Bei Vaginalmykose richtig beraten |
Verena Schmidt |
03.08.2023 08:45 Uhr |
Juckreiz ist ein typisches Symptom einer Vaginalmykose. Nach drei Tagen Therapie sollte er sich bessern – sonst stimmt die Diagnose nicht. / Foto: Getty Images/Predrag Popovski
»Typische Symptome sind vor allem Juckreiz und ein weißlicher, flockiger Ausfluss«, erklärte Mendling bei der Pressekonferenz. »Berichten die Frauen dagegen von einem Brennen in der Scheide, handelt es sich eher nicht um eine Vaginalmykose«, so der Frauenarzt. Ihm zufolge sind bis zu 70 Prozent aller Eigendiagnosen falsch – es sei daher wichtig, diese in der Apotheke zu hinterfragen, bestätigte auch Apothekerin Hien. »Wir fragen gezielt nach dem Ausfluss: Ist er weiß-gelblich, quarkähnlich und geruchlos, ist das ein Hinweis auf einen Scheidenpilz, eine Selbstmedikation ist dann möglich. Bei einem grau-weißen, dünnflüssigen und fischig riechenden Ausfluss könnte es sich um eine bakterielle Vaginose handeln, dann ist ein Arztbesuch empfehlenswert«, erklärte sie.
Treten die Beschwerden zum ersten Mal auf oder besonders häufig, sollte die Kundin an einen Arzt verwiesen werden. »Bei drei bis vier Episoden pro Jahr handelt es sich um eine chronisch-rezidivierende Vulvovaginalkandidose (CRVVK)«, so Mendling. Auch Jugendlichen unter 18 Jahren und Schwangeren sollten PTA laut Hien zum Arztbesuch raten, ebenso bei unklaren Symptomen, Schmerzen im Unterbauch, unangenehmem Geruch, grünem oder gelbem Ausfluss.
Ist eine Selbstmedikation möglich, können PTA und Apotheker aus einer Reihe von Präparaten wählen. »Die Heilungsergebnisse sind bei allen oralen und lokalen Antimykotika gleich«, sagte Mendling. Wichtiger Hinweis für die Beratung: »Nach spätestens drei Tagen Behandlung ist der Juckreiz verschwunden, sonst muss die Pilzdiagnose überdacht werden.«
Weltweiter Standard ist nach wie vor der bewährte Wirkstoff Clotrimazol, der gezielt gegen Candida albicans – mit 92 Prozent der mit Abstand häufigste Erreger von Vaginalmykosen – wirkt. Der Zusatz von Milchsäure in Clotrimazol-Präparaten verbessere zwar die Bioverfügbarkeit, führe allerdings nicht zu besseren Heilungsergebnissen, sagte Gynäkologe Mendling.
Überlegene Therapieerfolge erziele man, wenn Vagina und Vulva kombiniert behandelt werden, so Hien – also Vaginaltabletten oder -ovula plus Vaginalcreme. Die Apothekerin empfiehlt bevorzugt eine Drei-Tage-Kombitherapie mit 2-prozentiger Creme (wie KadeFungin® 3 mit 3x200 mg Clotrimazol Tabletten, Vagisan® Myko Kombi 3 Tage mit Vaginalzäpfchen). Bei einer Ein-Tages-Therapie (zum Beispiel Vagisan® Myko Kombi, Canesten® Gyn Once) ist die Vaginaltablette mit 500 mg Clotrimazol höher dosiert als bei der Drei-Tages-Therapie. »Was den meisten Frauen aber nicht klar ist: Die Creme ist niedriger dosiert und muss für ein bis zwei Wochen angewendet werden«, so die Apothekerin.
Die Vaginaltabletten sollten abends vor dem Schlafengehen, idealerweise in Rückenlage, eingeführt werden, die Creme wird dreimal täglich auf Vulva, Damm und die Analregion aufgetragen. »Während der Menstruation sollten die Tabletten nicht angewendet werden, dann wird zu viel Wirkstoff wieder herausgespült«, so die Apothekerin. Zum Kontakt mit Latexkondomen sollte man mindestens 48 Stunden Abstand halten, ebenso zu anderen vaginalen Zubereitungen.
Bei der festen Darreichungsform könne man bei der Wahl des Präparats auch auf die Vorlieben der Kundin eingehen: Bei Ovula entsteht häufig ein fettiger Rückfluss. Die Tabletten lösten sich in der Regel gut auf – die Kadefungin-Vaginaltabletten etwa enthalten einen schäumenden Brausesatz, der den Zerfall in wenig Flüssigkeit fördere. Bei Scheidentrockenheit allerdings könne die vorhandene Scheidenflüssigkeit eventuell nicht zum Auflösen ausreichen.
