht bessern oder sich der Schmerzanfall wiederholt und/oder Fieber auftritt, sollten PTA Eltern an den Kinderarzt verweisen.
Laut der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin sprechen auch folgende Warnsymptome für einen zeitigen Arztbesuch: