Begeisterung für die Apotheke wecken |
Barbara Döring |
07.10.2025 14:00 Uhr |
Bei der PTA-Patenschaft haben PTA-Schüler schon vor dem Praktikum Gelegenheit, den Alltag in der Apotheke kennenzulernen. / © Adobe Stock/Volker Witt
Der Fachkräftemangel in Apotheken spitzt sich immer weiter zu. Grund für den Apothekerverband Schleswig-Holstein, bei einem Online-Gespräch auf das Projekt PTA-Schulen aufmerksam zu machen und Apothekeninhaber und junge PTA für das Projekt zu gewinnen. »Allein in Schleswig-Holstein gibt es derzeit 144 offene Stellen und sehr viele davon betreffen PTA«, sagte Georg Zwenke, Geschäftsführer des Verbands.
In mehreren Bundesländern wird das Projekt bereits erfolgreich umgesetzt, darunter Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. In Schleswig-Holstein und Hamburg sind inzwischen vier PTA-Schulen beteiligt.
PTA sei ein absoluter Mangelberuf. Angesichts der recht hohen Abbrecherquote an PTA-Schulen sieht Zwenke die PTA-Patenschaft als gute Möglichkeit, Apotheken und PTA sehr frühzeitig zusammenzubringen, sodass Inhaber im Idealfall zuverlässige Mitarbeiter für später gewinnen. Der Landesapothekerverband Baden-Württemberg rief das Projekt vor zwei Jahren ins Leben. PTA-Schüler können dabei noch während ihrer Ausbildung an der Schule im Rahmen eines Minijobs mit vier bis fünf Stunden pro Woche in der Apotheke mitarbeiten.
Dabei sammeln sie Praxiserfahrung, die Bindung an die Apotheke wird gefördert und der spätere Einstieg in die Arbeitswelt der öffentlichen Apotheke fällt leichter. Im sechsmonatigen Praktikum gibt es durch ihre Erfahrung im Idealfall keine Anlaufschwierigkeiten und sie können sofort durchstarten. Viele Apothekerverbände unterstützen das Konzept, das bereits in mehreren Bundesländern erfolgreich umgesetzt wird. Auf der Expopharm 2024 hat das Projekt gar den Apostart Award in der Kategorie »Innovative Dienstleistungen und Produkte für die Apotheke« gewonnen.
Ein Grund, warum viele PTA Schwierigkeiten in der Ausbildung haben, das Handtuch vorzeitig werfen oder sich erst gar nicht für den Beruf entscheiden, sei, dass sie parallel jobben müssten, um Geld zu verdienen, oft in der Gastronomie, sagte Zwenke. Wenn finanzielle Erwägungen das Problem seien, wäre es doch naheliegend, parallel zur Ausbildung gleich in der Apotheke tätig zu werden, den Alltag dort kennenzulernen und im Idealfall später dort auch das Praktikum zu machen.
Apothekerin Dr. Sandra Barisch, die als Referentin der Geschäftsführung beim Landesapothekerverband die PTA-Patenschaft mit ins Leben gerufen hat und das Projekt betreut, ist selbst als Lehrerin in der PTA-Ausbildung tätig. Neben der mangelnden oder nicht vorhandenen Vergütung sieht sie auch ein Problem in der Tatsache, dass viele Schüler im ersten halben Jahr noch kein Praktikum machen und mit Klausuren, Stoff lernen oder Labortätigkeit erst mal einen riesigen Berg Arbeit auf sich zukommen sähen.
»Sie sehen nicht das Licht am Ende des Tunnels, aber das ist genau das, was wir wollen«, betonte Barisch. PTA sollten von Anfang an erleben, wie toll der Beruf in der Apotheke sei. Mit der PTA-Patenschaft würde dies gelingen, da die Schüler von Anfang an jede Woche ein bisschen in die Apotheke reinschnuppern und mitarbeiten könnten.
Hinzu kämen oft hohe Sprachbarrieren, bedingt durch den hohen Migrationsanteil. An den Schulen sei es für die Lehrer im Unterricht nicht möglich, die Schüler regelmäßig zum Sprechen zu animieren, um ihre Sprachkenntnisse zu erweitern. In der Apotheke wären sie gezwungen, regelmäßig mit Kollegen zu sprechen und so die deutsche Sprache zu erlernen, erklärte sie die Vorzüge des Projekts.
Auch einen Praktikumsplatz selbst zu organisieren, wäre für manche Schüler ein Problem. Die Generation Z wüsste zwar genau, was sie wolle, jedoch nicht, wie sie dort hinkomme. Bei der PTA-Patenschaft hätten sie in der Apotheke in der Regel einen Mentor, den sie befragen könnten. Die Teilnahme sei für alle Beteiligten ganz einfach. Apotheken tragen sich auf der Website www.pta-patenschaft.de als Patenapotheke ein.
Barisch empfiehlt, in einem kurzen Teaser-Text die Besonderheiten der Apotheke zu beschreiben, etwa »engagiert bei Social Media« oder »aktiv bei Rezepturen«. Möchten sich PTA-Schüler für eine Patenschaft bewerben, finden sie auf der Website über die Apothekensuche eine beteiligte Apotheke in der Nähe und können sich direkt über ein Schnellbewerbungs-Formular mit Formulierungshilfe bewerben.
Kommt eine Patenschaft zustande, muss die Apotheke keine Rückmeldung an das Projekt geben. Für die Patenschaft empfiehlt Barisch eine Arbeitszeit von etwa vier Stunden pro Woche, da neben der 35-Stunden-Woche in der Schule nicht viel mehr zu schaffen sei. Apotheker sollten am besten ein Jahresarbeitszeitkonto anlegen, sodass Schüler in Prüfungszeiten oder Ferien flexibel sind.
Als praktische Hilfestellung für die Apotheken gibt es einen Leitfaden zur PTA-Patenschaft mit Anregungen, was Schüler in der Zeit machen könnten. Barisch erhofft sich, dass Apotheken die Ausbildung der Schüler unterstützen. Verantwortlich dafür sind allerdings weiterhin die PTA-Schulen. Wenn dort einmal etwas nicht so gut liefe, würde das auf keinen Fall auf die Apotheke zurückfallen. Zudem stellt das Projekt den Apotheken bei Bedarf einen juristisch geprüften Arbeitsvertrag zum Download zur Verfügung, der ohne Rücksprache angepasst werden könnte.
Barisch wies darauf hin, dass Apotheken innerhalb von 72 Stunden nach dem Registrieren auf der Website die erhaltene Mail bestätigen sollten, da die Anmeldung sonst ungültig wäre und es nicht ohne Weiteres möglich sei, sich mit derselben E-Mail-Adresse erneut zu registrieren. Auch bei Schülern kommt die Patenschaft gut an. Viele würden zunächst gar nicht sehen, warum sie manche Inhalte wie Gesetzeskunde überhaupt lernen müssten. In der Apotheke würden sie verstehen, warum etwas wichtig sei, berichtet Barisch.
Noch toller findet sie, dass Schüler Wissen aus der Apotheke in die Schule zurückbringen. Mit Schülern, die in Patenschaften sind, sei es eine ganz andere Art von Unterricht, findet Barisch: »Die sind motiviert, hören zu und bringen ganz viel Input mit in den Unterricht«. Also eine Win-Win-Situation für beide Seiten. Ob sie dann wirklich in der Apotheke bleiben, müsste sich zeigen. Die Begeisterung dafür wäre auf jeden Fall geweckt.