Schwangere gehören bei Verdacht auf Scheidenpilz grundsätzlich in die Hände des Frauenarztes. Sie werden in der Regel aber auch mit Clotrimazol behandelt. »Clotrimazol ist in der Schwangerschaft signifikant besser wirksam als Nystatin«, sagte Mendling. Laut aktueller Leitlinie sollten Schwangere insbesondere im ersten Trimenon mit lokalem Clotrimazol behandelt werden, um das Risiko für fetale Fehlbildungen und einen Frühabort zu vermeiden. Hien wies darauf hin, dass Schwangere Vaginaltabletten immer mit der Hand, nicht mit beigefügten Applikatoren einführen sollten.
Bei chronisch rezidivierenden Vulvovaginalkandidosen (CRVVK) durch Candida albicans werde primär oral mit Fluconazol behandelt, berichtete Mendling. Die Therapie dauere mindestens sechs Monate, danach seien etwa 85 Prozent der Patientinnen pilzfrei. Wichtiges Risiko für die Entwicklung einer CRVVK seien orogenitale Sexualkontakte.
Nein, das ist laut Mendling und Hien nicht routinemäßig nötig, sondern nur, wenn auch der Partner Symptome zeigt. Bei chronisch wiederkehrendem Scheidenpilz könne auch eine mykologische Untersuchung Sinn machen, so Hien. Sie betonte: »Der Scheidenpilz ist keine Geschlechtskrankheit. Der Pilz kann zwar sexuell übertragen werden, muss aber keine Infektion auslösen.«
Dass man sich einen Scheidenpilz im Schwimmbad oder auf fremden Toiletten einfangen kann, sei ein Mythos, so die Apothekerin. Der auslösende Hefepilz ist Bestandteil der Vaginalflora und führt erst bei einer Abwehrschwäche zu Beschwerden. »Im Chlorwasser können Pilze nicht überleben«, so Mendling. Auch Toilettenbrillen bieten keine guten Überlebensbedingungen. Aber: Das Chlorwasser im Schwimmbad kann das vaginale Milieu schwächen, sodass sich vorhandene Pilze ausbreiten können.
Auch mangelnde Hygiene ist nicht Ursache der Pilzinfektion. Eher sei das Gegenteil der Fall, so Hien: »Falsche oder übertriebene Intimhygiene schädigt die körpereigene Schutzbarriere.« Die Reinigung mit Wasser sei in der Regel ausreichend, bei Bedarf könnten Frauen auf spezielle Intimreinigungslotionen zurückgreifen.
Damit die Pilzinfektion schnell ausheilt beziehungsweise gar nicht erst auftritt, empfahl Hien außerdem, ein feuchtwarmes Milieu zu vermeiden. Das heißt, Hygieneartikel wie Binden und Tampons sollten regelmäßig gewechselt werden, luftdurchlässige Slipeinlagen sollten bevorzugt werden. Auf eng anliegende synthetische Unterwäsche sollten Frauen besser verzichten.
Nach dem Toilettengang heißt es: Immer von vorne nach hinten abwischen, um das Eintragen des Erregers zu vermeiden. Waschlappen sollten bei akuter Infektion täglich gewechselt und bei 60 °C gewaschen werden. Bei gestörter Vaginalflora, vor allem bei häufig auftretenden bakteriellen Vaginosen, können PTA eine aufbauende Milchsäurekur empfehlen.
»Immer wieder berichten Kundinnen über Scheidenspülungen mit Essig oder Teebaumöl«, so Hien. Damit solle der Pilz ausgespült werden, Essig solle das Vaginalmilieu ansäuern, das Teebaumöl desinfizieren. Die Apothekerin warnte: Der Erreger sei fest mit den oberen Epithelzellen verbunden, Spülungen daher unwirksam. »Der Pilz überlebt auch im sauren Milieu. Man spült dann vielmehr schützende Lactobazillen heraus und die Vaginalflora gerät noch mehr aus dem Gleichgewicht.« Teebaumöl könne die sensible Vaginalhaut reizen und habe zudem ein Allergisierungspotenzial.
Auch Joghurt-Tampons, die mit enthaltenen Milchsäurebakterien die Vaginalflora aufbauen und den Pilz verdrängen sollen, seien nicht zur Behandlung geeignet. »Joghurt enthält keine scheidentypischen Milchsäurebakterien«, so Hien. Es könne zu Reizungen, Entzündungen und einer Verschlimmerung der Pilzerkrankung kommen. Auch Antipilzdiäten, bei denen der Pilz mithilfe einer zuckerarmen Ernährung »ausgehungert« werden soll, haben keine belegte Wirksamkeit.