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Verkannte Gefahr

Bei Atemnot an Lungenhochdruck denken

Außer Atem schon bei geringer Anstrengung? Das kann viele Ursachen haben, von mangelnder Fitness bis zu Infektfolgen. Es kann aber auch eine Krankheit dahinterstecken, die sich jährlich in Deutschland bei bis zu einer Million Menschen entwickelt: ein Lungenhochdruck.
Isabel Weinert
09.01.2025  12:00 Uhr

Während Bluthochdruck ein allgemein bekanntes Krankheitsbild ist, wissen weniger Menschen, was es mit einem Lungenhochdruck oder einer Pulmonalen Hypertonie (PH) auf sich hat. Bei dieser Erkrankung ist der Druck in den Lungengefäßen zu hoch. Er liegt allgemein deutlich niedriger als der Blutdruck in den Gefäßen des Körpers, nämlich bei bis zu 20 mmHg. Ab einem Wert darüber sprechen Mediziner von Lungenhochdruck. 

Eine Pulmonale Hypertonie führt zu einem Umbau der Blutgefäße und einem steigenden Widerstand in kleinen und mittelgroßen Pulmonalarterien. Menschen mit dieser Krankheit bekommen zu Beginn nur bei körperlicher Anstrengung schlecht Luft, schreitet die Erkrankung voran, kann es auch in Ruhe an Sauerstoff mangeln. Ohnmachten sind ein weiteres typisches Symptom. Auch Schmerzen im Brustkorb können eine PH anzeigen. Mit der Zeit leidet bei dieser Krankheit mehr und mehr die rechte Herzkammer bis hin zu einer Rechtsherzinsuffizienz mit vergrößertem und verdicktem rechten Herzventrikel. Die daraus resultierende Schwäche sorgt für geschwollene Knöchel, Fußrücken und Beine, Betroffene legen rasch an Gewicht zu durch vermehrte Wassereinlagerung, sie müssen häufig nachts Wasserlassen, leiden unter Verdauungsstörungen oder Appetitlosigkeit.

Um die Diagnose zu stellen, nutzt es nichts, den Blutdruck im Körper zu messen. Denn dieser Wert sagt nichts über den Druck in den Lungenarterien aus. Vielmehr bedarf es etlicher Untersuchungen, an deren Ende auch nicht allgemein »Lungenhochdruck« steht, sondern eine Einteilung in die fünf möglichen Formen der Erkrankung. Selten sei die erste Form, die sogenannte Pulmonale Arterielle Hypertonie (PAH), die idiopathisch, also ohne erkennbaren Grund, oder familiären Ursprungs ist, informiert Professor Dr. med. H. Ardeschir Ghofrani, Kerkhoff-Klinik Bad Nauheim, beim Lungeninformationsdienst. In diese erste Gruppe fallen laut AWMF-S2k-Leitlinie »Pulmonale Hypertonie« auch PAH aufgrund von Bindegewebserkrankungen, durch Medikamente oder Toxine induzierte Formen und solche, die Folge einer HIV-Infektion sind, eines Pfortaderhochdrucks oder angeborenen Herzfehlers. 

Auslöser Herz

Sehr häufig entsteht eine PH auf Grundlage einer Linksherzinsuffizienz. Das ist die zweite Gruppe der Pulmonalen Hypertonien. Von Hunderttausenden bis zu einer Million Fälle pro Jahr spricht Ghofrani. Bei dieser Herzschwäche arbeitet die linke Herzkammer nicht mehr adäquat, weniger sauerstoffreiches Blut erreicht Muskeln und Organe und staut sich zurück in die Lungen. Die Symptomatik bei dieser Form der PH ist oft weniger stark ausgeprägt, kommt jedoch als schädigender Faktor zur Herzinsuffizienz hinzu.

Eine weitere große Gruppe stellt die PH durch eine Erkrankung der Lunge dar. Auslösend kommen hier Rauchen, ein Lungenemphysem und eine Lungenfibrose oder auch entwicklungsbedingte Lungenerkrankungen infrage.

Bei der vierten Gruppe liegen dem Lungenhochdruck chronisch-embolische Ereignisse oder andere Verengungen in den Pulmonalarterien zugrunde. Hier ist in einigen Fällen eine Heilung möglich, nämlich dann, wenn ein Chirurg durch Thrombosen verschlossene Gefäße ausschälen kann, sodass das Blut danach wieder ungehindert hindurchfließt. Unter Gruppe fünf fällt eine Reihe gemischter Formen. Laut Leitlinien sind das zum Beispiel Erkrankungen des blutbildenden Systems, systemische und metabolische Erkrankungen oder auch komplexe angeborene Herzfehler.

Umfangreiche Untersuchung

Die Leitlinienautoren »Pulmonale Hypertonie« schreiben, dass ein Lungenhochdruck nahezu ausgeschlossen ist, wenn ein EKG, eine Ultraschalluntersuchung des Herzens (UKG) und eine Röntgenaufnahme des Thorax keine Hinweise darauf geben. Der wichtigste Schritt bei Verdacht auf Lungenhochdruck ist nach einem Standard-EKG ein Ultraschall des Herzens (UKG), das für Patienten keinerlei Belastung darstellt. Auf diese Weise können Kardiologen den Blutdruck in der rechten Herzkammer und in den Lungengefäßen abschätzen, so Ghofrani. Zudem lässt sich die Funktion beider Herzkammern beurteilen. Die europäischen Leitlinien für Pulmonale Hypertonie empfehlen außerdem eine hochauflösende Computertomografie. Ergibt sich kein klares Bild, können Mediziner auch spezielle Antikörper abklären lassen, schreibt der Lungeninformationsdienst.

