Berühmte Kindermythen im Check |
Kaugummi verschlucken verklebt den Magen und wer schielt, dem bleiben die Augen stehen? Man sollte nicht uneingeschränkt alles glauben, was Eltern seit Jahrzehnten ihren Kindern erzählen. / Foto: Getty Images/ssj414
Manche vermeintliche Weisheit hält sich hartnäckig – und das über Jahrzehte oder länger. Nicht zuletzt, weil Eltern häufig weitergeben, was sie von ihren Eltern schon gehört haben: Schiefes Sitzen führt zum Buckel, Lesen im Dunkeln macht schlechte Augen, und Kaugummi verklebt den Magen. Doch darf man das alles glauben? Der Faktenchek der Nachrichtenagentur dpa klärt auf.
Manchmal passiert es schneller als gedacht: Ein Kaugummi wandert versehentlich die Speiseröhre hinunter. Ein Gerücht besagt, dass es dann den Magen verkleben könnte. Die Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselstörungen (DGVS) gibt Entwarnung: »Die Kaugummis kleben nicht im Mund an den Zähnen und beim Schlucken nicht in der Speiseröhre oder den Magenwänden fest. Auch nicht nachfolgend im Dünn- und Dickdarm«, sagt Medizinerin und DGVS-Sprecherin Birgit Terjung der dpa.
Aber wieso eigentlich nicht? Schließlich kleben Kaugummis auch unter Schultischen – und aus den Haaren sind sie ohnehin nicht leicht herauszukriegen. »Die Schleimhäute im gesamten Verdauungstrakt sind mit einem Flüssigkeitsfilm überzogen, der dies verhindert«, erklärt Terjung.
Die verdaulichen Bestandteile werden durch Säure und Enzyme abgebaut – und verkleben nicht den Magen. Die unverdauliche sogenannte Kaugummibase, die die Süßigkeit so klebrig und gummiartig mache, werde mit dem Stuhlgang ausgeschieden.
Kinder ziehen gerne mal Grimassen – dazu gehört auch das Schielen mit den Augen. Aber wer wirklich davon betroffen ist, kann das nicht einfach so steuern. Das Schielen ist eine meist beständige oder immer wieder auftretende Fehlstellung eines oder beider Augen, wie der Berufsverband der Augenärzte Deutschlands (BVA) schreibt. Die Augen schauen dabei nicht in die gleiche Richtung. Schielen sei nicht nur ein Schönheitsfehler, sondern oft mit einer schweren Sehbehinderung verbunden.
»Eine vorübergehende, absichtliche, bewusste, meist angestrengte Schielstellung führt zu Doppeltsehen, aber im Allgemeinen nicht zu bleibenden Schäden«, sagt Augenarzt Horst Helbig vom Universitätsklinikum Regensburg der dpa. Außerdem sei das Babyschielen mit wechselnder Augenstellung in den ersten sechs Lebensmonaten ohnehin häufig. Wenn die Kinder aber danach weiter schielen, sollten sie Helbig zufolge schnellstmöglich zu einem Augenarzt – damit sich keine irreversiblen Sehschwächen ausbilden.
Damit wir räumlich sehen können, müssen beide Augen auf dieselbe Stelle schauen. Dem BVA zufolge entsteht dabei in beiden Augen jeweils ein geringfügig unterschiedliches Bild. Diese beiden Bilder schmelzen dann im Gehirn zu einem einzigen Seheindruck zusammen. Bei schielenden Menschen treffen die Sehachsen nicht auf dieselbe Stelle. »Der Unterschied der beiden Bilder, den die Augen liefern, wird zu groß. Sie können im Gehirn nicht mehr richtig zur Deckung kommen«, schreibt der Verband. Dadurch ist keine räumliche Wahrnehmung möglich und die Betroffenen sehen störende Doppelbilder.