Berührung bedeutet Sicherheit |
Eine freundliche Berührung bedeutet für Menschen in Not, dass sie sich sicher fühlen können. / Foto: Adobe Stock/ Chanintorn.v
Studien zeigen, dass eine fünfminütige Massage der Hand, langsames Streicheln oder das Auflegen einer Hand auf die Schulter Ängste reduziert und Schmerzen lindert. Die Stresshormone sinken ab, die Herzfrequenz beruhigt sich, körpereigene Opioide werden ausgeschüttet und die Bindung zu anderen Menschen wird gestärkt – vor allem zu denen, die uns guttun.
»Eine freundliche Berührung signalisiert uns: Du bist in Sicherheit, und du bist nicht allein«, sagt Dr. Monika Eckstein, Neurowissenschaftlerin und Psychologin am Universitätsklinikum Heidelberg im Magazin der Techniker Krankenkasse. Zugehörigkeit sei eines der stärksten Bedürfnisse bei Menschen, denn evolutionär gesehen, könnten wir allein nicht existieren.
Kleine Schritte können dazu beitragen, das eigene Streichel-Reservoir aufzufüllen.
Schon der erste Kontakt eines Babys zur Umwelt bedeutet Sicherheit, Wärme, Bindung und Aufgehobensein. Es kann sich nur dann gesund entwickeln, wenn es ausreichend Körperkontakt hat. »Diese frühen Kindheitserfahrungen, die an angenehme Berührung gekoppelt sind, halten das ganze Leben lang«, so Eckstein. Für ein Baby ist es zudem – aus evolutionsbiologischer Sicht – vorteilhaft, wenn seine Ernährer eine stabile Bindung aufbauen.
Durch Streicheln, Umarmen und Küssen wird Oxytocin aus der Hirnanhangsdrüse ausgeschüttet, ein wahrer Wunderstoff, der prosoziale Wirkungen entfaltet und der ihm den Namen »Kuschelhormon« eingebracht hat. Dass das Hormon bei der Geburt eine wichtige Rolle spielt, weiß man schon länger. Sein Name stammt aus dem Altgriechischen und bedeutet »schnelle Geburt«. Oxytocin leitet die Wehen ein, stimuliert die Milchproduktion und stärkt die Bindung zwischen Mutter und Kind. Doch seine Wirkung ist mitnichten auf das Gebären beschränkt, wissen Forscher heute.
Die Forschung zum therapeutischen Potenzial von Oxytocin hat in den letzten zwei Jahrzehnten enorm zugenommen. Bei sozialen Ängsten und Autismus beispielsweise könnte Oxytocin helfen, denn es verbessert die Fähigkeit von Patienten, Blickkontakt zu halten und ihr Gegenüber besser einzuschätzen. Das Hormon macht uns empfänglich für soziale Signale und stellt sicher, dass ein Lächeln oder eine Berührung zu uns durchdringen.
Experten raten allerdings davon ab, im Netz als »Liquid Trust« angebotene Oxytocin-Sprays auf eigene Faust anzuwenden. Sie sind seit 2008 in Deutschland nicht mehr zugelassen, zudem ist fraglich, ob die Präparate überhaupt das gewünschte Oxytocin enthalten.
Die freundliche soziale Berührung ist so wichtig für uns und andere Säugetiere, dass es dafür sogar eigene Nervenfasern gibt: die C-taktilen Fasern. Entdeckt wurden sie vor etwa 25 Jahren von Forschern an der Universität Göteborg. Die dazugehörigen Rezeptoren finden sich in der behaarten Haut es Körpers – also überall außer an den Handflächen und Fußsohlen. Sie werden nur bei sanften Berührungen zwischen einem und zehn Zentimetern pro Sekunde erregt, genau die Geschwindigkeit, in der wir auch intuitiv streicheln. Alle anderen Berührungen werden über andere Rezeptoren vermittelt und in unserem Nervensystem anders verarbeitet. »Im Durchschnitt ist ein Streicheln mit der Geschwindigkeit von drei Zentimetern pro Sekunde am angenehmsten«, erläutert Eckstein. In Kombination mit einem leichten Druck und einer Temperatur von rund 30 Grad, erleben wir solche Berührungen als angenehm und entspannend.
Quelle: Techniker Krankenkasse