Bei diesen Symptomen an Borreliose denken |
Gelenk- oder brennende Nervenschmerzen in den Extremitäten können auch ein Hinweis auf eine Neuroborreliose sein. / Foto: lev dolgachov
Die Lyme-Borreliose ist die häufigste durch Zecken übertragene Zoonose in Deutschland. Sie kann akut oder chronisch verlaufen. Bis sich erste Symptome zeigen, können Wochen, aber auch Jahre vergehen. In 3 bis 15 Prozent der durch den Biss des Spinnentieres bedingten bakteriellen Infektionen kommt es zu neurologischen Früh- und Spät-Manifestationen. Bei dieser Verlaufsform, der Neuroborreliose, befallen die Borrelien das Hirn oder die Nervenbahnen und lösen vielfältige Symptomen aus.
Frühes lokalisiertes Stadium
Frühes erweitertes Stadium
Spätes Stadium
Eine Neuroborreliose kann mit Antibiotika gut behandelt werden – sofern die Diagnose rechtzeitig gestellt wird. Dies ist jedoch nicht immer einfach. Sprechen die Schmerzen beispielsweise kaum auf Analgetika an, könnte das für Neurologen ein erster Hinweis darauf sein, dass Nervenentzündungen infolge einer Lyme-Borreliose vorliegen.
Besteht der Verdacht auf eine Frühmanifestation der Neuroborreliose innerhalb von vier bis sechs Wochen nach einer Infektion (circa 98 Prozent der Fälle), sollte zur Absicherung der Diagnose eine Lumbalpunktion erfolgen: Der Nachweis von Erregern oder Antikörpern gegen Borrelien im Liquor könnte die Diagnose Neuroborreliose sichern, so die Autoren des im Journal »Neurologie up2date« veröffentlichten Fortbildungsbeitrags zur Neuroborreliose von Dr. Rick Dersch und Professor Sebastian Rauer, Freiburg.
Gleichermaßen vielversprechende Methode in der Diagnostik sei der Nachweis des Proteins CXCL13 im Nervenwasser. Als ein hochsensitiver Biomarker für die akute Neuroborreliose ist dieses Protein, das an der Steuerung von Abwehrzellen im Immunsystem beteiligt ist, im Liquor zudem als Therapiemarker geeignet, da er unter Behandlung rasch abfällt.
Bei einer möglichen Neuroborreliose kann aus Sicht der Wissenschaftler eine versuchsweise durchgeführte antibiotische Behandlung erwogen werden. Sind die Kriterien einer wahrscheinlichen oder gesicherten Neuroborreliose erfüllt, bestehe eindeutig die Indikation zur antibiotischen Therapie. Dabei, so die Autoren, sind Betalaktamantibiotika wie Penicillin G oder das Cephalosporin Ceftriaxon sowie Doxycyclin gemäß randomisierter kontrollierter Studien in der Therapie der Neuroborreliose als wirksam befunden worden.
»Bei einer Behandlung mit Doxycyclin ist es wichtig, die Patienten darüber zu informieren, dass der Verzehr von Milchprodukten sowie die gleichzeitige Einnahme von Magnesium oder aber von Medikamenten zur Neutralisierung der Magensäure die Wirksamkeit des Antibiotikums einschränkt«, so die Mediziner. Auch darf Doxycyclin nicht in der Schwangerschaft gegeben werden. Im Frühstadium der Neuroborreliose reiche eine Behandlungsdauer von 14 Tagen. Die Prognose der Neuroborreliose nach Antibiotikabehandlung sei in der Regel günstig.
Schwieriger sei die Situation in Spätstadien, also mehrere Monate nach dem meist unbemerkten oder vergessenen Zeckenstich mit Entzündungen des Gehirns und des Rückenmarks, die sich klinisch unter anderem durch auffällige spastische Gang- und auch Miktionsstörungen beziehungsweise Gefäßentzündungen bis hin zu einer zerebralen Ischämie, sprich: Hirninfarkt, äußern können. Zur sicheren Bekämpfung empfehle sich hier die Antibiose bis zu 21 Tagen.
Eine längere Antibiotika-Gabe ist aus Sicht der Studien-Autoren in der Regel nicht sinnvoll. Dabei seien in vorliegenden Studien nicht etwa Hinweise auf ein Versagen der Medikamente gefunden worden. Falls die Patienten weiterhin Beschwerden haben, könnte dieses Folge von Gewebeschäden durch die Bakterien im Sinne einer gestörten Defektheilung sein. Die weitere Behandlung müsse dann symptomorientiert erfolgen.
Der erste Teil des Namen Lyme-Borreliose ist auf den amerikanischen Ortes Lyme zurückzuführen, in dem das Krankheitsbild 1975 nach gehäuftem Auftreten in dem Fall von Gelenkentzündungen in Verbindung mit Zeckenstichen erstmals beschrieben wurde.
Der zweite Teil des Namens bezieht sich auf die Bezeichnung der Erregerfamilie, die nach dem französischen Bakteriologen Amédée Borrel benannt ist. Wird die Lyme-Borreliose durch das Bakterium Borrelia burgdorferi oder verwandte Bakterien ausgelöst, so ist das wiederum auf den US-amerikanischen Bakteriologen Willy Burgdorfer zurückzuführen, dem 1981 erstmals der Nachweis der neu entdeckten Borrelia-Art aus Zecken gelang.