Bitterstoffe bitter nötig |
Katja Egermeier |
24.03.2025 14:00 Uhr |
An bitteren Geschmack muss man sich meist erst gewöhnen. Kindern sind bittere Lebensmittel daher häufig noch zu herb, sie gewöhnen sich erst im Laufe der Zeit an den Geschmack. / © Getty Images/Oliver Rossi
Warum aber mögen viele Menschen bitter schmeckende Lebensmittel nicht, obwohl sie so gesund sind? Die Antwort liegt in der Natur: Pflanzen bilden Bitterstoffe, um sich vor Fressfeinden zu schützen – und dazu zählt auch der Mensch. Zudem sind viele giftige Substanzen bitter, weshalb unser Körper instinktiv auf Abwehr schaltet. Die etwa 25 verschiedenen Bitter-Rezeptoren dienen daher als natürliches Warnsystem, wie das Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) erklärt.
Die meisten Bitterstoffe seien jedoch nicht giftig, sondern wirkten sogar positiv auf unseren Körper:
Bitterstoffe sollen zudem noch weitere gesunde Eigenschaften haben, wie das Gesundheitsmagazin der AOK auf seiner Website berichtet. Diese seien zwar noch nicht eindeutig wissenschaftlich belegt, doch es gebe vielversprechende Hinweise. So werden Bitterstoffen fiebersenkende und antidepressive Eigenschaften zugeschrieben, ebenso eine lindernde Wirkung bei Hautkrankheiten und Fieber. Zudem sollen sie das Immunsystem stärken, bei Erschöpfung und Stress helfen und sogar krebshemmende, antibiotische und antifungale Effekte haben.
Lebensmittel, die Bitterstoffe enthalten | |
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Gemüsearten | Chicorée, Radicchio, Rucola, Endivien, Rosenkohl, Blumenkohl, Brokkoli, Grünkohl, Mangold, Spinat, Hülsenfrüchte, Ingwer, Auberginen, Artischocken, Kohlrabi |
Obst | Grapefruit, Pomelo, Pampelmuse, Cranberry, manche Apfelsorten (Jonagold, Braeburn), Zitrusfrüchte |
Kräuter und Gewürze | Petersilie, Kresse, Basilikum, Rosmarin, Löwenzahn, Brennnessel, Estragon, Thymian, Zimt, Kurkuma, Senfkörner, Salbei |
Sonstige | Kaffee, Kakao, grüner Tee, Oliven, Hopfen |
In wenigen Fällen kann ein bitterer Geschmack auch eine Warnung sein. Bestimmte Gemüsesorten – insbesondere aus eigenem Anbau – können durch natürliche Wachstumsprozesse bitter schmeckende Giftstoffe entwickeln. Schmeckt also natürlicherweise mildes Gemüse wie Zucchini, Gurke oder Kürbis plötzlich bitter – sei es roh oder gegart –, sollte es unter keinen Umständen verzehrt werden.
Ein weiterer wichtiger Aspekt sind mögliche Wechselwirkungen mit Medikamenten. Ein bekanntes Beispiel ist die Grapefruit: Obwohl sie als besonders gesund gilt, kann ihr Bitterstoff mit zahlreichen Arzneimitteln interagieren und Nebenwirkungen auslösen oder verstärken. Ähnliches gilt für Bitterorange, Pampelmuse und Sternfrucht.
Auch bei bestimmten Erkrankungen ist Vorsicht geboten. Personen mit Magengeschwüren, Entzündungen der Gallenblase oder -wege, Zwölffingerdarmgeschwüren, Gastritis oder entzündlichen Magen-Darm-Erkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa sollten Bitterstoffe nur in Maßen zu sich nehmen. Da sie die Magensäureproduktion anregen, können sie die Beschwerden verstärken.
Wirkungsverstärkung durch Grapefruitsaft bei: | Wirkungsabschwächung durch Grapefruitsaft bei: |
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• Calciumkanalantagonisten vom Nifedipin-Typ • Statine (Atorvastatin, Lovastatin, Simvastatin) • Immunsuppressiva (Ciclosporin, Tacrolimus, Everolimus, Sirolimus) • Ivabradin • Ivacaftor • Lomitapid • Ranolazin • Colchicin • Terfenadin |
• Aliskiren • Bilastin • Fexofenadin • Celiprolol (evtl. Atenolol) • Cyclophosphamid, Ifosfamid (Bioaktivierung durch CYP3A4) |
Wir haben Bitterstoffe also buchstäblich »bitter nötig«. Doch anstatt sie – wie inzwischen häufig – herauszuzüchten, rät die AOK, das Geschmacksempfinden zu trainieren. Das perfekte Beispiel, dass das möglich ist, ist: Kaffee. Was am Anfang zu herb erscheint, wird mit der Zeit zum Genuss. Das könnte auch erklären, warum Kinder manche Lebensmittel wie Spargel, Oliven oder Bier zunächst ablehnen, während Erwachsene diese gerne verzehren.
Darüber hinaus wird der Gewöhnung an Bitterstoffe ein weiterer spannender Effekt zugeschrieben: Wer weniger Zucker konsumiert und stattdessen häufiger Bitteres isst, empfindet den Geschmack nicht nur als angenehmer, sondern verliert nach und nach auch das Verlangen nach Süßem. Das kann zu einer bewussteren Ernährung führen – und langfristig sogar beim Abnehmen helfen.