Berühmt berüchtigt |
Barbara Döring |
26.08.2024 09:24 Uhr |
Alle Pflanzenteile sind giftig, besonders die unreifen Früchte. Hauptverantwortlich dafür ist das Pseudoalkaloid Coniin, das lähmend auf das Atemzentrum wirkt. Bereits 0,5 bis 1 g sind für einen Erwachsenen tödlich. Nach dem Verzehr kleinster Mengen kommt es zu Brennen in Mund und Rachen, Erbrechen, Herzrasen und Muskelkrämpfen. Die Pupillen weiten sich, es entwickeln sich Sehstörungen. Schließlich kann es zu Lähmungen kommen, die von den Beinen aus aufsteigen. Sprechen und Schlucken ist nicht mehr möglich. In schweren Fällen kommt es bereits nach 30 Minuten bei vollem Bewusstsein zur tödlichen Atemlähmung.
Eine Vergiftung ist auch über die Haut beim Kontakt mit dem Pflanzensaft möglich. Unter Einwirkung von UV-Licht entstehen zudem schmerzhafte Brandblasen. Für die meisten Weidetiere ist der Gefleckte Schierling ebenfalls giftig. Zwar meiden die Tiere die frische Pflanze wegen des strengen Geruchs. Problematisch sind jedoch Beimischungen im Heu, da das Gift nur sehr langsam abgebaut wird.
Bei Verdacht auf eine Vergiftung sollte man Pflanzenteile sofort aus dem Mund entfernen und eine der Giftnotrufnummern (siehe unten) oder den Notruf 112 wählen. Die Giftinformationszentren bieten rund um die Uhr telefonische Beratung bei Vergiftungen oder im Verdachtsfall. Als Erste Hilfe wird empfohlen, ein Glas stilles Wasser, Tee oder Saft zu trinken, um das Gift im Magen zu verdünnen. Die Gabe medizinscher Kohle verringert die Aufnahme über den Gastrointestinaltrakt. Schon bei Verdacht einer Vergiftung wird zur Klinikeinweisung geraten.
Die Anwendung als Heilpflanze ist wegen der starken Giftigkeit ausgeschlossen. Der Gefleckte Schierling findet nur in der Homöopathie Verwendung. Zubereitungen des frisch blühenden Krauts (Conium) kommen unter anderem bei Arteriosklerose und Lähmungen zum Einsatz und sollen Schwindel, Gleichgewichtsstörungen und Verstimmungen lindern.
Der Gefleckte Schierling ist wegen seiner Giftigkeit, die bereits im Altertum bekannt war, berühmt berüchtigt. Zahlreiche Giftmorde gehen auf die Pflanze zurück. Zudem war sie Grundlage des Schierlingsbechers, mit dem Todesurteile vollstreckt wurden, unter anderem des griechischen Philosophen Sokrates. Dafür löste man die Früchte aus den Hülsen, zermahlte sie und streute sie auf eine dünne Schicht Wasser, die den Verurteilten in einem Becher gereicht wurde. Beimischungen wie Opium sollten vermutlich die Schmerzen lindern.
In Deutschland gibt es weitere Arten von Doldenblütlern und Arten anderer Pflanzenfamilien, die dem Gefleckten Schierling ähnlichsehen, darunter weniger giftige wie die Hundspetersilie oder der Hecken-Kälberkropf und ungiftige wie die Schafgarbe, Wiesenkerbel, echter Mädesüß, wilde Möhre oder Kümmel. Beim Sammeln von Wildkräutern ist deshalb Vorsicht geboten.
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