Um den Blutdruck in der Lunge bei Verdacht auf eine PH tatsächlich messen zu können, bedarf es allerdings einer Rechtsherz-Katheteruntersuchung. Dazu sollten sich Betroffene vorab beraten lassen, welche Zentren derartige Untersuchungen spezialisiert durchführen. Während dieser Untersuchung finden die Mediziner auch heraus, ob Calciumantagonisten wirken würden. In diesem sogenannten Vasoreaktivitätstest inhaliert der Mensch unter kontrollierten Bedingungen entweder Stickstoffmonoxid oder das synthetische Prostacyklin-Analogon Iloprost. Beide erweitern die Blutgefäße. Sinkt der pulmonale Druck unter einer dieser beiden Substanzen, dann weist das darauf hin, dass sich ein Calciumantagonist in hoher Dosierung für die Therapie des Lungenhochdrucks eignen könnte. Zum Einsatz kämen dann Calciumantagonisten der Dihydropyridin-Gruppe, wie Amlodipin. Substanzen aus dieser Gruppe zeigen eine ausgeprägte Wirkung auf die glatte Muskulatur der Blutgefäße.

Prognose deutlich besser

Noch vor wenigen Jahren war besonders die Pulmonale Arterielle Hypertonie mit einer schlechten Prognose verbunden. Das hat sich geändert, auch wenn die Krankheit immer noch nicht heilbar ist. Aber es existieren etliche Arzneistoffe, mit deren Hilfe sich eine PAH kontrollieren lässt. Zum Teil kommen sie auch bei anderen Formen der PH zum Einsatz, so der Lungeninformationsdienst. Besonders effektiv wirken sich Medikamenten-Kombinationen aus. Wie eine Therapie aussieht, hängt immer vom Einzelfall, von der Genese des Pulmonalen Hochdrucks und dem Stadium sowie von weiteren Begleiterkrankungen ab. Behandelbare Erkrankungen als Ursache Pulmonaler Hypertonie gehören stets therapiert. Medikamente aus den folgenden Arzneistoffgruppen kommen zum Einsatz.

  • Endothelin-Rezeptor-Antagonisten (ERA) blockieren die Wirkung von Endothelin, einem Stoff, der die Gefäße stark verengt. Beispiele sind Bosentan sowie Ambrisentan und Macitentan. Schwangere Frauen dürfen ERA nicht einnehmen. Engmaschige Kontrollen auch der Leberwerte überprüfen den Therapieerfolg.
  • Phosphodiesterase-5-Hemmer (PDE-5-Hemmer) verbessern die Durchblutung, weil sie die Wirkung von Stickstoffmonoxid verlängern. Dazu zählen Sildenafil und Tadalafil, die beide eine Zulassung zur Therapie der PAH besitzen.
  • Lösliche Guanylatcyclase-Stimulatoren (sGC-Stimulatoren) aktivieren die Guanylatcyclase, dadurch erweitern sich die Gefäße. Riociguat ist Wirkstoff dieser Gruppe und hilft Menschen mit PAH oder einer chronisch-thromboembolischen Pulmonalen Hypertonie.
  • Calcium-Antagonisten erweitern die Blutgefäße. Amlodipin, Diltiazem, Felodipin und Nifedipin gehören dazu. Es gibt Patienten mit PAH, denen eine hoch dosierte Therapie mit einem Calciumantagonisten ausreicht, schreiben die Autoren des Lungeninformationsdienstes. Engmaschige Kontrollen sind jedoch nötig, um immer wieder zu prüfen, ob die Behandlung noch anschlägt.
  • Prostacyclin-Analoga sind synthetische Abkömmlinge von Prostacyclin, das natürlicherweise die Blutgefäße weitstellt. In diese Gruppe gehören Iloprost, Epoprostenol, Treprostinil, Beraprost und Selexipag. Ein Nachteil der oft effektiven Therapie liegt in ihrer Darreichungsform als Pumpen oder Vernebler. Nicht immer können Patienten damit richtig umgehen. Den Prostacyklin-Rezeptor-Agonisten Selexipag gibt es in Tablettenform, er kommt bei PAH zum Einsatz. Treprostinil hat eine Zulassung als Orphan-Arzneimittel für die Therapie der chronisch thromboembolischen Pulmonalen Hypertonie.
  • Der Aktivin-Inhibitor Sotatercept ist in Deutschland der erste Arzneistoff, dessen Wirkung über den sogenannten Aktivin-Signalweg läuft. Seine Zulassung gilt für die PAH.

Die Forschung auf dem Gebiet der Medikamente gegen Pulmonale Hypertonie geht weiter. Besonders suchen Wissenschaftler nach Substanzen zum Disease-Modifying, nach solchen also, die die Krankheit so beeinflussen, dass sich die Prognose entscheidend verbessert. Studien mit sogenannten Remodelling-Medikamenten seien durchgeführt worden, und damit gelinge es tatsächlich, die Prozesse der pathologischen Umbauten in den Gefäßen wieder rückzubauen in Richtung Normalisierung der Blutgefäße, so Ghofrani. Biologica bergen ein immenses Potenzial. Darüber hinaus befinden sich Medikamente in der Entwicklung, die ihre Ursprünge in der Tumortherapie haben. Stammzellforschung und genetische Manipulationen sind weitere Gebiete, aus denen man sich wirksame Therapien erhofft.

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