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Die Luftnot kleiner Kinder

Bei Pseudokruppanfall richtig handeln

Die Anfälle häufen sich vor allem in der kalten Jahreszeit. Für Eltern wirken der bellende Husten und die damit einhergehende Atemnot dramatisch. Unterstützende Maßnahmen helfen, bei stärkeren Attacken sind Zäpfchen mit Glucocorticoiden erforderlich.
Nicole Schuster
29.09.2021  12:00 Uhr

Akute Luftnot kann mit Krupp und Pseudokrupp in Zusammenhang gebracht werden. »Beide Begriffe werden heutzutage gern synonym verwendet, obgleich es sich genau genommen um zwei ganz unterschiedliche Krankheitsentitäten handelt«, erzählt Professorin Dr. Ellen Renner, Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde an der TU München im Gespräch mit PTA-Forum.

Der »echte« Krupp werde durch Diphterie-Bakterien verursacht. Eine Infektion mit Diphterie-Bakterien ist jedoch dank der Schutzimpfung, die Teil der Sechsfachimpfung in den ersten Lebensmonaten ist, selten geworden. »Wenn von Krupp gesprochen wird, ist daher meist der Pseudokrupp, auch als »Krupp-Syndrom« oder »Krupp-Husten« bezeichnet, gemeint«, sagt die Expertin. Darunter versteht man die Kombination aus einem bellenden, meist nächtlichen Husten, heiserer Stimme und einem pfeifenden Geräusch beim Einatmen.

Engpass in der Luftröhre

Eine Gemeinsamkeit beider Kruppformen ist, dass die Luftröhre betroffen ist. Der echte Krupp ist dadurch gekennzeichnet, dass eine durch das Diphtherietoxin ausgelöste Pseudomembran entsteht – darunter versteht man Beläge aus Fibrin und nekrotischem Material. Auslöser beim Pseudokrupp sind hingegen vor allem gewöhnliche Erkältungsviren wie (Para)influenza- oder Adenoviren, seltener auch Bakterien wie Pneumokokken. Die Infektion führt dazu, dass sich die Kehlkopfschleimhaut unterhalb der Stimmbänder entzündet und anschwillt. Dadurch verengen sich die Atemwege, was im Säuglings- und Kleinkindalter besonders kritisch ist, da hier wachstumsbedingt der Durchmesser der Luftröhre geringer ist als bei Erwachsenen.

Das erklärt auch, warum vor allem Säuglinge und Kleinkinder im Alter zwischen drei Monaten und fünf Jahren einen Krupphusten entwickeln, ältere Kinder oder Erwachsene aber kaum betroffen sind. »Im Jugend- und Erwachsenenalter kann jedoch eine seltenere Sonderform auftreten«, erklärt Renner. Dabei handle es sich um das rezidivierende (»spasmodische«) Kruppsyndrom, das unter anderem durch Allergien oder Umweltreize wie Zigarettenrauch oder Luftverschmutzung ausgelöst wird. »Eine Differentialdiagnose zu Allergien oder obstruktiven Atemwegserkrankungen wie dem Asthma ist bei älteren Kindern und Erwachsenen ebenfalls wichtig.«

Anfall für Eltern beängstigend

Einen Pseudokruppanfall im Kleinkindalter kündigen in der Regel Vorboten an. »Meistens leiden die Kinder schon zuvor unter leichten Erkältungssymptomen, eventuell ist ihre Stimme heiser und sie können bei Anstrengung einen leichten Husten zeigen«, erzählt Renner. Ein schweres Krankheitsgefühl bestehe jedoch meist nicht und die Temperatur ist auch nur leicht bis 38,5 °C erhöht. Warum die beängstigenden Anfälle vor allem nachts auftreten, kann die Expertin erklären: »Der Cortisol-Spiegel erreicht in der Nacht sein tagesrhythmisches Minimum. Dadurch kann die Schleimhaut stärker anschwellen. Die Symptome setzen dann plötzlich und anfallsartig ein.« Für Eltern erscheint die Lage dramatisch: Das Kind hustet in Attacken trocken und laut bellend oder röhrend und hat Schwierigkeiten, Luft zu bekommen.

Das merken Eltern an pfeifenden Atemgeräuschen (Stridor) und starken Bewegungen des Brustkorbs. Wichtig ist an dieser Stelle die Abgrenzung zur gefährlichen Kehldeckelentzündung (Epiglottis). Bei dieser Krankheit kann das Kind, anders als beim Pseudokrupp, den Speichel kaum oder gar nicht mehr schlucken, weil der Kehlkopfdeckel geschwollen ist. Zudem hat es meistens ein schweres Krankheitsgefühl mit hohem Fieber. Die Stimme klingt dann auch nicht heiser, sondern eher hell, leise oder kloßig. Bei einer Epiglottis braucht das Kind unverzüglich ärztliche Hilfe. »Die Kehldeckelentzündung ist jedoch heute wegen der Impfung gegen Hämophilus influenzae Typ B (Hib), die auch Teil der Sechsfach-Impfung ist, glücklicherweise selten geworden«, beruhigt die Kinderärztin.

Grad Symptome Maßnahmen
I Bellender Husten, Heiserkeit, leichte Pfeifgeräusche beim Einatmen (inspiratorischer Stridor) Kind beruhigen, für kalte und feuchte Luftzufuhr sorgen (Fenster auf/Dusche an)
Wenn keine Besserung eintritt, ggf. Glucocorticoid-haltige Zäpfchen geben/ggf. Notfallambulanz/Arzt aufsuchen bei ausbleibender Besserung
II Stärkerer Stridor auch in Ruhe, leichte Atemnot, leichte Einziehungen Kind beruhigen, für kalte und feuchte Luftzufuhr sorgen (Fenster auf/Dusche an)
Wenn keine Besserung eintritt, ggf. Glucocorticoid-haltige Zäpfchen geben/ggf. Notfallambulanz/Arzt aufsuchen bei ausbleibender Besserung
III Deutliche Atemgeräusche beim Einatmen mit Ein­ziehungen der Haut am Hals und am Oberbauch, Atemnot in Ruhe, Blässe, schneller Herzschlag, Unruhe Kind beruhigen, alle Maßnahmen wie oben beschrieben, aber direkt auch den Notruf absetzen, selbst Ruhe ­bewahren
IV Schwere Atemnot mit deutlichen Erschöpfungszeichen, unzureichende Sauerstoffversorgung, Haut und Schleimhäute verfärben sich bläulich, evtl. ­Bewusstseinsstörung, niedriger Blutdruck Kind beruhigen, alle Maßnahmen wie oben beschrieben, aber direkt auch den Notruf absetzen, selbst Ruhe ­bewahren
Tabelle: Vier Schweregrade: Symptome und Maßnahmen. Um festzumachen, ob und wann ein Besuch beim Kinderarzt erforderlich ist, hilft die Einteilung des Pseudokrupps in 4 Grade.

Im Notfall Cortison

Bei einem akuten Pseudokruppanfall ist es am wichtigsten, Ruhe zu bewahren. »Das ist zugleich sicherlich auch das schwierigste, vor allem, wenn Eltern noch keinen Krupphusten bei ihrem Kind miterlebt haben«, weiß Renner. Meist sieht es jedoch schlimmer aus als es tatsächlich ist, und die Kinder erholen sich schnell wieder. »Wichtig ist es bei aller innerer Verunsicherung, das Kind zu beruhigen und nichts zu machen, was es zusätzlich aufregt«, rät die Expertin. Weinen, Schreien, Angst und Aufregung lassen die Schleimhaut nur noch weiter anschwellen. Förderlich ist die aufrechte Körperhaltung. Sie lässt die Kinder leichter atmen. Die kleinen Patienten brauchen zudem kalte, feuchte Luft. Für Eltern ist der Tipp hilfreich, im Winter das Fenster zu öffnen oder das Kind vor den geöffneten Kühlschrank oder die angeschaltete Dusche zu setzen.

Bessern sich die Beschwerden nicht oder verschlimmert sich der Zustand des Kindes, sollte umgehend ein Notruf abgesetzt werden. Eltern erkennen eine akute Erstickungsgefahr daran, dass sich Haut und Lippen bläulich verfärben. Der Notarzt kann dem Kind abschwellend wirkende Glucocorticoide, etwa Prednison-haltige Zäpfchen (wie Rectodelt® 100, InfectoCortiKrupp® Zäpfchen) oder Prednisolon-haltige Rektalkapseln (wie Klismacort®) verabreichen. Manchmal ist es auch erforderlich, den kleinen Patienten Adrenalin (Epinephrin) inhalieren zu lassen, das gefäßverengend wirkt und innerhalb weniger Minuten die Schleimhäute abschwellen lässt. »Danach muss das Kind zur Überwachung in der Klinik bleiben, da es hier ähnlich wie bei abschwellenden Nasentropfen zu einem Reboundeffekt kommen kann, wenn die Wirkung nachlässt und die Schleimhaut erneut und möglicherweise sogar massiver anschwillt«, erklärt die Kinderärztin aus München. Die gleichzeitige Gabe von Glucocorticoiden als Zäpfchen oder Saft sei daher angezeigt.

In den meisten Fällen ist der Krupphusten nach wenigen Nächten überstanden. Am Tag nach einem Anfall ist das Kind jedoch genau zu beobachten und am besten sucht man einen Kinderarzt auf. In seltenen Fällen können auch Begleiterkrankungen wie Mittelohrentzündungen oder Entzündungen der unteren Atemwege auftreten.

Vor Attacken schützen

Nach einem Pseudokruppanfall kann vor einem Pseudokruppanfall sein. Wirklich vorbeugen kann man dem nicht. Die Expertin rät aber: »Eltern können darauf achten, dass das Kleinkind ausreichend trinkt und das Schlafzimmer gut gelüftet ist. Im Winter können sie die Luftfeuchtigkeit durch ein nasses Tuch auf der Heizung oder das Aufstellen eines Wäscheständers mit nasser Wäsche erhöhen.« Eine starke Schadstoffbelastung in der Luft erhöht das Risiko für einen Krupphusten. Eltern und andere Bezugspersonen rauchen daher bestenfalls weder in der Wohnung noch in der Umgebung des Kindes.

»Bei häufigen Anfällen empfiehlt es sich, Glucocorticoid-haltige Zäpfchen vorrätig zu halten«, sagt Renner. »Bei der Beratung ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass diese eine hohe Dosis Glucocorticoide enthalten und wirklich nur Notfällen vorbehalten sein sollten, wenn andere Maßnahmen nicht greifen.« Die Wirkung tritt in der Regel nach einer halben Stunde ein. Sollte sich der Anfall aber nicht gleich bessern, braucht das Kind ärztliche Hilfe. Angst vor Nebenwirkungen der Glucocorticoid-haltigen Zäpfchen brauchen Eltern wegen einer einmaligen Anwendung nicht zu haben. Eine weitere gute Nachricht ist, dass Pseudokrupp vor allem eine Krankheit kleiner Kinder ist. Wenn die Atemwege weiter werden, wachsen sie aus dem Pseudokrupp heraus.

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